Es war der apostolische Nuntius in der Schweiz, Erzbischof Thomas Gullickson, der vor einigen Tagen einen Artikel von katholisches.info teilte, mit der Frage: „Segnung eines Homo-Paares in Wesel setzt die Glaubwürdigkeit der Kirche aufs Spiel. Was macht Bischof Felix Genn?“. Der traditionalistische Blog aus dem eher unappetitlichen Teil des Umfeldes der Piusbruderschaft verwies dabei auf einen Bericht der Rheinischen Post mit der Überschrift: „Männer-Paar feiert Vermählung in Kirche.“
Was war geschehen? Der Emmericher Bürgermeister Peter Hinze plant, am kommenden Samstag mit seinen Lebensgefährten eine eingetragene Lebenspartnerschaft einzugehen (die sog. "Ehe für Alle" gibt es erst ab 1. Oktober 2017). Sein Lebensgefährte wohnt in Wesel-Bislich in unmittelbarer Nähe der Kirche und war dort immer im Gemeindeleben aktiv. Während Emmerichs Bürgermeister sich selbst nicht als gläubigen Menschen sieht, war es für seinen Partner wesentlich, für den gemeinsamen Lebensweg auch um Gottes Weggeleit und Segen zu bitten. Daher vereinbarten sie mit dem Weseler Pfarrer und Domkapitular Stefan Sühling einen Wortgottesdienst mit einem allgemeinen Segen für „alle, die in Beziehungen leben“.
In dem RP-Artikel heißt es: „Mein Partner ist der Kirche eng verbunden. Er war Messdiener, wohnt neben der Kirche", sagte gestern Emmerichs Bürgermeister Hinze unserer Redaktion. Also habe man bei Pfarrer Sühling nachgefragt, inwieweit am Tag ein Besuch der Kirche möglich sei. Im Ergebnis, so Hinze, werde es eine Form des Wortgottesdienstes geben, an dem die Festgemeinde teilnehme.
Kein Ehe-Sakrament
Die Kirche St. Johannes im kleinen Deichdörfchen Bislich gehört zur Pfarre St. Nikolaus Wesel. Schon in der Stadt wäre solch ein Gottesdienst ungewöhnlich - auf dem Dorf ist er es erst recht. Pfarrer Sühling sagt: "Es ist ein Gottesdienst, an dem die beiden teilnehmen." Er betont zugleich, dass er nicht das Sakrament der Ehe spende, dass es keine kirchliche Trauung im eigentlichen Sinne sei. Er werde um den Segen Gottes für Menschen bitten, die in Beziehungen leben. Er wolle keine große Sache daraus machen, wolle sich aber dem Wunsch von Menschen nicht verweigern, die sich Gott verbunden sehen. Vorgaben des Bistums würden beachtet.“
Aufgrund dieses Artikels in der Lokalpresse haben sich offenbar einige Menschen in Münster bei Bischof Genn gemeldet. Dieser sah sich daraufhin veranlaßt, diesen Gottesdienst abzusagen. Kein Wunder, dass dies nun hohe Wellen schlägt, quasi im Windschatten der doch eher spontanen Entscheidung des Bundestages für eine „Ehe für Alle“.
Kein Wunder auch, dass das Paar nun tief enttäuscht ist. Allein schon, weil die Festplanungen völlig durcheinander geworfen wurden. Aber die Enttäuschung sitzt viel tiefer. Emmerichs Bürgermeister drückt dies so aus: »Man kann nicht schärfer den Eindruck bekommen, dass wir Menschen zweiter Klasse sind«, sagte er der Zeitung. »Es werden Hunde, Katzen und Motorräder gesegnet, aber wir sind es nicht wert?«
Hätten Sie, wo auch immer Sie sich in der Frage gleichgeschlechtlicher Partnerschaften verorten, eine Antwort, die das Paar auch nur in Ansätzen zufrieden stellen würde? Also eine in gewissen Sinne „christlich-missionarische“ Antwort? Sind „wir“ als Kirche hier nicht beinahe sprachlos und selbst nicht in der Lage den Spagat zu schaffen, in den wir uns in den letzten Jahren doch selbst hineinmanövriert haben, indem wir theologisch und kirchenrechtlich offen gelassen haben, welchen „Wert“ vor Gott eine gleichgeschlechtliche Beziehung haben könnte?
