Sonntag, 23. Dezember 2018

Weihnachten 2018 - Ein Fest-Spektakel der Superlative?

Ausnahmsweise einmal eine Predigt statt Blogbeitrag. Weil 4. Advent ist und uns damit ein ruhiger Tag vor dem hl. Abend geschenkt wird. Einen gesegneten Sonntag!

WEIHNACHTEN 2018
  • Vor 2 Jahren verübte Anis Amri einen Anschlag mit einem LKW auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz in Berlin. 11 Menschen starben!
  • Im Weihnachtsgeschäft in Deutschland wird in diesem Jahr erstmals ein Umsatz von über 100 Mrd. Euro erwartet. „Die Konsumenten sind in Kauflaune!“
  • In Dortmund steht der - mit 45 m Höhe größte Weihnachtsbaum der Welt, aus 1.700 Rotfichten zusammengepuzzelt.
  • An das Weihnachtspostamt im Brandenburgischen Himmelpfort haben in diesem Jahr 277.000 Kinder ihre Weihnachtswünsche geschickt. Sie bekamen darauf eine Antwort vom „Weihnachtsmann“.
  • Schon seit mehr als 20 Jahren läuten die Coca-Cola Weihnachtstucks die Weihnachtszeit ein, jeden Abend in einer anderen Stadt... kürzlich im CentrO in Oberhausen.
  • In Rom auf dem Petersplatz gibt es eine Krippe … aus 700 Tonnen Sand.
  • Der päpstliche Weihnachtssegen „Urbi et Orbi“ wird von hunderten von Fernsehsendern in die ganze Welt übertragen und von vielen Millionen Menschen gesehen. Wohl kein Ereignis hat eine derartige Einschaltquote.

Weihnachten 2018
ein Ereignis,
ein Fest der Superlative!

Aber, kommen wir mal langsam runter,
atmen einmal ruhig durch
und versetzen wir uns heute abend,
einfach mal in ein Städtchen am Niederrhein,
namens Voerde -
nein, das muss man nicht kennen...

In einer Wohnung, sagen wir mal an der Friedrichsfelder Str. in Voerde treffen sich zwei schwangere Frauen zum Adventskaffee. Sie reden von ihrer Sorge, weil eine der beiden im Frühjahr aus ihrer Wohnung ausziehen muss – und noch nichts Neues gefunden hat.
Die Andere erzählt davon, wie sie mit ihrem Lebensgefährten lange diskutiert hatte:
Wir haben ja überlegt, ob wir das Kind wirklich haben wollen, haben können...

Hups, sagt die eine. Jetzt hat sie mich zum ersten Mal getreten.. Tiefe Freude... „Es war alles richtig so...“

Und jetzt stellen Sie sich vor, dieser ganz alltägliche „Adventskaffee“ steht auf einmal in der Hl. Schrift. 

Und die Worte, die eine der beiden Freundinnen gerade gesagt hat …
werden durch die Jahrhunderte von Millionen, ja Milliarden von Menschen gebetet.

Gegrüßet seist Du..
Voll der Gnaden
Der Herr ist mit Dir.
Du bist gebenedeit unter den Frauen
und gebenedeit ist die Frucht denes Leibes.

Vielleicht hätte die junge Frau von heute es etwas anders gesagt:

Hallo, guten Morgen Marie,
Mensch, Du siehst aber gut aus,
selig, glücklich,
gesegnet.
Gott ist bei Dir!
Du bist etwas ganz Besonderes...
und ich spüre das,
auch Dein Kind wird etwas ganz Besonderes sein!

Nicht viel anders war das damals,
diese Begegnung im Bergland von Judäa.

Wer jemals in Taizé war, der wird diesen Text der frohen Botschaft
immer mit einem ganz besonderen Fenster in Verbindung bringen.

Viele Jahre lang bin ich immer wieder dorthin gegangen
und habe mich an dieser Darstellung erfreut.

Maria und Elisabeth begegnen sich.
Im ganz normalen Alltag.
(Darauf verweist die lustige Katze im Hauseingang)

Eine alltäglich Begegnung,
von der in der Welt niemals Notiz genommen hätte -
und hätte das Kind noch so „im Leibe vor Freude gehüpft.“

Die Schlagzeilen waren schon damals andere -
und heute erst recht...

Was zählen schon im Getriebe
von Politik und Wirtschaft
zwei „ungeborene Kinder“,
wo aktuell in den Kriegsgebieten des Jemen oder Syriens
nicht mal geborene Kinder zählen.

Doch diese beiden Kinder sind etwas ganz Besonderes:
Der Künstler, Frere Eric hat sie
ungewöhnlilch gemalt. 

Sie stehen aufrecht, (wie es in Wirklichkeit niemals möglich wäre)
sie schauen sich an.
Ja, die beiden begegnen sich -
genauso, wie sich ihre Mütter begegnen.

