Hier folgt der abschließende Teil meiner Gedanken zu Liane Bednarz Buch "Die Angstprediger". Daher nun auch mit einigen kritischeren Bemerkungen.
Dass ich hier dieses offizielle Autorenportrait verwende, liegt in der Beobachtung begründet, dass einige Fundamentalkritiker glauben, ihre "Argumente" durch besonders unvorteilhafte Fotos der Autorin stützen zu müssen. Eigentlich sollte ein Autor, der seine Weltsicht durch eine immergültige Philosophie geschärft glaubt, instinktiv spüren, dass er solche Stilmittel nicht nötig haben sollte. Und die Anderen könnten schlicht aus Anstand ein besonders schönes Foto verwenden, auch wenn sie die Autorin inhaltlich scharf unter Feuer nehmen. (Wollte ich nur mal so loswerden...)
Zur Kontroverse um
die Person Liane Bednarz
Es bleibt mir im Grunde rätselhaft, warum Liane
Bednarz ein derartiges Feindbild darstellt, warum man sich unter
(gewissen) konservativen Katholiken gern über sie lustig macht (um
es mal freundlich zu formulieren). Im Grunde möchte ich es auch gar
nicht im Detail wissen, aber sicher spielt eine Rolle, was Harald
Stollmeier in seiner Buchbesprechung bei „the cathwalk“
andeutete, dass ihre Abwendung von einem gewissen konservativ-katholischen Milieu mit politischen Ambitionen als Verrat begriffen wurde. Und in dem ihre nachfolgenden Veröffentlichungen als „Namedropping“ und „Geisterjagd“ abgetan wurden,
ohne auf die Substanz ihrer Kritik überhaupt einzugehen. Sehr
schnell stand als Urteil fest: Bednarz Kriterien seien willkürlich
und subjektiv. Man könne im Buch weder Sachlichkeit noch Niveau
erkennen. Ergebnis: Buch irrelevant und die kritischen Fragen darin
uninteressant.
Liane Bednarz steht/sitzt zwischen den
Stühlen, zwischen den Lagern mit ihrer Kritik. Und klare Abgrenzung
ist ja das Rezept, mit dem man hier politisch „Nektar“ saugt.
Gegen einen klar definierten Gegner läßt es sich leicht kämpfen.
Man vereinfacht die komplexe Welt und am Ende ist Bednarz ein „linke
Publizistin“ oder war ein „linkes U-Boot“. Und eine komplexe
Welt wird auf einmal erklärbar. Hier die Guten, dort die Bösen,
hier die Rechten, dort die Linken, hier die Deutschen, dort die
Fremden. Besonders putzig wirds, wenn sich die extreme Linke wegen anderer Themen über Liane Bednarz zu Wort meldet.
In der Diskussion um Bednarz vorheriges Buch „gefährliche Bürger“, das sie zusammen mit dem liberalen
Politiker Christoph Giesa schrieb, wurde der Autorin vorgehalten, sie
könne gar nicht schreiben, ihre Behauptungen seien nicht ausreichend
belegt und ihr Beitrag zum gemeinsamen Buch sei im Grunde nur
marginal gewesen.
Von diesem Vorwurf bleibt – nachdem
ich nun das neue Buch gelesen hatte – nicht viel übrig. Es liest sich
flüssig, ist spannend geschrieben und stringent aufgebaut.
Man hat Liane Bednarz „Panikmache“
und „Geisterjagd“ vorgeworden oder die Skandalisierung von
Randbemerkungen, mit denen sie Personen, Medien und Organisationen
pauschal als problematisch und „rechtsradikal“ abstempele. Auch
das kann ich nicht bestätigen. Verständlicherweise wird es
niemanden erfreuen, in dem Buch erwähnt zu sein. Aber eigentlich
kann sich auch niemand über eine ungerechte Behandlung oder absurde Zuspitzung beschweren. (Wer sich allzu spitzfindig, mehrdeutig oder ironisch ausdrückt darf sich nicht wundern, nur in der allgemeinen Tendenz "verstanden" zu werden.) Liane Bednarz ist nicht ungerecht, sondern
durchaus differenziert (ob sich das dem unbedarften oder gar linken
Leser immer erschließt, vermag ich nicht zu beurteilen). Ich
erinnere mich persönlich auch bei manchen der benannten Akteure an
weit schärfere Positionen in spontanen Facebook-Wortmeldungen der
letzten Jahre. Oder an obskure Beiträge, bei denen ich manchmal per
Kommentar anregte, auf deren Weiterverbreitung doch besser zu
verzichten, um das eigene Renommé nicht zu beschädigen.