Auf der einen Seite sendet die Kirche durchaus Signale der Wertschätzung, man soll homosexuelle Menschen mit Höflichkeit, Takt, Mitgefühl, Nähe begleiten, seelsorglich an ihrer Seite sein, sie nicht ungerecht zurücksetzen. Gleichzeitig will die Kirche aber daran festhalten, dass gelebte Homosexualität Sünde ist. Mir ist bisher noch niemand begegnet, der das im konkreten Kontakt mit homosexuellen Paaren überzeugend verkörpern kann.
Wenige Wochen nach der Entscheidung des Bundestages für die sogenannte „Ehe für Alle“ zeigt sich, dass diese Entscheidung (und die dahinter stehende gesellschaftliche Entwicklung) auch für die Kirche ganz neue Fragen stellt.
Warum kann die Kirche alles und jedes segnen, aber offenbar kein homosexuelles Paar?
Ein Bekannter aus dem traditionellen Lager der Kirche formuliert seine Sicht so:
„Ob auf einer Verbindung zweier Menschen tatsächlich Gottes Segen ruht, wissen wir nie ganz sicher. - Sicher aber ist, dass auf gleichgeschlechtlichen Verbindungen niemals ein Segen der Kirche ruhen kann. Das der Staat Ehe-Imitationen legitimiert hat, ist tragisch genug. Hiergegen hat die Kirche deutliche Zeichen der Missbilligung zu setzen. Die klare Kante des Bischofs von Münster ist in Zeiten wie dieser, wo auch in der Kirche nichts mehr sicher scheint, sehr lobenswert!“
Interessant erscheint mir der Vorbehalt, der Gottes Segen durchaus auch dann für möglich hält, wenn die Kirche quasi „amtlich“ nicht segnet. Aber darf man einen solchen Unterschied theologisch machen? Gottes Segen ist überreich, überfließend … und die Kirche hat das zu kanalisieren? Das erscheint mir durchaus problematisch.
Es lohnt sich, hier einmal einen Blick in die Statements des Pressesprechers Dr. Stephan Kronenburg zu werfen. Leider gibt es nur Äußerungen der Presse gegenüber, aber keine zusammenhängende Erklärung im Wortlaut. In Münsters Kirchenzeitung „Kirche und Leben“ liest man online: »Es geht dem Bistum nicht darum, eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft herabzuwürdigen«, sagte Kronenburg. Durch Medienberichte sei aber der Eindruck entstanden, dass in der Kirche eine homosexuelle Hochzeit gefeiert werde. In Münster habe es diverse kritische Anrufe gegeben. Das Bistum wolle betonen, dass es einen Unterschied zwischen dem Sakrament der Ehe und einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft gebe.“
Etwas ausführlicher berichtet die lokale Zeitung die NRZ: „Bischof Dr. Felix Genn hat persönlich interveniert. Er hat Bislichs Pfarrer Stefan Sühling untersagt, den geplanten Segen vorzunehmen. „Es geht dem Bistum nicht darum, eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft herabzuwürdigen“, erklärt Bistumssprecher Dr. Stephan Kronenburg. Pfarrer Sühling habe sich zudem durchaus um ein gutes Vorgehen bemüht.
Es gab kritische Anrufe in Münster
Ausschlaggebend war nicht der NRZ-Bericht über die bevorstehende Hochzeit. Vielmehr gab es einen Bericht in einer anderen Zeitung, der das Thema theologisch aufgriff. Inhaltlich sei der Bericht zwar differenziert gewesen, wie Bistums-Sprecher Kronenburg erklärt, allerdings sei durch Aufmachung und Überschrift der Eindruck entstanden, es würde eine homosexuelle Hochzeit in der Kirche gefeiert. Was nicht der Fall ist.