Dieses Bild richtet unseren Blick
vom Geflimmer der Weltnachrichten
auf den Bildschirmen,
auf eine ganz alltägliche Szene,
führt die Unruhe der brausenden Welt,
zu einer Szene der Ruhe,
der Freude, der Seligkeit...
Läßt uns vom „Großen Ganzen“
aufs „Kleinste“ schauen.

Eine kleine Begegnung
im Bergland von Judäa,
normale Menschen,
Alltagsgeschichte,
der eine Geburt
in einem Stall in Bethlehem folgen sollte.

Kleiner“ „Unscheinbarer“
ging es gar nicht.
Menschen auf der Durchreise, ohne Kontakte im Dorf,
und unbeachteter Ort – vor den Toren.
Unerreicht vom Mitleid der Menschen,
zwei, drei Menschen – ganz allein,
statt Arzt und Hebamme – Ochs und Esel.

Du, Betlehem-Efrata,
bist zwar klein unter den Sippen Judas,
aus dir wird mir einer hervorgehen,
der über Israel herrschen soll.

Der Prophet Micha kündet die Wende an,
mit der Zeit, in der die Gebärende
einen Sohn geboren hat.

Die Wende der Zeiten -
durch ein Kind.

Kinder bekommen die Leute immer...“

Dieser Satz wird Konrad Adenauer zugeschrieben.

Kinder bekommen die Leute immer...“ das bedeutet ja (auch):
Anderes ist Wichtiger.“

Dieser Satz ist bis heute aktuell.
Allen Beschwörungen einer besseren Geburtenrate zum Trotz.

Worum dreht sich unsere Welt?
Was steht im Mittelpunkt all unserer Bemühungen?

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren,
der Mittelpunkt aller Bemühungen ist Geld.

Es geht um Investitionen und Kosten,
um Gewinne und Rentabilität…

Das Geld steuert alles,
die Wirtschaft sowieso,
und die Politik auch,
man muss gar nicht an Lobbyismus und Korruption denken,
auch unser Bürgermeister schläft schlecht bei dem Gedanken,
wie die Infrastuktur der Stadt zu bezahlen ist...

Alles dreht sich ums Geld,
erst recht, wenn es fehlt.

Machen wir uns noch einmal auf den Weg,
in ein kleines, unbedeutendes Dorf,
diesmal nicht am Niederrhein,
nicht im Bergland von Judäa,
sondern nach Góra Kalvaria,
zu deutsch „Kalvarienberg“,
in der Nähe von Warschau.

Dort lebte im 19. Jahrhundert
der Rebbe von Ger,
Rabbi Jizchak Meïr.

Im Hof der jüdischen Schule ging
der Rabbi an einem Spätsommerabend
mit seinem Enkel spazieren.

Es war Neumond, der erste Tag des Monats Elul.
Der Zaddik fragte, ob man heute den Schofar geblasen habe,
wie es geboten ist, einen Monat, ehe das Jahr neu beginnt.

Danach begann er zu reden:
Wenn einer Führer wird, müssen alle nötigen Dinge da sein,
ein Lehrhaus und Zimmer und Tische und Stühle,
und einer wird Verwalter, und einer wird Diener und so fort.

Und dann kommt der böse Widersacher
und reißt das innerste Pünktlein heraus,
aber alles andre bleibt wie zuvor,
und das Rad dreht sich weiter, nur das innerste Pünktlein fehlt.”
Der Rabbi hob die Stimme:
Aber Gott helfe uns: man darf’s nicht geschehen lassen!”

Ein erschütternder Dialog!

Ist das „innerste Pünktlein“ unseres Lebens,
unserer Gesellschaft, heute etwa „das Geld“,
der Erfolg, der Wohnstand?

Was ist das innere Pünktchen unseres Lebens?

Darauf gibt das heutige Evangelium,
ja mehr noch das Evangelium
des Hl. Abends - eine ganz klare Antwort.

Weihnachten ist eine Antwort, ist die Antwort:

Im Mittelpunkt – ein Kind!
Das innere Pünktchen ist: der Mensch, ist Jesus, ist Gott....

Weihnachten focussiert unser Leben
wieder ganz neu.

(Ein Gedanke, den ich dann nicht ausgeführt habe:
Das Kreuz steht -
auch wenn die Welt
sich dreht!“)

In Jesus,
im Kind,
im Menschen,
in der Liebe,
in der Freude,
in der Seligkeit,
hat Gott uns
das innere Pünktchen“
geschenkt.

Möge die frohe Botschaft
von Weihnachten
das Leben unserer Stadt,
unseres Landes, unserer Welt
neu zentrieren.

Aber all dies beginnt,
tief in meinem, in deinem, in unserem Herzen.