Bednarz Buch ist keinesfalls eine
stumpfe Liste „neurechter“ Christen und problematischer Autoren,
sondern liefert zahlreiche Belege für die These, dass konservative
Christen teilweise auch politisch nach rechts driften.
Bednarz hält einen Spiegel vor. Er ist
durchaus kein Zerrspiegel und wir sollten offen hineinschauen und uns
prüfen. Die abschließende Bewertung nimmt sie uns nicht ab, aber
sie bietet Maßstäbe an. Die müssen wir nicht übernehmen, aber
verstehen und bedenken sollten wir sie schon, denn Christen sind
immer zur Umkehr aufgerufen und dürfen sich an Jesu Wort neu
orientieren. Nein, das Wort Christi ist niemals rechts. Aber es ist
legitim zu prüfen, ob es letztlich um seine Nachfolge geht oder ob
jemand Jesu Wort (und Zeichen) für eigene Interessen einspannt.
Mancher Widerstand gegen die Anfragen
von Liane Bednarz wird damit begründet, sie wende sich insgesamt
gegen das konservative katholische / evangelikale Milieu, sie stemple deren Überzeugungen
schlicht und unberechtigt als „rechts“ ab, ja sie verdächtige
insgesamt die Kirche rechter Umtriebe. Das wäre übertrieben und das
gibt eine unvoreingenommene Lektüre des Buches absolut nicht her.
Wenn, dann beklagt die Autorin, dass die Kirchen als Institution
nicht aufmerksamer das Treiben ihrer sog. „Angstprediger“ verfolgen
und dagegen vorgehen. Aber hierzu werde ich später noch einige
Gedanken notieren.
Im rechts-konservativen Mileu gibt es
durchaus auch Zustimmung zum Buch, wie auch Desinteresse, weil einen
die Thematik persönlich gar nicht betrifft. Die ablehnenden
Reaktionen (die teils schon vor Erscheinen des Buches formuliert
wurden) kann man grob in vier Variationen einordnen:
- Das Buch wird in Bausch und Bogen abgelehnt und es wird mit schillernden Argumenten widersprochen (bis hin in die Amazon-Rezensionen), obwohl es offenbar weder gelesen noch das Anliegen verstanden wurde. Einige verleihen ihren Aussagen sogar Relevanz indem sie betonen, sie hätten es in der Buchhandlung in der Hand gehalten und ihnen sei beim Blättern aufgefallen...
- Es wird konstatiert, dass mit der Autorin etwas nicht stimme, daher seien auch ihre Argumente eigentlich für die Tonne. Eine Alternative zu dieser Linie ist die, dass es der Autorin nur ums Geld ginge, das man mit diesem Thema aktuell gerade „machen könne“. Mit diesem Argument bliebe aber auf dem Büchermarkt nicht mehr viel übrig, vor allem nicht mehr viel, was man dann noch lesen möchte.
- Andere Rezensenten bzw. Reaktionen sind, dass die Autorin eine ganz normale, berechtigte Haltung kritisiere. Der wahre Christ sei eben rechts und konservativ und rechte Positionen würden unberechtigterweise von links kritisiert bzw. skandalisiert. Überhaupt würde die Autorin die differenzierte Argumentation der rechts-konservativen Christen unzulässigerweise mit verdrehten und verkürzten Zitaten belegen und sich nicht die Mühe machen, die evtl. feineren Schattierungen der geäußerten Überzeugungen auch zu verstehen. Die Autorin unterscheide auch nicht genug zwischen legitimen rechten und rechtsextremistischen Positionen und gäbe der „Linken“ Argumente in die Hand die konservative Weltsicht noch weiter zu diskreditieren. Auch insgesamt sei die Kirche zu weit nach links gerückt und brauche die wahren, konservativen und überzeugten rechten Christen. Und die seien keineswegs Angstprediger, sondern bemühten sich um einen Lebensweg, mit dem sie vor dem Richterstuhl Christi bestehen könnten.