In der Folge des Berichts habe es diverse kritische Anrufe in Münster gegeben. Das Bistum möchte betonen, dass es einen Unterschied zwischen dem Sakrament der Ehe und einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft gebe. Das Bistum sah sich nicht in der Lage ,eine offenbar fehlgeleitete Diskussion selbst zu entkräften.“
Gegenüber dem WDR führt Kronenburg weiter aus: „Da kommt es sehr leicht zu Verwechslungen. „Wenn man jetzt sagen würde... z.B. das Paar kommt in einem solchen Gottesdienst nach vorne und wird gesegnet. Dann ist das sehr schwer zu differenzieren, was ist da eigentlich der Unterschied zu einer kirchlichen Trauung. Und von daher - da das jetzt diese Öffentlichkeit auch hatte – hat der Bischof gesagt: „Das geht nicht.“
In den konservativen Foren wird mein Bischof Felix nun als Verteidiger der katholischen Lehre gefeiert. Nur zu Recht? Ich bin mir da nicht so sicher. Zumindest aus den Formulierungen, die sein Sprecher wählt, klingt durch, das er weniger in der Segenshandlung selbst das Problem sieht, denn in der öffentlichen Außenwirkung, die die Angelegenheit inzwischen erreicht hatte. Das Kernargument, das Dr. Kronenburg auch anführt, ist ja die „Verwechslungsgefahr“. Wobei ich persönlich gar keine Sorge habe, dass diejenigen, die sich in Münster beschwert haben, hier nicht differenzieren könnten, im Gegenteil. Diese Leute haben sehr klare Ziele und ihre Pfeilspitzen richteten sich durchaus auch gegen Bischof und Papst.
Just aus der Perspektive der Öffentlichkeitswirksamkeit entwickelt sich das laue Lüftchen protestierender Anrufer wohl gerade jetzt erst zu einem Sturm. Ich bin darüber nicht glücklich. Welche Botschaft wird es sein, die davon ausgeht? Dass die katholische Kirche die „Ehe für alle“ im Gegensatz zu den evangelischen Schwesterkirchen ablehnt, das sollte doch jeder in den letzten Wochen schon mitbekommen haben. So ist das am Ende nur Wasser auf die Mühlen von Leuten, die sich im Grunde weder das Wohl des Paares noch für eine theologische Entwicklung in der Kirche interessieren, sondern diese grundsätzlich in Frage stellen.
Als Seelsorger frage ich mich, wie ich in den nächsten Tagen den homosexuellen Gemeindemitgliedern begegnen kann, denen wir in unserer Gemeinde ermöglichen möchten, ihren Glauben konkret zu leben. Die zu uns gehören, die mit uns an Christus glauben und das Leben der Gemeinde gestalten und sicher zu Recht fragen: Habt ihr nicht einmal Segen für uns?
Wer bin ich, dass ich von ihnen fordern soll, dass sie auf spürbare Zeichen der Verbundenheit, auf Zärtlichkeit und Sexualität verzichten müssen, um „ganz“ zu uns zu gehören.
Sie haben ihre Neigungen nicht gewählt, so wenig, wie ich es in der Hand habe, in wen ich mich verliebe. Da sind stärkere Kräfte am Werk, die in nicht wenigen schönen Hochzeitspredigten durchaus mit der Kraft des Hl. Geistes und dem Wirken Gottes in Verbindung gebracht werden. Auch an dieser Stelle glauben wir Christen nicht nur streng wissenschaftlich an die Biologie der Hormone und Pheromone. „Ich war wohl klug, daß ich Dich fand; Doch ich fand nicht. GOTT hat Dich mir gegeben; So segnet keine andre Hand.“ Diese Verse aus einem Gedicht von Matthias Claudius haben wir vor 20 Jahren über unsere eigene Trauung gesetzt.
Was soll ich den Gemeindemitgliedern sagen, die nicht verstehen, warum ihr Bischof sogar eine schlichte Segnung ablehnt? Es haben mich in diesen Tagen auch Leute angerufen oder angesprochen, die nicht im liberalen Lager der Kirche stehen.
