(c) Bistum Eichstätt, Pressestelle, Andreas Schneid |
Am Samstag spendete der Bischof von
Eichstätt, der Benediktinermönch Gregor Maria Hanke OSB seiner
benediktinischen Schwester Hildegard Dubnick OSB in der Kirche der
Eichstätter Benediktinerinnenabtei St. Walburg die Äbtissinnenweihe.
Huch, beinahe hätte ich geschrieben, das „Sakrament“ der
Äbtissinnenweihe aber natürlich ist mir klar, dass diese
„Weihe“ in Wahrheit eine Benediktion, eine Segnung ist. Wann hat
man schon mal die Gelegenheit eine solche Feier zu verfolgen? Die
Vorgängerin von Mutter Hildegard, Mutter Franziska Salesia Kloos
füllte dieses Amt schließlich 34 Jahre lang aus. Ob dem Eichstätter
Bischof ein solches geistliches Erlebnis in seiner Amtszeit noch ein
weiteres Mal gewährt wird?
So habe ich mit großem Interesse der
im Internet übertragenen Feier beigewohnt. Schwester Hildegard (übrigens aus Amerika), die
Anfang 2019 vom Konvent gewählt wurde, trug bereits ihr
Äbtissinnenkreuz. Zur Weihe legte sie sich flach vor den Altar,
während die Allerheiligenlitanei gesungen wurde, in der offenbar
bewusst die Namen des Hl. Romuald, des Hl. Bruno und vieler weiterer
Ordensgründer*innen eingefügt wurden. Als Zeichen der Hirtensorge
für den ihr anvertrauten Konvent bekam sie einen reich verzierten,
historischen Äbtissinnenstab überreicht. Dazu eine Ausgabe der
Regel des Hl. Benedikt, nach der sich die Schwestern in ihrem Leben
ausrichten. Als Zeichen ihrer Treue im Glauben und zum Konvent bekam
sie einen Ring angesteckt. Die Aufzeichnung des festlichen
Gottesdienstes können Sie übrigens bei youtube finden.
Mir ging während der feierlichen
Weihehandlung durch den Kopf, ob wohl irgendein unbefangener
Zuschauer ohne tiefe theologische Kenntnisse nach dieser Feier den
Unterschied zwischen Weihe und Benediktion irgendwem erklären
könnte? Vielleicht sollte man als Auswahlkriterium für das
Bischofsamts zur Bedingung machen, dass es dem Kandidaten gelänge,
dies seinem Friseur während des Haareschneidens begreiflich zu
machen und seiner Taxifahrerin auf dem Weg vom Bahnhof zum Dom zu
vermitteln, warum dieser Unterschied wichtig sein sollte.
Es wird ein schöner Zufall sein, dass
ich in diesen Tagen ein Büchlein über die Geschichte der Abtei St.
Walburg gelesen habe. Und darin auch wahrnehmen konnte, welche
Bedeutung und Macht die jeweilige Äbtissin in der Vergangenheit
hatte, bis dahin, das selbstverständlich auch die Pfarrer unter ihr
arbeiteten und von ihr eingesetzt wurden. Eine Tatsache, die heute
längst der Vergangenheit angehört. Die Geschichte der
Benediktinerinnenabtei St. Walburg spiegelt einige Höhen und Tiefen
der Kirchengeschichte und liest sich spannend wie ein historischer
Roman. Hochinteressant ist, wie sehr die Schwestern mit der Obrigkeit
immer wieder über Kreuz lagen, besonders dann, als die Obrigkeit
nicht mehr in den Händen der Kirchenoberen lag, aber durchaus auch
in der Zeit, als kirchliches und weltliches Amt ineinander fielen.
Während der Übertragung der
Äbtissinnenweihe fragte ich mich: „Was trägt denn der Bischof da
über seinem Messgewand?“ Eine Stola war es nicht und es brauchte
einiger Sucherei im Netz, bis mich ein kundiger Mensch aufklärte.
Das Ding heißt Rationale und es stammt als bischöfliches
Würdezeichen aus dem Mittelalter. Bis in die heutige Zeit hat das
Rationale oder „Superhumerale“ aber nur in vier Diözesen der
Welt überlebt, heute tragen es nur noch die Erzbischöfe von Krakau
und Paderborn sowie die Bischöfe von Toul-Nancy und eben: Eichstätt.
Dieses liturgische Gewandstück entstand im 9./10 Jh. unter
alttestamentlichem Einfluss. Als Vorbild dienten Efod und Choschen,
die kostbaren Teile des Gewandes des aaronitischen Hohenpriesters.
Das Rationale in Eichstätt besteht aus zwei, auf Brust und Rücken
getragenen, u-förmigen Elementen, die an der Schulter durch zwei
kreisförmige Textilstücke zusammengehalten werden. Stickereien
verweisen auf die geistlichen und weltlichen Tugenden: fides, spes,
caritas, prudentia, iustitia, fortitudo, temperantia, veritas,
disciplina (Glaube, Hoffnung, Liebe, Weisheit, Gerechtigkeit,
Tapferkeit, Mäßigung, Wahrheit, Ordnung). Bei der Äbtissinenweihe
trug Bischof Hanke jedoch keines der überlieferten historischen
Stücke, sondern ein schlichtes Exemplar aus dem Jahr 1984, gefertigt
im Franziskanerinnenkloster Dillingen von Sr. Animata Probst.
