Sonntag, 21. September 2014

"Wer vornehm sein will kommt mit Hut, nicht?" - Köln hat einen neuen Erzbischof!

„Schon viele haben es unternommen, einen Bericht über all das abzufassen, was sich unter uns ereignet und erfüllt hat.“ Da ist ein Bericht über die Einführung des neuen Erzbischofs von Köln, Rainer Maria Kardinal Woelki heute ein wenig wie „Eulen nach Athen tragen“. Ich tue es dennoch. Einmal, weil ich das Gefühl habe, viele Berichterstatter hielten sich nur an „Überlieferungen von Augenzeugen“ und waren nicht selbst vor Ort, (wie der Artikel in der Welt über die kirchenpolitische Rede und Agenda von Frau Ministerin Löhrmann zeigt) oder hatten schon die persönlich gefärbte Deutungsbrille auf. „Nun habe auch ich mich entschlossen, allem von Grund auf sorgfältig nachzugehen", um es für mich selbst und den ein oder anderen Interessierten „der Reihe nach aufzuschreiben.“
Ich muss gestehen: Ich bin kein großer Freund des Kölner Doms. Dieses einzigartige Bauwerk fasziniert und irritiert mich seit Jahrzehnten. Atmosphärisch ist der Dom für mich oft eher ein Touristenziel, eine Attraktion wie manches andere Bauwerk auch, obwohl ich drinnen einige Orte habe, die mich geistlich anrühren.
So reihte ich mich schon um halb neun in eine der beiden Schlangen vor seinen Portalen ein, wo eine bunte katholische Mischung sich eingefunden hatte; Dominikaner in weiß und afrikanische Ordensschwestern in blau, Mitglieder der marianischen Männerkongregation und Jugendliche und junge Familien. Ein älterer Herr vor mir grantelte etwas über die Ehrengäste, die im Dom heute die besten Plätze hätten, sonst aber nicht in der Kirche zu finden seien.

Ich fand Platz direkt hinter den Bänken und unmittelbar am Mittelgang des Domes, ein nahezu optimaler Platz. Neben mir fand sich eine ehemalige Lehrerin des Erzbischöflichen Irmgardis – Gymnasiums in Köln ein. Ursprünglich im Kreis Borken gebürtig, lebt sie seit Jahrzehnten in Köln und konnte mir sogar von der Amtseinführung von Kardinal Meisner erzählen. So verging die Zeit wie im Flug. Ich erfuhr von Grab und Brauchtum der Hl. Irmgard von Aspel und wir sprachen über die Sorge, dass die große Begeisterung für den neuen Erzbischof für den alten Erzbischof Kardinal Meisner bedrückend sein könne und über das, was wir an diesem – gemeinsam - schätzten. „Das hätte er nicht verdient!“ - da waren wir uns einig. Aber es sollte ja auch ganz anders kommen.

Der Dom war festlich erleuchtet, die Stimmung war völlig anders als bei meinen bisherigen Dombesuchen. Das Gebäude war hierdurch wie verwandelt, eine frohe, erwartungvolle Schar von Katholiken war hier beisammen.  
Das Heftchen mit dem Ablauf der Feier barg eine weitere Überraschung; eine Mischung unterschiedlichster Musikstücke bis hin zum neuen geistlichen Lied. Das hatte ich im Dom und aus diesem Anlass eigentlich nicht erwartet. Zwei große Chöre, Bläser und Orgel gestalteten diese „Mischung“ zu einem höchst überzeugenden Ganzen. Um mich herum, Betende und Mitfeiernde jede Alters. Diese Mischung würde ich mir sonntags morgens häufiger wünschen.

Eine gute halbe Stunde vor dem Beginn des Gottesdienstes zog eine festliche Prozession aus Messdienern und Messdienerinnen, Priestern und Bischöfen zum Hauptportal des Domes, wo die Priester und Bischöfe (ich denke, vor allem das Domkapitel) im Halbkreis Aufstellung nahmen. 
Während dieser Zeit prüften die Thuriferare die Gottesdienstbesucher auf „Katholizität“. Es waren wirkliche Schwaden von Weihrauch, die eine Zeitlang den Kirchenschweizer völlig unsichtbar machten. Einige „Ungeübte“ in meiner Nähe versuchten die Schwaden noch mit Fächeln loszuwerden.
Einigermaßen erfolglos, aber die Höhe des Domes bewährte sich und sorgte dafür, dass niemandem die Luft ausging. Nun war es soweit, neben den anderen Domglocken erklang auch der dicke Pitter und brachte die Mitfeiernden (mit kleinen Ausnahmen) langsam zur notwendigen Ruhe. Schon setzte sich die Einzugsprozession in Bewegung und ein langer Zug bewegte sich auf den Altar zu. Viele bekannte Gesichter waren dabei, u.a. der römische Kurienkardinal Müller und der Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz Kardinal Marx. Auf den ersten Blick etwas gebrechlich wirkte der
bisherige Erzbischof Kardinal Meisner auf den direkt Kardinal Woelki folgte. Dieser grüßte im Dom rechts und links noch den ein oder anderen Freund oder Verwandten, bevor er den Altar mit Kuss und Weihrauch verehrte. Nach der Eröffung durch den alten (und neuen) Generalvikar Prälat Heße sprach der  Apostolische Nuntius in Deutschland, Erzbischof Nikola Eterovic davon, dass die Gläubigen im Erzbistum Köln nun „voll Vertrauen und mit Freude und großen Erwartungen einen neuen Anfang" und "eine neue pastorale Dynamik" erwarteten. Er fügte im Namen des Papstes auch eine schöne Würdigung von Kardinal Meisner an, der an dieser Stelle mindestens so viel freundlichen und dankbaren Applaus erhielt wie der neue Erzbischof. Ein schöner Moment! Offensichtlich gibt es einen Unterschied zwischen der öffentlichen Präsentation dieses Kirchenmannes und der Verbundenheit, die viele Kölner durchaus mit ihm spüren. Das wiederholte sich während der Feier noch mehrfach. Auch als beim Auszug Kardinal Meisner mit den Kardinälen Marx und Müller durchs Mittelschiff ging, brandete Applaus auf. 