- Die vierte Gruppe von Reaktionen beklagt, dass Liane Bednarz wohl viel von Dialog spreche, aber dass ihr Buch kein wirkliches Dialogangebot sei, sondern eher als Angriff auf die eigenen Positionen empfunden wird. Die Autorin fordere nur, trage Unruhe in die Kirchen und spiele Christen gegeneinander aus. Einen echten Dialog wolle sie nicht bzw. der sei mit ihr auch nicht möglich.
Was Bednarz in ihrem Buch berichtet,
hat mich überhaupt nicht erstaunt. Ich habe – leider – nur wenig
Neues erfahren. Das was sie berichtet, ist offenkundig und vielfach
belegt und genau das, was mir aus dem Netz täglich entgegen schallt.
Von „Geisterjägerin“ kann keine Rede sein. Allenfalls bleibt die
Frage, wie man die offenkundige Übernahme rechter Positionen, die
Zusammenarbeit und die Solidarität mit Personen, Parteien und
Bewegungen und die publizistische Unterstützung für deren Thesen in
den christlich-kirchlichen Raum hinein zu bewerten hat. Während
katholischer Saure-Gurken-Zeiten (wo gerade nichst über Papst
Franziskus, dem Vatikan und der DBK zu berichten ist) werden von
konservativen Akteuren und Vereinigungen in den letzen Jahren
auffällig zunehmend „Nachrichten“, teils aus zweifelhaften
Quellen zu sehr politischen Themen geteilt und verbreitet.
Gleichzeitig nimmt man offenbar den Widerspruch nicht wahr,
gleichzeitig von – als liberal gestempelten – Bischöfen und
Kirchenleuten vehement politische Zurückhaltung einzufordern.
Dabei fällt auf, dass der Stempel
„liberal“ oder „konservativ“ gern anhand solcher
theologieferner Wortmeldungen der Bischöfe verteilt werden. Wie
wenig solche „Stempel“ oft passen, zeigt sich aktuell bei
Kardinal Woelki, der sich gerade vom Outlaw zum Lieblingskardinal der
Konservativen wandelt, ohne seine Positionen und Überzeugungen
überhaupt verändern zu müssen.
Erschwerend kommt hinzu, dass
offenkundig sowohl auf Seiten der Autorin als auch auf Seiten ihrer
schärfsten Kritiker Verletzungen und Empfindlichkeiten vorhanden
sind, die manchmal eine mögliche Verständigung schwierig bis
unmöglich machen.
Wohin
fährt der Zug? Sind „Angstprediger“ auch „gefährliche
Bürger“?
„Die Allianzen zwischen christlichem
und rechtem Denken haben sich weit über das Pegida – Milieu hinaus
verstärkt und werden auch offener gezeigt als früher.“ So
resümiert Liane Bednarz auf S. 188 ihres Buches, nachdem sie
entsprechende strategische Planungen von Götz Kubitschek zitiert
hatte. Offenbar haben die Strategien einen gewissen Erfolg.
Ob man das aber wirklich so werten
muss, da bin ich persönlich unsicher. Mag auch der Kontakt fester
geworden sein, mögen auch gemeinsame Themen die Gruppen verbinden,
eine über die bisherigen Protagonisten hinaus gehende Breitenwirkung
ins allgemeine christliche Milieu ist eigentlich kaum festzustellen.
Allenfalls sind konservative Christen politischer geworden oder haben
den Kampfplatz gewechselt, weil ihnen die Politik „geschmeidiger“
erschien als die eher starren kirchlichen Strukturen.
Nach meiner Wahrnehmung gibt es die
meisten Berührungspunkte aktuell mit der AfD und evtl. noch Pegida.
Allerdings stößt die Partei und Bewegung aufgrund ihrer offenen
Antikirchlichkeit sicher so viele Christen ab (oder hält sie auf
Distanz) wie sie für sich gewinnt. Diese tragen häufig auch massive
Enttäuschungen und Frustrationen mit sich und erwarten von der
„offiziellen“ Kirche nicht mehr viel. Das fröhliche
„Bischofs-Bashing“ gewisser kirchenferner Pegida-Anhänger im
Verein mit ultrakonservativen Katholiken befremdet Katholiken,
die sich als kirchentreu verstehen (also der normale, breite
konservative (Volks-)katholizismus, der immer noch die Hauptströmung
des pfarrlich-kirchlichen Lebens bildet). Zur IB und rechten Vordenkern
wie Kubitschek und Kositza bleiben selbst katholische
Traditionalisten nach meiner Wahrnehmung eher auf Distanz,
selbst wenn letztere sich dezidiert christ-katholisch geben. Es wäre
sicher einmal interessant zu erfahren, wie rechte Vordenker als
Mitglieder in einer konkreten Ortsgemeinde gesehen werden.