Wenn ich sowas erfahre, dann erwacht
der Historiker in mir, aber auch der Liturge und Theologe; ich
erinnere mich an den „Fanon“, ein liturgisches Kleidungsstück,
das Papst Benedikt aus einem historischen Kleiderschrank wieder hervor
gekramt hatte oder den Camauro, den er ein einziges Mal kurz vor
Weihnachten 2005 öffentlich trug. Oder ich lese voller Faszination
über die vielfältigen Gewänder, die orthodoxe Diakone, Priester
und Bischöfe tragen. Und wenn es nicht so teuer wäre, stände
Dieter Philippis Sammlungskatalog über die Kopfbedeckungen in
Glaube, Religion und Spiritualität längst in meinem Bücherschrank.
Faszinierend, was da quer durch die Zeiten an religiöser Kleidung bis
heute überliefert wurde. Allerdings, deren Sinnhaftigkeit möchte
ich meiner lieben Friseurin nicht erklären müssen. Zumal in Zeiten,
wo – allen Bemühungen von Karl Lagerfeld zum Trotz („Wer eine
Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“),
formale Bedeutungen einzelner Kleidungsstücke und deren Formen in
der Mode längst obsolet geworden sind.
Derweil tagt in Rom ein gewichtiger
Kreis von Bischöfen und Kardinälen mit dem Papst. Heute ist ihre
Konferenz zu Ende gegangen, mit der sie auf die vielfältigen
Missbrauchsskandale in der Kirche reagieren wollten. Auf dem
Höhepunkt der Versammlung wurde die Laienorganisation „Wir sind
Kirche“ befragt, ob sie mit dem bisherigen Verlauf zufrieden sei.
Die vom Papst zur Diskussion gestellten
21 Punkte könnten jedoch nur erste Schritte sein, um weltweit
verbindliche Standards für Prävention und den Umgang mit
Verdachtsfällen festzulegen, erklärte die "Wir sind Kirche".
In der "jetzigen existenziellen Krise" sei eine
fundamentale Neuausrichtung der Kirche nötig. Dazu gehörten die
Abschaffung des Pflichtzölibats, die Weihe von Frauen, eine andere
Sexualmoral und eine echte Gewaltenteilung in der
römisch-katholischen Kirche.
Mich würde ja interessieren, was
konkret das „Andere“ der geforderten neuen Sexualmoral ausmachen
soll. Sicher ist die Obsession der überlieferten katholischen
Moraltheologie für Fragen unter der Bettdecke oder auf dem
Lotterbett schon ziemlich speziell. Aber bei aller Kritik im Detail,
wer möchte wirklich eine „andere“ Sexualmoral. Es gibt doch
heute schon so ziemlich alles im sexuellen Bereich was man sich
denken kann und an katholische Verbote hält sich kaum ein Mensch
mehr. Mir kommt die formulierte Sexualmoral der Kirche manchmal so
vor wie die EU-DSGVO und andere europäische Normen, die derart ins
Detail alle Wechselfälle eines Themas zu regeln versuchen, dass
diejenigen, deren Rechte eigentlich geschützt werden sollen, sich
allzu schnell in den Details verstricken und am Ende lieber ohne als
mit DSGVO leben. Ich denke, diesen Fehler hat die Kirche mit ihrer
fein ziselierten Sexualmoral auch gemacht. Vielleicht müssen die
Bischöfe, wie ein guter Winzer oder Obstbauer ja wirklich hier und
da einen Zweig/eine Rebe abschneiden. Aber dennoch wünsche ich mir
keine andere Sexualmoral, sondern Bischöfe, die in all deren
Verästelungen den menschenfreundlichen Kern aufdecken und den
Menschen nahe bringen. Mit Behutsamkeit, guten Worten und nicht mit
dem Rohrstock und dem erhobenen Zeigefinger, den anlässlich der
zerstörten Glaubwürdigkeit der Kirche in all diesen Fragen eh
niemand mehr akzeptieren würde.
Kardinal Woelki bringt es auf eine
griffige Formel, wenn er mahnt, "Es ist nicht unsere Aufgabe,
jetzt selber eine neue Kirche zu erfinden", sagte der
Erzbischof. "Die Kirche ist keine Manövriermasse, die uns in
die Hände gegeben ist."
Vermutlich reagiert er auf „Wir sind
Kirche“, wenn er sagt: „Es ist nicht damit getan, den Zölibat
abzuschaffen. Es ist nicht damit getan, jetzt zu fordern, dass Frauen
zu den Ämtern zugelassen werden. Und es ist auch nicht damit getan,
zu sagen, wir müssen eine neue Sexualmoral haben".