Ein berührender Moment war es, als der Alterzbischof seinem Nachfolger den schlichten Bischofsstab des Hl. Maternus in die Hand gab, der auf das 4. Jahrhundert zurückdatiert werden kann und Teile des Hirtenstabes des Hl. Petrus enthalten soll. Seit 1.000 Jahren ist er in Köln. Behalten durfte der neue Bischof ihn allerdings nicht, vermutlich wegen der historischen Kostbarkeit. 

Als Bischofsstab diente ihm daher der Hirtenstab des vormaligen Kölner Kardinals Frings, der aus dem Besitz des verstorbenen Bischofs Luthe wieder nach Köln zurückgekehrt war. Mit Frings verbindet Woelki noch ein weiterer historischer Akzent, denn seit 800 Jahren ist dieser der erste Kölner Priester (nach Frings), der hier Erzbischof wird. 

„Hier bin ich!“, mit diesen einfachen Worten begann Kardinal Woelki dann seine Predigt. Es klang so wie: „Ihr seid ja alle gekommen um mich zu sehen, jetzt habt ihr mich, ich bin da...“. Das wurde auch mit Munterkeit von der Gemeinde aufgenommen. Dann erinnerte er aber daran, dass er dieses Wort „Hier bin ich!“ schon vor etwas mehr als 29 Jahren bei der Priesterweihe in diesem Dom gesprochen habe und zum zweiten Mal vor 11 ½ Jahren am Tag der Bischofsweihe. Heute spreche er es ein drittes Mal aus und verwies damit auf den in der Lesung vorgetragenen Vers aus den Worten des Propheten Jesaja: „Danach hörte ich die Stimme des Herrn, der sagte: Wen soll ich senden? Wer wird für uns gehen? Ich antwortete: Hier bin ich, sende mich!“

Er dankte dann seinem Vorgänger, von dem genaue Beobachter gesehen haben wollen, dass dieser den Tränen nahe war. Er kommentierte das aber später mit dem Meisner'schen Humor so: „Ich habe immer eine laufende Nase und ich habe mir gedacht, die werden jetzt denken, ich bin gerührt. Aber es hat mich auch ein bisschen gerührt. ... Ich habe immer gedacht, wenn der Vorgänger tot ist, hat´s der Nachfolger leichter, dann braucht er sich nicht dauernd beim Vorgänger bedanken. So bin ich aber froh, dass er der Nachfolger ist und es so schnell gegangen ist. Mehr sage ich heute nicht.“ 

Woelki erinnerte an den Weltjugendtag und sagte, dieser habe allen die Ecclesia gezeigt, die Kirche als Gemeinschaft, die alle Grenzen zwischen Völkern und Staaten überwinde. Das sei Glaube zum Anfassen gewesen. Dann kam er – er predigte übrigens nicht von der Kanzel im Kölner Dom sondern vom Ambo aus – auf den Hirtenstab von Kardinal Frings zu sprechen. Dieser zeigt nämlich auf der einen Seite Christus als guten Hirten, auf der anderen Seite aber – was sicher einzigartig ist – eine Figur aus der griechischen Mythologie, Orpheus mit der Harfe.
Zunächst schilderte der neue Erzbischof den Mythos von der Liebe des Orpheus zu Eurydike, die diesen bis ins Totenreich führt. In der Kraft seiner Liebe schafft er es, seine Geliebte aus der Unterwelt zu befreien, aber letztlich scheitert er daran, das Vertrauen durchzuhalten, dass Eurydike ihm wirklich folgt. Er wendet sich um und verletzt damit die Regel, die für die Rettung Eurydikes gesetzt war. Die frühen Christen verbanden diesen Mythos mit ihrer Glaubensüberzeugung und sahen in Orpheus ein Vorausbild von Christus. Woelki: Bei Orpheus sieht es so aus, als wenn der Tod siegen würde, aber „Nicht der Tod ist stärker als die Liebe. Nein, umgekehrt wird ein Schuh daraus.“ Christus sei unser Orpheus. Er ist der Spielmann Gottes. Wie Orpheus treibe ihn die Liebe, hinabzusteigen und die Verstorbenen aus dem Totenreich in den Himmel zu führen. „Ohne auf sich selbst zu achten geht Christus seinen Weg, dem Auftrag Gottes verpflichtet. Er singt so seine Eurydike, die von ihm geliebte Menschheit zurück in das Land das Lachens, zurück in das Land der Freude, zurück in das Land der Hoffnung, in das Land der Auferstehung und des Lebens.“ "Die Liebe hat gesiegt, sie ist doch stärker als der Tod. Diese sich verschenkende Liebe hat den toten Christus ins Leben geführt. Das österliche Halleluja, liebe Schwestern und Brüder, es ist die ewige Melodie des Lebens."
Die Predigt schloss mit dem Appell mit ihm als Bischof diese frohe Botschaft „die nicht erst am Ende unseres Lebens Bedeutung gewinnt“ gemeinsam im Alltag zu verkünden, denn "Christ sein kann ich nur zusammen mit ihnen, damit ich dann auch für Sie Bischof sein kann."

