Er ist wieder da! Alle Jahre wieder tobt sie wieder, die virtuelle Debatte über den Untergang des Abendlandes anhand der Diskussion um Martinszüge, Lichtermärkte, den Beginn des Weihnachtsverkaufs ab Ende August und - die „Zipfelmänner“. Im sechsten Jahr in Folge präsentiert der Discounter PENNY seinen „Zipfelmann“ und entfacht damit die alljährliche Debatte. In diesem Jahr mit einem bemerkenswerten neuen Detail, denn nach sechs Jahren reichte offenbar das Erregungspotential der „Zipfelmänner“ nicht mehr, die es bislang in drei Varianten gab (meine Lieblingsvariation war die mit Smarties). Daher hat man die Figur in diesem Jahr ironischerweise just mit der Zutat aufgeladen, die zuverlässigerweise für die notwendige Resonanz sorgt: den Regenbogen. Unter dem Stichwort „Regenbogenliebe“ kommt der Zipfelmann diesmal ultimativ bunt daher. Dennoch: „Alpenvollmichschokolade“ musste es schon sein. Schließlich kommen auch normale Regenbogenpaare in Liebesdingen eher traditionell um die Ecke.
Über 2.000 mal wurde der Penny – Beitrag inzwischen schon geteilt, über 7.000 „likes“ gibt es, wobei auch der „Wütend“-Smiley entsprechend häufig vergeben wurde.
Wer die Kommentare liest, sollte sich Popkorn oder Chips bereit legen. Es ist alles dabei! Aus dem ganzen breiten gesellschaftlichen Lager fühlt man sich bemüßigt, den Marketingag der Firma zu kommentieren. Vieles davon ist unterhaltsam. Erschütternd ist für mich aber, wie die Figur des „Weihnachtsmannes“ zum abendländischen Kulturgut stilisiert wird.
Die durchaus humorvollen und treffsicheren Reaktionen des Penny – Social-Media-Teams sind zwar schlagfertig und lustig, offenbaren aber ein weiteres Mal, dass diese Leute sicher viel Ahnung von Marketing und Product – Placement haben, aber keine Ahnung vom Hl. Nikolaus. Den stets wird behauptet, dass Penny ja neben den „Zipfelmännern“ auch „Nikoläuse“ und „Weihnachtsmänner“ im Angebot habe. Und die würden sich im Marktregal bestens verstehen. Das glaube ich gerne, sind sie doch vermutlich in derselben Schokofabrik vom Band gelaufen, aus echter „Alpenmilch“ und zuverlässig in Kinderarbeit geernteter Schokolade aus Zentralafrika (oder so). (Ach nein, die Kinder laufen auf der Plantage nur so mit den Müttern mit, weil sie ja sonst unbetreut im Dorf bleiben müßten...). Hups, jetzt verliere ich mich schon wieder im Thema der Welthandelsstrukturen. Oder in Diskussionen über die Macht der Discounter und den fatalen Folgen für die Nahrungsmittelproduktion in Europa. Das wollte ich gar nicht. Also zurück zum Thema...
Ich bin seit vielen Jahren PENNY-Kunde. Ja, und auch die „Zipfelmänner“ konnten mich bisher nicht davon abhalten. Ich bin da ziemlich „konservativ“ und diesem Markt seit langer Zeit treu. Und daher kann ich sicher sagen, in hiesigen Penny-Märkten gibt es und gab es in 20 Jahren keinen einzigen Nikolaus. Allenfalls einigermaßen häßliche Weihnachtsmänner und die sind ja keineswegs Ausweis weihnachtlicher Traditionen, sondern eine Art „Neophyt“, der sich im Gefolge des Booms amerikanischer Warenlieferungen seit der Zeit der „Care-Pakete“ in Deutschland verbreitet hat. Wobei diese sympathische Brauchtumsfigur ja durchaus jahrhundertealte europäische Wurzeln hat, die dann aber in Amerika geschickt zur Marktreife gebracht wurden. Karriere hat Santa Claus vom Anfang des 20. Jahrhunderts an in Good Old Amerika gemacht.
Durch irgendeinen Umstand hat die deutsche Schokoindustrie das Potential entdeckt, das in dieser Figur steckte. So entstand der Schokoladenhohlkörperboom, was ja vermutlich besser als jeder scharfzüngige Kommentar ausdrückt, was der innere Gehalt dieser re-immigrierten Märchenfigur im europäischen Kontext sein dürfte, nämlich – mehr oder minder lauwarme Luft. Bei seiner Verbreitung dürfte in Deutschland der Umstand geholfen haben, dass der Weihnachtsmann ja so etwas wie „konfessions- und religionsneutral“ sein dürfte. Zwar etwas weniger als der „Zipfelmann“, aber der Begriff Weihnachten allein ist ja inzwischen des religiösen Gehaltes weitgehend entleert worden. Was man skurilerweise ja auch an den Kommentaren der Qualität „Abendlandsverteidiger“ unschwer erkennen kann. Wenn am Ende der Weihnachtsmann für den religiösen Gehalt der Weihnachtsfeiern Pate stehen muss … dann gute Nacht, Christentum.