Natürlich gibt es AfD und Pegida –
Unterstützer auch in christlichen Gemeinden, über den Kreis der
konservativen Aktivisten hinaus. Voraussichtlich – wie Andreas
Püttmann kürzlich empirisch belegte – sind unter ihnen weit eher
„kirchenferne“ Christen als regelmäßige Kirchgänger. Aber
dennoch sind sie da.
Diejenigen unter den Konservativen, die
ihre (gesellschaftspolitischen) Ziele mit Hilfe der AfD zu erreichen
trachten, sollten aufmerksam hinsehen. Ich persönlich habe an
dieser Partei zuerst eher die Höckes und Poggenburgs wahrgenommen.
Daher war sie für mich nie eine Alternative, weil ich alles durch
dieses Brennglas betrachte und auch die Ausfälle mancher anderer
Akteure aufmerksam wahrnehme. Auch bin ich sicher etwas empfindlich, durch intensive Beschäftigung mit den Ereignissen und der gesellschaftlichen und politischen Bewegungen der Jahre 1900 - 1945. Aber ich weiß, dass man die Partei
auch anders betrachten kann. Es ist sicher unfair, alle AfD-Wähler
unmittelbar für rechtsradikal bis rechtsextrem zu halten. Aber
Vorsicht ist geboten, erst recht mit Blick auf die strategischen
Pläne der neurechten Vordenker. Sobald das Wohl und die Würde des
einzelnen Menschen nicht mehr im Focus stehen, sobald Leben gegen
Leben und Chancen gegen Chancen aufgerechnet werden, ist zumindest
Vorsicht angesagt. Mit Blick auf welche Ideologie auch immer.
Durch einen Flirt oder gar eine Affaire
mit der extremen Rechten schadet sich die kirchlich-konservative
Szene selbst. Sie muss damit zu leben lernen, dass sie inhaltlich/theologisch zwar eine
recht starke Position hat, innerkirchlich ihre argumentative Stärke aber kaum ausspielen kann.
Die katholische Zeitung „Der Fels“
stellt seit vielen Jahren die katholischen Opfer des
Nationalsozialismus vor. Wir können mit Recht stolz sein, auf Viele,
die Widerstand leisteten und dafür allzu oft mit dem Leben
bezahlten. Und wir sollten uns da nicht die Butter vom Brot nehmen
lassen, selbst wenn es einige dunkle Stellen im Katholizismus gibt,
wo Widerstand unterlassen oder gar die Nazi-Ideologie gestützt
wurde. Doch aus der Erkundung just dieser dunklen Stellen wachsen uns
Erfahrungen zu, die auch für die heutige Zeit hilfreiche Beurteilungsmaßstäbe
beinhalten. Was war die Motivation für die sogenannte „Rattenlinie“
nach dem Untergang des zwölfjährigen, angeblich tausendjährigen
Reischs? Es war „falsches Mitleid“ mit „Verfolgten“, die
angeblich Hitler aus reinem Idealismus unterstützt hatten. Sollte uns nicht
gerade dies eine Lehre sein? Eigentlich verbietet sich jede
Identifikation mit autoritären Politikern und rechten Ideologen,
auch wenn sie Christus, Christus sagen, sich mit Christen zusammen
präsentieren oder ein Kreuzzeichen schlagen. Solidarität mit
denen, die im Kreuzfeuer der Meinungen stehen (möglicherweise für
Positionen, denen ich mich inhaltlich hier und da verbunden fühle)
muss nicht kritiklos sein, sondern sollte die Augen öffnen für
Aspekte, die vom Weg Jesu Christi abweichen. Neben der Parabel vom toten Fisch, der mit dem Strom schwimmt gibt es auch das sprechende Bild vom Autofahrer dem überraschenderweise zahlreiche Geisterfahrer entgegen kommen. Wohl dem, der dann mit gesunder Distanz auf sein Leben und Agieren schauen kann.