Die Gabenbereitung wurde – etwas zweckentfremdet – zu einem weiteren kölschen Event. Katholiken aus den einzelnen Dekanaten brachten symbolische Gaben, zwischen frommen Pilgerkerzen und Westerwälder Schnaps, Solinger Messer und Zülpicher Zucker; sogar eine CD von den Toten Hosen aus Düsseldorf war dabei. Aus Bonn gab es einen Verweis auf den Rhein, der Bonn mit Köln und „sogar“ mit Düsseldorf verbinde. (Mit Voerde natürlich auch.) Für das meiste Hallo sorgte der Plüsch - „Hennes“ vom 1. FC Köln und ein Fäßchen Kölsch dazu, was durch das Lied zur Gabenprozession: „Selig seid ihr, wenn ihr Krüge füllt, Hunger und Durst füreinander stillt“ unfreiwillig einen besonderen Akzent bekam. Eindrucksvoll waren die Gaben der fremdsprachigen Gemeinden, die von Katholiken aus dem Irak und aus der Ukraine überbracht wurden. Es waren eine Ikone und das „Vater unser“ auf aramäisch, was dann wieder den Blick von der Person des neuen Erzbischofs weg wieder auf Christus und die Not der Menschen um uns ausrichtete. Ein sehr starkes und stimmiges Zeichen!

Sehr sympathisch überspielte der Erzbischof vor dem Segen das Warten auf die fehlende Mitra, die er sich dann mit einem vernehmbaren „So!“ selbst aufsetzte. „Wer vornehm sein will kommt mit Hut, nicht?“ schmunzelt er und schloss diesem entspannten Auftakt einige Dankesworte an. Er stellt fest, dass in der Feier spürbar wurde, dass wir als Christen doch nicht wenige sind und dass wir für die Gesellschaft, für die Welt von Bedeutung sind. Christen lebten nicht hinter geschlossenen Türen, der Auftrag sei hinauszugehen, in alle Bereiche, an die Ränder und auch in die Mitte. Es gäbe keinen Bereich, wo wir als Christen nicht gefragt seien, das sei unsere ungeheuer große Berufung und Sendung. Dies und der schöne Satz im Schlussgebet „erneuere die Jugend Deiner Kirche“, sagten mehr als die anschließenden kirchenpolitischen Andeutungen aus den Grußworten zum Abschluss der Feier.

„Jetzt wird es politisch.“ sagte jemand in meiner Nähe, als Kardinal Marx ans Mikrofon trat. Aber der fing direkt alle ein mit der Bemerkung: „Jetzt kommt nicht gerade der beliebteste Teil einer Veranstaltung, ich weiß. Deshalb wollen wir es kurz und kräftig halten.“ Erst lobte er das Bistum, das zwar „nicht ganz so alt wie das Bistum Trier“ sei „aber immerhin...“ und ging dann auf Woelkis Vorgänger ein: „Lieber Kardinal Joachim, langweilig war es mit Dir nie! Ich finde, das ist nicht wenig, was man über einen Bischof sagen kann. Du hast uns angeregt, manchmal auch aufgeregt, im guten Sinne. Du warst ein kraftvoller Zeuge des Evangeliums. ... Als einer der Jüngeren darf ich sagen – auch mit 60 ist man in diesem Kreis noch sehr jung: Herzlichen Dank und Vergelt's Gott dafür...“ Und am Ende noch ein Appell in eigener Sache: „Dieses große, mächtige, geschichtsträchtige Erzbistum möge auch weiterhin eine positive, konstruktive, weiterführende Rolle spielen und auch den Vorsitzenden unterstützen.“ Mit einem Glückauf übergab er an die stv. Ministerpräsidentin des Landes NRW, Sylvia Löhrmann. Diese hielt eine beinahe kirchenpolitische Rede, was für Unruhe unter den Mitfeiernden sorgte. Mochte auch manche(r) die Agenda der Politikerin für die Kirche teilen, so spürten alle: das gehört hier nicht hin! Bei dem Versuch, die Tatsache, dass neben der Ministerpräsidentin zwei weitere Mitglieder der Landesregierung anwesend waren, als besonderes Zeichen von Wertschätzung zu verkaufen „Aller guten Dinge sind drei...“ verstolperte sich die Ministerin sprachlich, so dass es klang, als könne der Kardinal sich darauf etwas einbilden (dass so bedeutsame Politiker dabei waren). Im Kirchenschiff gab es daraufhin eine hörbare Resonanz, auf einer offenen Bühne wäre sie wohl ausgebuht worden. Mancher mochte sich fragen: "Haben die in der Landesregierung keine katholischen Berater?"

Der Sprecher des Diözesanrates der Katholiken fing die Stimmung wieder ein, besonders mit dem Hinweis auf die bleibende Verbundenheit der reichen Diözese Köln mit dem armen Berlin und dem Hinweis, das vieles, was mit Kardinal Woelki in Neukölln möglich gewesen sei doch auch im alten, hilligen Köln gelingen möge. Das Berliner Bistum sorgte auch dafür, dass mancher Zuschauer sich die Augen rieb und fragte: "Mädchen als Messdienerinnen im Kölner Dom? Seit wann gibt es das denn?". 

Beim festlichen Auszug wurde noch mal vor Augen geführt, wie sehr die Kirche in Deutschland mit Köln verbunden ist, viele Bischöfe aus Nachbardiözesen hatten mitgefeiert und zogen nun mit aus, u.a. mein Bischof Felix Genn, soeben aus Mexiko zurückgekehrt war oder auch der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann (ursprünglich auch aus dem Erzbistum Köln) oder der emeritierte Bischof Walter Mixa, der sich später (anders als manche amtierende Bischöfe) noch unter die Leute mischte. 