Ich habe persönlich überhaupt nichts gegen all die Weihnachtsbegleitfiguren und Jahresendfiguren mit Flügeln. Mögen sie doch die Regale und Wohnstuben in großer Pracht bevölkern (und vollkitschen), von mir aus auch in Gestalt von Regenbogenzipfelfrauen und auf Regenbogen tanzenden Einhörnern. Solange man mir das nicht als christliche Tradition verkaufen will ist mir das ziemlich egal. Alles Andere sind Geschmacksfragen und da bin ich – was Weihnachten angeht – eher traditionell.
Ein Engagement GEGEN all diesen modischen Kram kann ich mir nicht vorstellen. Da würden wir uns entweder in die verkehrte Gesellschaft begeben, unter all jene einreihen, die nur Protest brüllend und keifend durch die Straßen und virtuellen Foren ziehen oder die, die aus einer weit verbreiteten Kombination von Langeweile, Perspektivlosigkeit und Frustration geschickt politisches Kapital schlagen. Um dann am Ende eine ganz eigene Agenda zu verfolgen.
Als Christ engagiere ich mir FÜR etwas und in diesem konkreten Fall für den Hl. Nikolaus. Der hat es gar nicht nötig, mit Zipfelmännern und Weihnachtsmännern zu konkurrieren, ja nicht mal mit den sexistisch aufgeladenen Weihnachtsfrauen. Der Hl. Nikolaus wird von denjenigen gewählt, die mit seiner Figur, seiner Person und mit seinen Geschichten, Legenden und deren zutiefst wahren Kern etwas anfangen können. In seiner Schokogestalt ist er meist genauso „hohl“ wie jeder Zipfelmann, aber – unter uns Katholiken darf man das sicher sagen – in gewisser Weise steht der Schokoladen-Nikolaus sakramental für etwas, er ist ein Symbol für eine höhere Wirklichkeit, für eine tiefere Wahrheit. Er kündet davon, dass es Gott gibt, das es Nächstenliebe gibt, dass der Glaubende Dinge vollbringen und ertragen kann, die man sich gar nicht ausmalen kann. Wer glaubt, ist nie allein, für den der glaubt, ist nichts unmöglich!
Wenn der Hl. Nikolaus friedlich neben den anderen Schokofiguren im Regal steht, dann ist jeder Mensch frei zu wählen. Wem der Zipfelmann reicht, der auf eine sechsjährige Tradition zurückblickt, gut! Wem der Weihnachtsmann reicht, dessen frühe Vorfahren man vielleicht in den nach der Reformation wieder aufgewärmten Märchen und Mythen der nordischen Völker entdecken könnte, auch gut!
Wer den echten Nikolaus wählt … der hat meine Sympathien. Das werden sicher die überzeugten Christen sein, neben Katholiken heute auch Lutheraner und andere Evangelische, Orthodoxe sowieso, auch wenn dort der Hl. Nikolaus eine andere Gestalt hat als die eines barocken bis heutigen Bischofs. Aber neben den sowieso schon Überzeugten, werden auch weitere Menschen zum Hl. Nikolaus greifen. Weil sie um die humanitäre Kraft dieser Gestalt wissen, oder ahnen, dass der Nikolaus einen Mehrwert hat und mehr ist als nur Luft und leckere Schokolade. Er braucht die Konkurrenz der Zipfel- und Weihnachtsmänner und Frauen dieser Welt nicht zu scheuen.
Ja, es ist wahr. Der Hl. Nikolaus hat wirklich gelebt. Er ist real und keine Märchenfigur. Er war schon zu Lebzeiten ein Held und ist es für zahllose Menschen durch die Jahrhunderte geblieben. Er war ein Held ganz anderer Art, ein realer Held. Ein Held des Friedens, nicht des Krieges. Ein Held der Gerechtigkeit, nicht der Macht des Stärkeren. Ein Held des Mitgefühls und nicht der Stärke und Härte. Ein Held der Bescheidenheit und kein Anführer der Frustrierten. Ein Held nach menschlichem Maß, zu dem ich nicht aufschauen muss, sondern der meine Schritte lenkt auf den Weg der Nachfolge und letztlich in die Fußspuren Jesu Christi.