Es ist verständlich, dass konservative
Katholiken in ihrem Engagement für eine traditions- und
glaubenstreue Kirche manchmal frustriert sind. Ihre liberalen und
lauen Gegner haben aufgrund der anhaltenden „Kirchenflucht“ nach
wie vor Oberwasser, weil sie mit dem Argument punkten können, die
Kirche müsse sich mehr zur Gesellschaft und zur Welt hin öffnen und
„alte Zöpfe“ abschneiden.
Was ist ein sinnvolles Ziel für
katholische Konservative? Zurück in vermeintlich bessere Zeiten, wie
die 50er Jahre kann niemand wirklich wollen, und wenn er es wollte,
kann er nicht wieder dorthin kommen, weil sich der Rahmen völlig
verändert hat. Das darf aber auch kein Argument dafür sein, alles,
was nach Tradition „riecht“ pauschal als untauglich abzulehnen.
Letztlich hilft nur die Kraft des
persönlichen Engagements, die eigene, überzeugende Frömmigkeit,
Gesprächsbereitschaft und Einsatz für die Kirche und für den
Nächsten. Politischer Einfluss und Applaus von glaubensfernen
Rechtsradikalen wird konservativen Positionen in der Kirche
sicherlich nicht zum Durchbruch verhelfen.
Die argumentative Durchschlagskraft in
den Raum der Kirche hinein, läßt sich nicht durch Verlagerung des
Engagements in die Politik steigern. Im Gegenteil, bestärkt man doch
damit die liberale bzw. laue innerkirchliche Opposition. Und liefert
diesen weitere und begründetere Argumente, deren Positionen als
„Rechtskatholizismus“ zu marginalisieren. (Da muss völlig klar
sein, dass Liane Bednarz, Andreas Püttmann und Andere zwar die
Überbringer einer Nachricht sind, aber sie sind nicht die Täter.)
Auch ist ja inzwischen deutlich zu erkennen, dass sich Personen vom
konservativen Milieu absondern und sich klar von allen Kontakten ins
politisch rechtere Milieu distanzieren. Da ist die Autorin des Buches
selbst ein prominentes Beispiel, wie auch der katholische Publizist
Andreas Püttmann und manche mehr. Es ist eine deutliche Spaltung der
christlich-konservativen Szene zu beobachten.
Wir (damit meine ich alle Menschen
guten Willens, die persönlich gläubig sich für eine lebendige und
glaubensfrohe Kirche bemühen) müssen unsere Meinungen äußern, mit
der Liebe und Geduld, die auch Jesus (meist) an den Tag gelegt hat
und mit der Bereitschaft, auch weiterhin Tag für Tag unser Kreuz zu
tragen und unserem Nächsten – und sei er noch so links- (oder
rechts-)katholisch die Last des Kreuzes zu erleichtern, wie einst
Simon von Cyrene.
Bei aller Offenheit braucht die Kirche
auch eine klare, erfahrbare Struktur mit dem einen Ziel: Gott die
Ehre zu geben, ihn anzubeten, ihm Raum in unserem Leben zu bieten und
mit Gottes Hilfe die Welt ins Gebet zu nehmen und in seinem Sinne zu
beackern.
Liane Bednarz beklagt, dass die kath.
und evangelische Kirche sich kaum um die „Angstprediger“ in ihren
Reihen kümmern und das Problem nicht energisch angehen. Daraus
ergeben sich spannende Fragen, da die konservativ – katholische
Szene aktuell im Umbruch steckt. Konnte man früher (zur Zeit der
Päpste Johannes Paul II. und Benedikt XVI.) anhand des Kriteriums
der „Papst- und Romtreue“ ein gewisses Koordinatensystem für die
kirchliche Szene entwickeln, so kehrt sich dies aktuell etwas um.
Weil es einigen Leuten schwer fällt, Papst Franziskus hier als
klaren, eindeutigen Pol zu verorten, entsteht hier heute eine gewisse
Unordnung. Liberale Bewegungen bekennen sich plötzlich (recht
selektiv) zu päpstlichen Aussagen, Konservative erinnern sich
sentimental an die Predigten von Papst Benedikt XVI.. Während früher
von einzelnen Leuten annähernd alle deutschen Bischöfe als laue
„Mietlinge“ geschmäht wurden, sucht man aktuell nach
rechtgläubigen Bischöfen, die in der neuen Unübersichtlichkeit in
der Kirche durch konservative Glaubenstreue glänzen.