Auf dem Roncalliplatz lieferte – nach meiner Wahrnehmung – der neue Erzbischof sein Meisterstück ab. Wer bis dahin noch distanziert war, dürfte nun für den „Neuen“ eingenommen sein. Im humorvollen Gespräch mit der WDR-Moderatorin Gisela Steinhauer reihte er eine humorvolle Bemerkung an die nächste. Das war perfekt!

Zum Einstieg wurde er gefragt, was er aus Berlin mitbringe. Die Antwort, ganz einfach: „Zunächst einmal mich selbst.“
Auf die Tatsache angesprochen, dass er ja seit 800 Jahren erst der zweite Kölner Priester (nach Kardinal Frings) sei, der Kölner Erzbischof würde sagte Woelki, das stimme nicht ganz, er sei der erste, Frings sei ja aus Nüß (Neuss) gekommen und er aus "Kölle", wenn auch von der „Schäl Sick“. Aber er habe ja lange linksrheinisch gelebt und sei daher schon "eingemeindet".
Auch mit einigen Anmerkungen zum Fußball erwarb er sich weitere Sympathien. Gefragt, ob er morgen das Spiel vom FC gegen Mönchengladbach sehen würde antwortete er: „Meine Mitarbeiter haben mich in die andere wichtige Stadt unseres Erzbistums hinein verplant und ich freu mich, dass ich morgen in Düsseldorf der Landeshauptstadt sein darf, (Pause) die spielen ja jetzt in der zweiten Liga.“ Aber er hoffe und bete für deren Aufstieg. Gladbach könne übrigens gerne alle Spiele gewinnen, außer drei Spiele, das Heimspiel in Köln, das Auswärtsspiel in Glattbach und auch im DFB – Pokal, wenn es sein solle...“
Auch die Antwort auf die Frage, was er mit den vielen Geschenken für seinen "Selbstversorgerhaushalt“ anfangen würde, bereitete dem Kardinal kein Kopfzerbrechen. Vieles verschenke er, z.B. an die Tafel; über den Schnaps freue sich das Domkapitel, mit Werkzeug könne er gut umgehen, das habe er von seinem Vater gelernt und die Aspirin – „sind für das Domkapitel nach dem Schnaps.“
Die Texte der Punkband „Die Toten Hosen“ gefielen ihm, da sie sehr tief seien und ab und an hätten sie ihm nachts geholfen im Auto wach zu bleiben.

Ich kann mich der Einschätzung des bekannten Kölner Autors, Psychiaters und Theologen Manfred Lütz nur anschließen: „Ich fand das ganz beeindruckend und ich fand auch die Unbefangenheit und die Authentizität des Erzbischofs ganz toll. Wir haben einen Erzbischof aus unserem Bistum, der das Bistum kennt, der aber auch die Mentalität der Menschen sehr gut kennt. Kardinal Meisner hatte auf seine Weise auch sehr viel Humor gehabt, schlesischen Humor, aber das ist jetzt etwas mehr rheinischer Humor. Ich glaube, wir Rheinländer sind sehr zufrieden. (...) Der Kardinal ist bedauerlicherweise psychatrisch völlig unergiebig. Er ist also ganz normal, man kann therapeutisch nichts machen. Er ist so, wie er ist und er macht das ganz toll. (...) Es ist eine neue Ära, die beginnt. Es ist schön, dass es in dieser Weise geschieht und ich das miterleben darf.“

Am Rande konnte ich einige Worte mit Kardinal Müller wechseln, der von einem älteren Herrn kurz zuvor in die Mangel genommen und als „Kirchenschädling“ tituliert worden war. Da war sie wieder, die ganz normale katholische Welt jenseits des festlichen Tages von Köln, mit der auch der Kardinal aus Rom konfrontiert ist, obwohl gleichzeitig eine ganze Reihe "Groupies" mit seiner Eminenz auf ein Bild wollten. Im persönlichen Umgang ist der Kardinal sehr unkompliziert, angenehm und freundlich. Und er nahm sich die Zeit, einfach unter die Leute zu gehen - anders als manche seiner Mitbrüder, die schnell wieder in ihre Diözesen aufbrechen mussten.

Weitere Bilder finden sich in meinem facebook – Fotoalbum. Beim Gottesdienst selbst habe ich nur wenig fotografiert, weil das für mich nicht gut zusammen geht. Mitfeiern kann man halt schlecht, wenn man nur durchs Objektiv schaut. Aber aus der direkten Perspektive haben die klassischen Medien und Superfotografen auch mehr zu bieten als ich. Gerne verweise ich hier auf die tolle Arbeit von www.domradio.de

Freitag, 19. September 2014

Das Sakrament des Goldfischs!

Nun ist es passiert! Der Limburger Konflikt hat den Niederrhein erreicht! Natürlich werden Sie mich fragen, ob ich den Schuss nicht gehört habe, weil doch auch in unserem Pfarrbüro vermehrt die Nachrichten von Kirchenaustritten angekommen sein müssen. Natürlich ist es so, dass die ganze Kirche in Deutschland die Folgen des überteuren Limburger Bauprojektes auszubaden hat. Finanziell ist das für die Kirche vermutlich ein Desaster und die Kirchensteuerausfälle durch gut 70.000 zusätzliche Austritte dürften sich dauerhaft weit höher aufrechnen als die im Limburger Bauprojekt verballerten Millionen.