Ich glaube, dass wir heute nicht so tun können, als seien gleichgeschlechtliche Verbindungen unter Glaubenden nicht existent. Das Argument, da könnte man (der treue Gläubige) irgendwie etwas verwechseln... …und davor müsse man ihn oder das Sakrament der Ehe schützen... finde ich persönlich schwierig. Wollen wir die Leute für dumm erklären, wo wir ihnen an anderer Stelle die komplexesten (moral)theologischen Verästelungen zumuten? Schon Kommunionkindern werden schwierigere theologische Zusammenhänge vermittelt als hier, wo man deutlich sagen kann: es gibt die Ehe, mit einem Eheversprechen vor Gott und es gibt einen Segen, der weder Sünder noch Gerechte ausschließt. Niemand wird von der katholischen Kirche ernsthaft verlangen, dass sie ihr Ehe-Ideal aufgibt (also nicht jemand, den man als Theologen ernst nehmen müßte), aber wenn wir in anderen Beziehungsformen einen gewissen Wert erkennen, dann sollte das in Gebeten, Formen, Ritualen Ausdruck finden können, gerne auch so, dass Verwechslungsgefahren sicher ausgeschlossen sind. Dieser Aufgabe müssen wir uns aber auch stellen.
Ich finde es bemerkenswert, dass in diese Angelegenheit der letzthin wieder zum konservativen Bischofskritiker und AfD-Apologeten rekonvertierte David Berger, der zwischenzeitlich als „schwuler Theologe“ der Kirche den Spiegel vorhielt, in dieser Sache ausnahmsweise schweigt. Er scheint für sich eine Möglichkeit gefunden zu haben, seine theologisch-konservative Weltsicht mit seinem persönlichen Liebesleben zu versöhnen.
Möglicherweise wird man mir entgegnen: Aber die biblischen Zeugnisse sind doch eindeutig! Schau ins Alte Testament, schau in die Paulusbriefe... Aber muss man nicht auch sagen, dass Jesus Christus selbst nichts zu einer möglichen gleichgeschlechtlichen Partnerschaft gesagt hat. Und Paulus? Ich weiß es nicht. Der Sitz im Leben der jeweiligen Formulierungen in der damaligen Zeit ist von der heutigen Zeit doch inzwischen sehr verschieden. Und eine ausführliche Exegese der einschlägigen Bibelstellen wird wohl auch keine einfachen Lösungen geben. Daher kann das Verhältnis der Kirche zum Phänomen der Homosexualität nie völlig entspannt sein. Schließlich stellen sich in diesem Kontext sehr grundsätzliche Fragen, z.B. des Umgangs mit biblischen Texten, die quer zu aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen und auch quer zu neu gewachsenen Überzeugungen unter den Gläubigen stehen. Auch die Fragen nach der Bedeutung des Naturrechtes in der katholischen Moraltheologie wären vertieft zu klären.
Homosexualität ist der Bibel des Alten Testaments ein „Gräuel“. Aber das ist der Verzehr von Schweine- und Kaninchenbraten auch. Sicher gibt es nach wie vor Menschen, die sich mit Homosexuellen schwer tun. Und manchmal kommen moraltheologische Bedenken und eigene Empfindungen in unguter Weise zusammen. Die Szene der Homosexuellen ist dazu auch noch schillernd, vom gutbürgerlichen, treuen Paar wie in unserem aktuellen Fall, bis zu obskuren Typen, die sonderbare sexuelle Vorlieben ausleben. Aber, wenn wir als Kirche die Augen offen haben, dann sieht es unter Heteros nicht weniger schillernd aus. So genau wollen wir das im Grunde gar nicht wissen, aber die kirchliche Moraltheologie geht wohl eher von Blümchensex aus.
Die kunstvolle Theologie der Ehe in der katholischen Kirche wird keinen Raum bieten, den Ehebegriff und das Sakrament auch auf andere Formen von Partnerschaft auszudehnen. Die sakramentale Ehe orientiert sich u.a. am Naturrecht, an der klaren Erkenntnis, dass nur aus der Liebe von Mann und Frau, aus deren Sexualität neues Leben entstehen kann. Und dass Kinder in der Geborgenheit einer möglichst lebendigen Liebesbeziehung einer solchen Familie besser aufwachsen als unter allen möglichen anderen Umständen, darauf sollte man sich vermutlich einigen können, selbst mit denen, die die katholische Ehelehre für sich nicht nachvollziehen möchten. Aber es ist doch auch Fakt, dass das Eheideal, das diesem hehren theologischen Ideen zugrunde liegt, auch von den meisten (sakramental verheirateten bzw. heterosexuellen) Eltern nicht erreicht wird. Und dass de facto manches Kind mit zwei Vätern oder zwei Müttern gemeinsam geliebter und besser aufwächst als in der ein oder anderen klassischen Ehebeziehung.