Diese kirchenpolitischen Umbrüche
beschäftigen viele kirchliche Akteure so sehr, dass sie den ins
politische abdriftenden – auch zuvor schon randständigen
Katholiken – zu wenig Aufmerksamkeit schenken. Da deren Wirksamkeit
in den katholischen Gemeinden jedoch seit vielen Jahren denkbar
marginal war, erwarte ich auch keine ernstzunehmende „Rechtsdrift“
der katholischen Kirche insgesamt.
Viel spannender dagegen finde ich die
Frage, wie wir innerkirchlich „mit Rechten zu reden“ lernen
können. Wie kann es gelingen, auf berechtigte Fragen und Sorgen
angemessene Antworten zu geben? Wie kann das gehen, dass mehr oder
weniger kirchentreue, liberale und konservative Christen miteinander
ins Gespräch kommen und Extrempositionen überwinden. Das
Bednarzsche Buch bietet eine zuverlässige Problembeschreibung. Nun
gilt es, sich den Problemen und Gesprächen zu stellen.
Gesprächsblockaden gibt es auf beiden Seiten, wie die heftige
Diskussion um den Auftritt eines AfD-Vertreters beim Katholikentag in
Münster zeigt. Daran scheiden sich die Geister extrem. Während
Liane Bednarz eher für das Gespräch plädiert ist Andreas Püttmann
der entschiedendste Gegner eines solchen Gesprächs. Ich habe an
anderer Stelle in diesem Blog schon einmal als verbindende Position
vorgeschlagen, die notwendigen Gespräche auf jeden Fall und
intensiv, aber hinter verschlossenen Türen zu führen. So dass keine
Seite damit öffentlich allzu sehr „punkten“ kann. Die Kirche ist
nicht dazu da, populistische Positionen zu verbreiten und
entsprechenden Personen ein Podium dafür zu bieten. Gegen Populismus
und Demagogie hilft die Stimme der Vernunft in einem öffentlichen
Dialogforum nur bedingt. Diese Überlegung gilt in gewisser Weise
aber für „politische Bühnen und Podien“ insgesamt.
Aber auch jenseits der Mikrofone und
Lautsprecher könnte unter kirchlichen Dächern eine neue
Dialogkultur wachsen, im Sinne eines Wortes von Freré Roger, dass
Christen dazu berufen seien, Ferment der Versöhnung in der
Gesellschaft zu sein. Oder, wenn Sie es so möchten: Salz der Erde,
Licht der Welt...
Abschließend frage ich mich, auch
angesichts der aktuellen originellen Versuche des bayrischen
Ministerpräsidenten, eine Art politischer Kreuzestheologie zu
entwicken, warum es bis heute nicht gelungen ist, eine Partei zu
gründen, die aus christlichem Geist den Schöpfungsauftrag annimmt
und die Welt zu einem menschenfreundlichen, freien, pluralistischen,
offenen Ort zu machen. Eine Partei, in der nicht nur eine etwas
abstrakte christlich-jüdische Kultur im Focus steht und ein etwas
trockener Gottesbezug in Grundgesetzen befürwortet wird, sondern
eine Partei, deren Akteure aus dem Glauben an Gott und aus Liebe zu
den Menschen aktiv werden. Und dabei ein politisches Angebot machen,
das z.B. auch von Muslimen (und Anderen) in der Weise angenommen
wird, wie sie heute vielfach auch kirchliche Kindergärten und
Krankenhäuser schätzen, weil dort der Glaube an Gott noch eine
Bedeutung hat. Ein politisches Angebot, dass niemanden zum Glauben
drängt, sondern zeigt, dass ein Leben nach den Geboten Gottes auch
ein Leben ist, dass dem Menschen an sich und seiner Freiheit gerecht
wird. Warum könnte man „rechts“ nicht in diesem Sinne einfach
neu erfinden, nicht als Neuauflage eines ewigen, darwinistischen
Konkurrenzkampfes um Recourcen und Macht, sondern als Dienst am
realen Menschen, meinem Zeitgenossen, meinem Nächsten. Einen Dienst,
in dem wir dem Lebensopfer Jesu Christi auch in unserem
gesellschaftspolitischen Engagement zumindest anfanghaft nacheifern.
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