Das Sakrament des Koi-Karpfens

Aber darum ging es mir gar nicht. Gestern sah sich nämlich das Bistum Limburg genötigt mitzuteilen, dass die Tebartz'schen Goldfische (es sollen ja nun doch keine wertigen Koi-Karpfen gewesen sein sondern höchst preisgünstige Schmucktiere, quasi von der Stange) dem bistumseigenen Fischteich unter Anleitung einer sach- und tierschutzkundigen Person entnommen worden seien. Von dort haben sie schnurstracks und unverzüglich die Reise nach – nein nicht nach Regensburg sondern eher eine Pilgerreise nach – Kevelaer-Twisteden angetreten. Hier (quasi in meiner Nachbarschaft) werden sie nun in Zukunft, fern der Weltpresse, gut versorgt ihre Runden drehen und eines Tages, weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit und artgerecht gehalten ihren Lebenskreis beschließen. Beim nächsten Ausflug mit meinen Kindern ins „Irrland“ auf dem Gelände des „elterlichen Hofes“ des Bischofs im Wartestand werde ich einmal Ausschau nach ihnen halten und wenn es gelingt, mit einem Fotodokument belegen, dass der Bischof bescheidener war als öffentlich immer behauptet wurde. 

Für die Bild – Zeitung waren diese Fische offensichtlich das Symbol für den Streit um Bischof Franz-Peter. Sie vermeldete nun aufgeregt, der Bischof habe seine wertvollen Koi-Karpfen in der freistehenden Badewanne unversorgt im Bischofshaus zurückgelassen und garnierte das sogar noch mit einem Foto, auf dem allerdings nur banale Goldfische zu sehen waren. Offensichtlich war den Bild-Redakteuren, die das Foto im eigenen Badezimmer gestellt hatten, die Präsentation dieser „Zeitungsente“ nicht einmal den Preis eines echten Koi-Karpfens wert. In gewisser Weise stilisierte die Bild damit den Fisch zum „Sakrament“ des erschreckend hochgeputschten Kirchenskandals. Die diesmal sicher stimmige Wikipedia – Definition passt hier gut: „Als Sakrament bezeichnet man in der christlichen Theologie einen Ritus, der als sichtbares Zeichen beziehungsweise als sichtbare Handlung eine unsichtbare Wirklichkeit Gottes vergegenwärtigt und an ihr teilhaben lässt.“ Der „Koi-Karpfen“ löst also als sichtbares Zeichen einer unsichtbaren Wirklichkeit die bisher so häufig erwähnte freistehende Badewanne ab. Aber, so wie die Bild einen Goldfisch zum Koi hochschreibt; so scheint es mir, dass sich auch die Wahrnehmung des Limburger Konfliktes zunehmend zum Popanz entwickelt. Wobei es mir fern liegt, den Bischof gegen gerechtfertigte Kritik zu verteidigen. Wenn die Baukosten eines Goldfischbeckens ausreichen würden um andernorts ein solides Einfamilienhaus zu errichten, dann sollte auch bei einem durchgeistigten Kirchenmann die Alarmlampe angehen und der bischöfliche Rotstift das Teilprojekt beerdigen. 

Ein Kardinal als Anti – Tebartz und Anti - Meisner

Aber Limburg streckt seine Fühler auch nach Köln aus. Als „Anti – Tebartz“ inszeniert die Presse den ernannten Kölner Kardinal Woelki. Dabei hatte der in Berlin gerade damit begonnen, nicht unerhebliche Umbaumaßnahmen an seiner Bischofskirche vorzunehmen. Wer weiß, was daraus geworden wäre. Dabei gelingt diesem, womit Bischof Franz-Peter von Anfang an Schwierigkeiten hatte. Er ist, wie er ist und er versucht nicht, ein Anderer zu sein. Und in der Kirchenöffentlichkeit macht er damit sofort Schlagzeilen. Auf der Titelseite der Sonderausgabe der Kölner Kirchenzeitung wird er mit einem Bücherkarton im Umzugswagen abgelichtet! Das Foto vom Grillen mit den Handwerkern rauschte in immer neuen Schleifen durch die sozialen Netzwerke und die banale Aussagen in einem WDR – Interview lassen manche von einer Zeitenwende jubeln: „Wir werden auch in Köln mit allen Menschen guten Willens sprechen – Schwule, Lesben, Homosexuelle gehören natürlich genauso zur Kirche wie alle anderen auch und wir reduzieren niemanden auf seine Sexualität". „Das sind Christen – jedenfalls viele von ihnen, die ebenfalls ihren Glauben leben und praktizieren. Die gehören natürlich selbstverständlich zu uns“. Wenn ich das recht weiß, widerspricht diese Aussage mitnichten dem Katechismus der katholischen Kirche. Inhaltlich hat Kardinal Meisner nicht anders gesprochen. Dass Kardinal Woelki zudem dem Fußball und dem Kölner Traditionsverein 1. FC nicht abgeneigt ist ... macht ihn vielen Presseleuten und Katholiken sehr sympathisch. Dafür war Meisner mehr ein – durchaus überzeugender - Freund des Kölner Karnevals, was ihm rätselhafterweise nicht als besondere Volksnähe ausgelegt wurde. Dennoch muss sich Kardinal Woelki kritische Fragen gefallen lassen, aber diesmal nicht nach seiner Theologie oder seiner Promotion im Dunstkreis des Opus Dei, sondern ausgerechnet nach seiner Badewanne. Glücklicherweise hat er frühzeitig erkannt, dass das Leben in einer überdimensionierten Wohnung nicht unbedingt gesteigerte Lebensqualität bedeutet. Oh Jubel in den Medien, die das berichten dürfen – ohne zu bedenken, dass die Privaträume des Limburger Bischofs kleiner waren als die des neuen Kölschen Oberhirten. Aber egal, auf die Schlagzeilen kommt es an und darauf, mit seiner Berichterstattung im Konzert der öffentlichen Aufmerksamkeit ganz oben zu sein. Fakten scheinen manchmal eher anstrengend und lästig zu sein, meinte jedenfalls die BILD mit ihrem Fische-Fake. 