Was erreichen wir konkret als Kirche, in dem Bemühen, den Kindern einen guten Start ins Leben und eine stabile Verwurzelung in einer Familie zu ermöglichen, wenn wir den Segen der Kirche (und damit doch den Segen Gottes) für so viele Paare ausschließen, die aus verschiedenen Gründen keine sakramentale Ehe schließen können oder auch wollen.
Damit meine ich nicht nur gleichgeschlechtliche Verbindungen.
Ich sehe das Problem, dass in der Praxis der Eindruck entstehen könnte, die Kirche segne etwas ab, das sie in ihren Überzeugungen eigentlich als falsch darstellt. Aber der Segen Gottes ist mehr, als Kirche nehmen wir den Menschen die Verantwortung für ihre Entscheidungen nicht ab. Wir segnen bei einer Motorradwallfahrt nicht nur denjenigen, der sich an alle Regeln hält, sondern auch denjenigen, der die Möglichkeiten seiner Harley voll ausreizt, der riskant und gefährlich fährt, und ab und an selbst denjenigen, der als Mitglied einer Rockergruppe auf kriminellen Wegen unterwegs ist und durch irgendeinen Zufall sich vielleicht einer Wallfahrtsgruppe angeschlossen hat.
Oder anders gesagt: Um Gottes Segen für Personen und Dinge zu bitten, ist etwas anderes als persönliche Handlungen und Haltungen „abzusegnen“ und sie ausdrücklich gut zu heißen. Was nicht bedeutet, dass „Kirche“ sich jeglicher Kritik enthalten sollte; wir segnen auch keine Waffen mehr und auch gegen kirchlichen Segen für Mafiosi kämpft der Papst mit klaren Worten an. Auch wenn diese sich noch so fromm geben.
Ich glaube, da muss etwas an seelsorglicher Begleitung, auch in Gebet und Feier möglich sein, dass nicht nur einen Teil der Konservativen in der Kirche überzeugt, sondern auch öffentlich vorzeigbar ist in einer Welt, wo Homosexuelle inzwischen – Gott sei Dank - Menschen wie Du und ich sind. Eine solche Feier muss auch nicht den Ritus der Eheschließung nachahmen oder ähnlich gestaltet sein. Aber die Wertschätzung, die wir einem heterosexuellen Ehepaar entgegen bringen, für die Bereitschaft zur Treue und gegenseiten Sorge, für das Zusammenstehen in guten und schweren Tagen, die können wir einem anderen Paar nicht grundsätzlich verweigern. Das was ein gleichgeschlechtliches Paar miteinander und füreinander an Liebe verwirklicht, das ist – um es mit einem Wort aus meiner Studienzeit zu sagen – nicht nichts!
Ich denke da auch in der aktuellen Situation der Kirche an einen Dialog, den Jesus mit einer kanaanäischen Frau führt. Er schweigt erst auf ihre Klage hin, auch als die Jünger ihn schon drängen der Frau wegen ihrer Aufdringlichkeit zu helfen. Doch dann geschieht folgendes: „Die Frau kam, fiel vor ihm nieder und sagte: Herr, hilf mir! Er erwiderte: Es ist nicht recht, das Brot den Kindern wegzunehmen und den Hunden vorzuwerfen. Da entgegnete sie: Ja, du hast recht, Herr! Aber selbst die Hunde bekommen von den Brotresten, die vom Tisch ihrer Herren fallen. Darauf antwortete ihr Jesus: Frau, dein Glaube ist groß. Was du willst, soll geschehen. Und von dieser Stunde an war ihre Tochter geheilt.“
P.S.: Hätte es für Bischof Felix Genn auch andere Möglichkeiten der Reaktion gegeben? Hätte er vielleicht sagen können: „Sehen Sie, die Menschen nehmen in Bislich an einem Gottesdienst teil, sie beten zusammen, sie singen, sie hören das Evangelium. Und sie empfangen den Segen Gottes. Es wird kein Paar besonders hervorgehoben, niemandem werden die Hände aufgelegt und es werden keine Ringe getauscht. Ich habe Vertrauen in meinen Domkapitular Stefan Sühling, dass durch die Feier deutlich ist, dass die Kirche für dieses Paar betet und um den Segen Gottes bittet, dass die Kirche aber kein schwules Paar trauen kann.“
Ich weiß das nicht, erst recht nicht in einer Situation, wo das Amt des Präfekten der Glaubenskongregation nicht mehr so prominent besetzt ist und sich mancher aufmerksame Beobachter umso mehr zum kleinen Präfekten aufschwingen möchte und Priestern, Bischöfen und dem Papst Nachhilfe in Sachen Katholizität geben zu müssen glaubt.