„Ist ja gut, wir haben verstanden!“ Hoffentlich!

Die für mich interessanteste Erkenntnis brachte die NRZ in ihrem Woelki – Artikel. Dieser hatte zur Pressekonferenz in seine Heimatgemeinde geladen. Eigentlich eine originelle Idee, lenkte er doch die Aufmerksamkeit auf eine ganz normale katholische Gemeinde mit ihrem ganz normalen Leben, was ja immer noch wesentlicher für die Kirche ist als vieles, was sich in bischöflichen Ordinariaten und rund um die Kölner Domtürme abspielt. Das alltägliche Engagement der Kirche sollte den Medien auch mal wieder mehr Berichterstattung und mehr Nachrichten wert sein. Das würde dann das aktuell schlechte Image der Kirche vom Kopf schnell wieder auf die Beine stellen. Auch ein Kölner Pfarrer Meurer ist Kirche und stand treu zu Kardinal Meisner, auch wenn die Medien da krampfhaft nach Gegensätzen suchen. Und von dieser Sorte gibt es in der Kirche noch etliche. 
Aber zurück zur NRZ, die nach dem Auftritt im turnhallenähnlichen Pfarrsaal im schlichten Bretterdesign einer Kleingartenlaube konstatiert: „Mehr Bescheidenheit und demonstrative Volksnähe geht kaum. Fast möchte man dem Kardinal zurufen: Ist ja gut, wir haben es ja verstanden!“ Dabei glaube ich nicht einmal, dass der Kölner Kardinal hier einer ausgefuchsten Strategie folgt... Jedenfalls nicht einer vordergründigen, eher traue ich ihm zu, dass er den Berichterstattern signalisieren möchte: „Merkt ihr nicht selbst wie banal und langweilig diese Badewannenguckerei eigentlich ist? Kommt doch mal zurück zum Wesentlichen!“
Natürlich mag es das Publikum, wenn es beim Bischof auch etwas „menschelt“. Aber letztlich spürt auch jeder, dass die Homestory rund um einen Bischof Grenzen hat. Auch als Katholik möchte ich meinen Bischof als Mensch erleben und erfahren. So wie mich als Seelsorger der jeweilige Mensch mit seinem Leben brennend interessiert und nicht nur eine Amtshandlung oder ein konkretes Anliegen, mit dem er oder sie an mich herantritt. Aber es muss auch Raum für Privatheit bleiben und ein Bischof darf auch bequem leben und so, dass er für seinen aufreibenden Dienst einen Rückzugsraum findet, der es ihm ermöglicht geistig, geistlich und körperlich wieder aufzutanken.  Ich wünsche mir das ja auch für meine Familie und mich. Wenn dazu seine freistehende Badewanne gehört – so what?
Bedauerlicherweise ist in der Öffentlichkeit eine Stimmung entstanden, die durch einen Skandal aufs Ganze schaut. Komplexe Sachverhalte werden derart auf einzelne Sätze focussiert, dass viele die Wirklichkeit nur noch verzerrt wahrnehmen. Das gilt sicher auch für das nächste Aufregerthema: 

Die unbarmherzige Mutter, der verliebte Priester und die Lebensabschnittsgefährtinnen

Es wäre mir auch lieber, wenn die Kirche sich deutlicher, spürbarer für die Stärkung der gelebten Ehe engagieren würde, statt sich vor allem als Gegner staatlicher Absicherung verschiedenster Lebensabschnittsverpartnerungen zu profilieren. Es kann doch für die Pastoral (und die Verkündigung) auch nicht folgenlos sein, dass sich letztlich die meisten Paare in Deutschland (mit katholischer Beteiligung) für ein Zusammenleben ohne Ehesakrament entscheiden. Besser zu erklären und zu vermitteln, was die Kirche nun mit ihrer Ehelehre will wird angesichts der Komplexität der Problemlage wohl nicht mehr ausreichen. Das dürfte auch der eigentliche Grund für die anstehende Bischofssynode im Vatikan sein. Die kunstvolle Spannung der kirchlichen Ehelehre einfach glatt zu schleifen, das kann es aber auch nicht sein. Fast jedes Paar sehnt sich nach belastbaren, treuen, lebenslangen Beziehungen. Nichts Anderes will die Kirche mit ihrer Wertschätzung der Ehe ermöglichen. Das muss bleiben! Aber auch für die, die an ihrem Lebensprojekt scheitern, muss die liebevolle Zuwendung der Kirche erfahrbarer werden. 
Und neben den unterschiedlichen Formen von Partnerschaft gibt es auch die vielen Leute, die allein leben, ob sie dies nun aus freier Entscheidung tun, mangels geeigneten Lebenspartners oder weil jemand aus gewichtigen Gründen Ehelosigkeit versprochen hat. Das sollte den normalen Bürger eigentlich weniger erregen, als es die erhitzte Debatte um den Zölibat erahnen lässt. 
Schade, dass in all diesen Debatten selbst von Kirchenleuten wenig entspannter Dialog vorgelebt wird. Dabei wissen sie alle; es gibt im Leben und auch in der Pastoral nicht nur gut oder schlecht. Manches, was dogmatisch und kirchenrechtlich klar und eindeutig ist, muss pastoral auch mal anders gesehen werden dürfen. Neben gut oder schlecht dürfen wir ein „das ist besser als“ nicht aus dem Auge verlieren. Und angesichts von Schleppern, die ein Flüchtlingsboot rammen und Hunderte von Menschen dem Tod in den Wellen schicken, angesichts von islamistischen (aber auch christlichen) Terroristen, die reihenweise Menschen und Seelen morden, angesichts von Kinderschänderringen, die über Leichen gehen; angesichts des furchtbaren Elends in der Welt darf es keinesfalls wirken, als halte die Kirche eine neue Verheiratung bei bestehender sakramentaler Ehe für die größte aller Sünden. 

Die Jagd auf die Kirchen – Mäuse!

Die reiche Kirche gehört zu den beliebtesten Mythen an deutschen (Journalisten-)Stammtischen. Der „Reichtum“ der Kirche baut sich aber derzeit (wieder einmal) zu einem Gespenst auf. Eine „Dokumentation“ in der ARD bestätigt viele Leute in ihren Vorurteilen, zumal der Autor Stefan Tiyavorabun auch keine konkreten Informationen auf den Tisch legen konnte. So häufte man Milliarde auf Milliarde und rechnete sich den Geldhaufen immer größer. Doch selbst wenn es so wäre, wie dort vermutet wurde (200 Mrd.), wenn der verborgene Reichtum der katholischen Kirche an Grundstücken, Beteiligungen und Barmitteln so groß wäre wie man meint, kämen auf den einzelnen Katholiken hier gerade einmal knapp 8.700 Euro pro Nase. Ich muss ehrlich sagen, mich beruhigt das sehr, denn gleichzeitig lese ich doch, dass ich allein als Bürger des Bundeslandes NRW einen Schuldenhaufen von 12.700 Euro zu stemmen habe, ohne dass damit schon meine Pro – Kopf – Schuld bei Stadt und Bund beglichen wäre. Mit knapp 278 Mrd. Euro liegt übrigens der Börsenwert des virtuellen Konzerns Google erheblich darüber.
Die Fernsehkonsumenten kommen jedoch weitgehend zu anderen Schlüssen. Eine spontan herausgegriffene Stellungnahme aus dem Netz-Forum zur Sendung bringt das auf den Punkt: „Schlimm was sich diese Kirche für einen unglaublichen Reichtum auf Kosten dummer Katholiken, die vielleicht mehr nachdenken sollten, aufgebaut hat. Unzählige Menschen leiden an Hunger und Krankheit und was macht die "heilige" Kirche dagegen?“
Klar, es wäre einfach, die Leistungen der kirchlichen Hilfswerke ins Feld zu führen und die zahlreichen dankbaren Stellungnahmen von Bischöfen aus armen Ländern zu zitieren. Aber darum geht es den Verkündern des kirchlichen Reichtums nicht. Es ist Fakt: Die Kirche in Deutschland ist nicht arm. Aber sie ist auch nicht reich in dem Sinne, dass sie sinnlos Geld verbrät und mit ihrem Geld irgendwelchen Luxus von Bischöfen und Priestern finanziert. Ausnahmen wie in Limburg bestätigen nach meiner Wahrnehmung die Regel. Es kommt also sehr darauf an, was „Kirche“ mit ihrem Geld macht und ob sie die geistliche Kraft aufbringt, sich immer wieder zu hinterfragen. Diese Fragen sind richtig und wichtig und sie sollten ruhig so weit gehen wie eine, die der – aus der Kirche ausgetretene – Kabarettist Konrad Beikircher im Interview mit Christ und Welt just heute formuliert: „C & W: Die Kirche soll sich vom (Kölner) Dom trennen? Beikircher: Warum denn nicht? C & W: Weil der Dom ans ganz große versöhnliche Gefühl appelliert, von dem Sie eben geschwärmt haben. Beikircher: Ja, aber der Rhein ist auch schön und fließt bloß durch. Man sollte sich von allem trennen, was von der Seelsorge ablenkt. Hilft eine Kathedrale einem alten Mütterchen, das Schutz braucht? Hilft das bei einem Gespräch über die letzten Dinge? Seelsorge heißt loslassen können, sich mit dem Wesentlichen befassen.“
Mann muss diese Einschätzung nicht unbedingt teilen. Aber der Gedanke muss erlaubt sein und die Antwort darauf gut begründet. Daher ist Transparenz wichtig. Wir haben nichts zu verbergen und sollten stolz darauf sein, dass wir mit dem Geld der Gläubigen immerhin verantwortungsvoller umgehen, als das viele andere Institutionen mit anvertrautem Geld tun. Was nicht bedeutet, dass wir nicht noch besser werden könnten. Leider braucht Transparenz Zeit, denn wenn Zahlen auf den Tisch gelegt werden dann sollten sie auch „sauber“ und nachvollziehbar sein. Leider ist die „Kirchenfinanzen-Sau“ dann aber längst wieder aus dem Dorf hinaus. Wenn es soweit ist, wird der Transparenz-Offensive die notwendige Aufmerksamkeit fehlen.
Für mich persönlich ist die Frage bedeutsamer, ob die 500 Euro für die Messdienerarbeit im Haushalt der Kirchengemeinde zur Verfügung stehen. Wenn die nicht da sind hilft es mir nicht zu wissen, dass das Gelände unseres Kindergartens knapp 1,5 Millionen wert wäre. An dieses Geld komme ich nicht dran, jedenfalls nicht, ohne das Engagement der Kirche im Bereich der Kindererziehung aufzugeben. Und wenn wir das täten, dann stiege uns – zu Recht - neben den Eltern auch noch der Bürgermeister und der halbe Stadtrat aufs Dach! Welcher Kommune geht es nicht ähnlich? Was hilft es zu wissen, wie „wertvoll“ die kommunalen Gebäude und Grundstücke sind, wenn es den Städten nicht einmal gelingt, die Klos auf den Schulen, die darauf stehen ordentlich sauber und in Schuss zu halten. 