Der Rummel, der nun auch in der Öffentlichkeit entsteht, wird uns leider in der Sache nicht weiter bringen. Vielleicht wäre es auch gut gewesen, wenn der Politiker in dieser Partnerschaft der Versuchung widerstanden hätte, die Feier eines Gottesdienstes im Bericht über seine „Verpartnerung“ zu erwähnen. Und die Presse der Versuchung, dieser Tatsache den Stempel einer „Vermählung“ aufzudrücken.
Wie auch immer, ich wünsche diesem und allen Paaren, die sich an diesem Wochenende in Treue und gegenseitiger Sorge miteinander verbinden, alles Gute und Gottes reichen Segen für ihren gemeinsamen Lebensweg.
P.P.S.: Ein kleiner grundsätzlicher Nachtrag und Exkurs ging mir heute noch durch den Kopf, den will ich hier ergänzen:
Bin in die 60er / 70er Jahre mag es noch nachvollziehbar und verständlich gewesen sein, wenn Kirchenleute Homosexualität als sündhafte Abirrung der menschlichen Sexualität interpretiert haben. Schließlich wurde auch erst 1969 wurde der einschlägige Paragraf 175 des Strafgesetzbuches erstmals reformiert. Doch inzwischen wissen wir mehr über den Menschen, als alle Generationen vor uns.
Heute können wir die menschliche Sexualität nicht mehr eindimensional sehen.
Die menschliche Sexualität ist und bleibt eine machtvolle menschliche Antriebskraft. Die Entwicklung sexueller Vorlieben ist eine vielgestaltige Sache, auf die der einzelne Mensch nur begrenzten Einfluß hat. Die besondere Ausprägung der menschlichen Sexualität unterscheidet ihn sehr von allen anderen Lebewesen.
Dabei ist sicher richtig, dass nicht jede sexuelle Veranlagung auch ausgelebt werden kann. So wissen wir heute, dass es Menschen gibt, die sich zu weitaus jüngeren Sexualpartnern hingezogen fühlen. Eine solche Veranlagung kann in der Regel nicht einfach wegtherapiert oder unterdrückt werden. Die Herausforderung besteht darin, mit ihr leben zu lernen und sie so zu beherrschen, dass man nicht andere Menschen schädigt. Die Kirche hat hier schmerzliche Erfahrungen machen müssen, die auch über die Präventionsfragen hinaus weiter zu verarbeiten wären. Für die Entwicklung jedes Menschen gilt, dass er die eigene Sexualität beherrschen muss und nicht von ihr beherrscht werden darf (Stichwort: Keuschheit“). Das ist eine herausfordernde Kulturleistung!
Ob eine Unterscheidung in „sündhafte“ und „statthafte“ Formen von Sexualität heute noch so einfach möglich ist? Ausgehend von naturrechtlichen Überlegungen ist es so, dass Sexualität zwischen gleichgeschlechtlichen Personen nun einmal nicht auf die Zeugung neuen Lebens ausgerichtet sein kann. Dies macht ja klassisch-moraltheologisch deren Sündhaftigkeit aus. (Wobei „Sünde“ hier nicht im Wortgebrauch billiger Pornofilmchen zu verstehe ist.)
Ob in diesen Überlegungen und Haltungen wohl die Gottesgabe der Sexualität in ihrer ganzen Vielgestaltigkeit ausreichend (und auf der Höhe der Zeit und der Wissenschaft) gewürdigt ist?
Der heilige Paulus ist sicher kein Freund von Zärtlichkeit und geschlechtlicher Liebe. Er neigte dem Zölibat zu, sah aber ein, dass nicht jeder dazu in der Lage ist. Auch die Kirche macht die Erfahrung, dass der Zölibat eine Berufung ist, die einem Menschen geschenkt ist (um die man sich aber durchaus bemühen kann). „Wer es fassen kann, der fasse es“, so heißt es bei Matthäus. Daher, zur „Keuschheit“ im Sinne der Beherrschung der geschlechtlichen Antriebe sind alle Katholiken berufen, zum Zölibat nicht.
Können wir dann ernsthaft davon ausgehen, dass alle gleichgeschlechtlich Liebenden zum Zölibat berufen sind?
P.P.S.: Ein kleiner grundsätzlicher Nachtrag und Exkurs ging mir heute noch durch den Kopf, den will ich hier ergänzen:
Bin in die 60er / 70er Jahre mag es noch nachvollziehbar und verständlich gewesen sein, wenn Kirchenleute Homosexualität als sündhafte Abirrung der menschlichen Sexualität interpretiert haben. Schließlich wurde auch erst 1969 wurde der einschlägige Paragraf 175 des Strafgesetzbuches erstmals reformiert. Doch inzwischen wissen wir mehr über den Menschen, als alle Generationen vor uns.
Heute können wir die menschliche Sexualität nicht mehr eindimensional sehen.
Die menschliche Sexualität ist und bleibt eine machtvolle menschliche Antriebskraft. Die Entwicklung sexueller Vorlieben ist eine vielgestaltige Sache, auf die der einzelne Mensch nur begrenzten Einfluß hat. Die besondere Ausprägung der menschlichen Sexualität unterscheidet ihn sehr von allen anderen Lebewesen.
Dabei ist sicher richtig, dass nicht jede sexuelle Veranlagung auch ausgelebt werden kann. So wissen wir heute, dass es Menschen gibt, die sich zu weitaus jüngeren Sexualpartnern hingezogen fühlen. Eine solche Veranlagung kann in der Regel nicht einfach wegtherapiert oder unterdrückt werden. Die Herausforderung besteht darin, mit ihr leben zu lernen und sie so zu beherrschen, dass man nicht andere Menschen schädigt. Die Kirche hat hier schmerzliche Erfahrungen machen müssen, die auch über die Präventionsfragen hinaus weiter zu verarbeiten wären. Für die Entwicklung jedes Menschen gilt, dass er die eigene Sexualität beherrschen muss und nicht von ihr beherrscht werden darf (Stichwort: Keuschheit“). Das ist eine herausfordernde Kulturleistung!
Ob eine Unterscheidung in „sündhafte“ und „statthafte“ Formen von Sexualität heute noch so einfach möglich ist? Ausgehend von naturrechtlichen Überlegungen ist es so, dass Sexualität zwischen gleichgeschlechtlichen Personen nun einmal nicht auf die Zeugung neuen Lebens ausgerichtet sein kann. Dies macht ja klassisch-moraltheologisch deren Sündhaftigkeit aus. (Wobei „Sünde“ hier nicht im Wortgebrauch billiger Pornofilmchen zu verstehe ist.)
Ob in diesen Überlegungen und Haltungen wohl die Gottesgabe der Sexualität in ihrer ganzen Vielgestaltigkeit ausreichend (und auf der Höhe der Zeit und der Wissenschaft) gewürdigt ist?
Der heilige Paulus ist sicher kein Freund von Zärtlichkeit und geschlechtlicher Liebe. Er neigte dem Zölibat zu, sah aber ein, dass nicht jeder dazu in der Lage ist. Auch die Kirche macht die Erfahrung, dass der Zölibat eine Berufung ist, die einem Menschen geschenkt ist (um die man sich aber durchaus bemühen kann). „Wer es fassen kann, der fasse es“, so heißt es bei Matthäus. Daher, zur „Keuschheit“ im Sinne der Beherrschung der geschlechtlichen Antriebe sind alle Katholiken berufen, zum Zölibat nicht.
Können wir dann ernsthaft davon ausgehen, dass alle gleichgeschlechtlich Liebenden zum Zölibat berufen sind?