Der Staat finanziert die Bischöfe – quatsch – die Kirche finanziert die Finanzämter!

Ein besonders heißes Eisen sind in dieser Diskussion auch die Dotationen des Staates für die Kirche. Rein rechtlich haben diese Zahlungen ihre Quelle in Zeiten, als die Kirche noch wirklich reich war und von ihren direkten Einnahmen leben konnte. Der Staat dachte damals, dass es billiger sei, den Betrieb der Kirche selbst zu finanzieren und eignete sich im Gegenzug bedeutende Werte aus Kirchenbesitz an. (Papst Benedikt XVI. hat diese staatliche Aktion im Nachhinein bei seiner letzten Deutschlandreise als heilsam für die Kirche gelobt.) Im Gegenzug versprach der Staat damals, gewisse Kosten des „Kirchenbetriebes“ zu tragen und legte den gläubigen Christen zudem eine „Kirchensteuer“ auf, mit der die restlichen Kirchenkosten zu stemmen waren. Das weiß aber heute kaum noch einer und so ist es leicht zu behaupten, der Staat zahle die Gehälter der Bischöfe (und Pfarrer). Das stimmt nur bedingt, der Staat zahlt einen Teil der kirchlichen Personalkosten, das Geld fließt aber in den ordentlichen Haushalt. Aber anders als in Griechenland, wo der Staat die Gehälter von Pfarrern und Religionslehrern komplett übernimmt, reicht das Geld des Staates hierzulande nur für eine Handvoll Bischöfe und Priester. Das ist von Bundesland zu Bundesland verschieden, aber direkte Gehaltszahlungen gibt es heute nicht mehr. Dass „der Staat“ „der Kirche“ die Bischöfe bezahlt, das ist so nicht wahr. Aber andersrum wird ein Schuh daraus. 
Die Kirche bzw. die Gläubigen finanzieren dem Staat nämlich einen guten Teil der Finanzverwaltung. Warum? Nun, der Staat zieht für die Kirche die Kirchensteuer ein. Er tut das aber nicht umsonst, sondern behält sich 2 bis 4 Prozent davon ein. Bei einem Kirchensteueraufkommen von knapp 10 Mrd. Euro für beide Kirchen wären das – vorsichtig geschätzt – ca. 300  Millionen Euro (genaue Zahlen gibt es wohl nicht), die in die Finanzverwaltung fließen. Ich weiß nicht, ob es wünschenswert wäre, wenn die Kirche auf diesen Service der staatlichen Stellen verzichten und einen eigenen Kirchenbeitragseinzug aufbauen würde. Und niemand weiß, ob die 300 Mio. dafür ausreichen würden.  Aber ich denke, dass der Aufwand des Kirchensteuereinzugs für die Finanzämter nicht unbedingt die 300 Mio. verschlingt, so dass der Staat gar nicht darauf erpicht wäre, auf diese Cofinanzierung der Finanzbeamten zu verzichten. (Interessanterweise haben gerade die erklärten Kirchengegner ausgerechnet, dass diese Cofinanzierung sich sogar auf ca. 250 Mio. Euro belaufen könnte.) Angesichts dieser Tatsachen finde ich, fallen die direkten Dotationen der Bundesländer an die Bistümer gar nicht mehr so ins Gewicht? Jedenfalls sollten alle, die ein Ende staatlicher Subventionen für die Kirche fordern auch die Folgen bedenken. Es ist ja mitnichten so, dass die Kirche dieses Geld einfach in den Geldspeicher packt oder in Luxusimmobilien „verbrät“, auch wenn das Limburger Beispiel öffentlich eine andere Sprache spricht. Aber wer genau hinschaut, der wird sehen, dass dieses Geld am Ende in den gemeindlichen und sozialen Strukturen der Kirche fehlt. 

Biete: Einzigartiges, historisches Bauwerk in zentraler Innenstadtlage

Natürlich kann man dann überlegen, den Kölner Dom als wertvollen (aber nicht unbedingt unverzichtbaren) Besitz der Kirche zu verkaufen. Nur an wen? Der Staat wird sich bedanken, weil der wirtschaftliche Betrieb dieses Gebäudes nicht möglich ist. Die Kosten übersteigen die Erträge bei weitem. Aber vielleicht hat Google Interesse? Kapital dürfte da sein, aber ich fürchte ein Dom passt nicht ganz zum Image des Unternehmens. Die Zeiten, als große deutsche Banken Schlösser und Burgen erwerben und unterhalten konnten sind auch vorbei. Mir Kirchen wird Herr Jain nun sicher nicht wieder beginnen. Bleibt nur noch der Emir von Katar? Geld wäre da und da der Moscheebau in Köln bis heute auch noch keine nutzbare Großmoschee hervorgebracht hat, wäre der Dom die Chance, um an ein repräsentatives Gebäude zu kommen. Auch die notwendigen Umbauten dürfte der Emir stemmen können. 
Wie? Das wollen Sie auch wieder nicht? Deutschland ist doch wohl ein christliches Land? Und man soll dem virtuellen Kraken Google auf keinen Fall Tür und Tor öffnen und bei Street View möglichst das eigene Haus verpixeln lassen? 
Tja, vielleicht würde es doch Sinn machen die Kirche mal wieder auch öffentlich zu stärken und zu unterstützen. Jedenfalls solange es nichts Besseres gibt!