Laut Kardinal Woelki gebe es Stimmen in der
Kirche, die es an der Zeit halten, "alles das, was bisher war,
über Bord zu werfen". "Ich halte das für
ein sehr gefährliches Wort." Die katholische Kirche stehe in
einer großen Tradition und gerade auch für das Überzeitliche.
Aufgabe der Bischöfe sei es, das von den Aposteln überkommene
Glaubensgut zu bewahren und in die Zeit hinein zu sagen.
Schöner kann man die Spannung wohl
nicht auf den Punkt bringen, die sich – auch – in der Diskussion
um die Missbrauchsfälle in der Kirche derzeit eher immer stärker
aufbaut als entlädt.
Es geht im Kern, um unsere Vorstellung
von der Kirche und deren Funktion und Aufgabe in der Welt, um die
gestritten wird und um die gestritten werden muss. Ein Streit, der im
Grunde schon viele Jahrhunderte alt ist, vermutlich gar Jahrtausende.
Spuren dieser Auseinandersetzung finden sich schon im Neuen
Testament.
Nein, ich bin eher nicht bei „Wir
sind Kirche“ und mehr bei Kardinal Woelki. Wir sind nicht berufen
eine „neue“ Kirche zu erfinden. Ich möchte auch die vielfältigen
Traditionen der alten Kirche nicht über Bord werfen, so schmerzlich
ich auch ihre Fehler aushalten muss. Fehler, die uns als Kirche ja an
jeder Theke und an jedem Stammtisch zu den Stichworten: Kreuzzüge,
Hexenverfolgungen, Reichtum der Kirche, das „Bodenpersonal“ und
aktuell „Missbrauchsskandal“ um die Ohren gehauen werden.
Der Papst hat mir hierfür in seiner
Abschlussrede zum Anti-Missbrauchsgipfel einen spirituellen Schlüssel
an die Hand gegeben: „In der Tat erblickt die Kirche in der
gerechtfertigten Wut der Menschen den Widerschein des Zornes Gottes,
der von diesen schändlichen Gottgeweihten verraten und geohrfeigt
wurde.“ Wie perfekt die Antwort der Kirche auf die verstörenden
Anfragen der Kirchengeschichte und der Missbrauchskrise auch
ausfallen mag, mit einer noch so ideal neu konstruierten Kirche kann
man die Schatten (und auch die Glanzpunkte) der Vergangenheit nicht
abstreifen. (Nach perfekter Antwort sieht es ja heute, zum Abschluss
des Gipfels nicht einmal aus.)
Ich möchte die reiche Tradition der
Kirche nicht missen. Mit all ihren Höhen und Tiefen gehört sie zu
uns und zu mir. Sie ist ein Schatz, auch in ihren dunklen Seiten.
Gerade in ihrem teils eklatanten Widerspruch zu biblischen
Traditionen zeigt sich doch auch ein Wandel und ein Lernprozess der
Kirche. Ihre Geschichte zeigt die Spuren von Sündern und Heiligen,
das eine kann es nicht ohne das Andere geben. Auch hier gilt der
Satz: „Wer sich des Vergangenen nicht erinnert, der ist dazu
verurteilt, es noch einmal zu erleben.“ Ein Neustart ist nicht
möglich, weder mit „sola scriptura“ noch mit jeden anderen
plakativen Leitwort.
Kirche ist, so haben wir das in unserer
Ausbildung gelernt: „Sakrament für die Welt“ – das
Grundsakrament überhaupt. Kirche ist in die Welt gesandt und nicht
nur zu den katholischen Gläubigen, die sie als Sakrament für sich
und ihren persönlichen Glauben annehmen und glauben. Sie hat eine
Sendung in die Welt hinein, diese „gott-voll“ zu machen, die
Spuren Gottes in der Welt zu entdecken und sie zum Leuchten zu
bringen. Sie hat eine Sendung in der Welt, die Frère Roger einmal so
umschrieb, dass wir als Christen gerufen seien, „Ferment der
Versöhnung“ unter den Menschen zu sein.
Dazu braucht sie eine tiefe, innere
Glaubwürdigkeit. Ist die einmal zerbrochen, so wird es schwer die
„frohe Botschaft“ zu den Menschen zu bringen. Niemand spürt das
heute deutlicher als der Papst, der –zu recht- auf den
entsetzlichen Missbrauch von Menschen in der ganzen Welt hinwies,
bevor er auf die Rolle der Kirche darin zu sprechen kam. Wie will die
Kirche ihrem Auftrag gerecht werden, die Schwachen zu schützen, wenn
die Schwachen nicht einmal in ihrem Innersten sicher sind? Es wird
ein langer Weg. Gut, dass es weltweit so viele Initiativen gibt, wo Christen
sich für die Schwachen ganz handfest einsetzen.
Kirche ist – in der Welt und für die
Welt. Daher gibt es immer den Auftrag, die Beschäftigung mit sich
selbst, mit Verwaltung, Kirchengeschichte und reiner Theologie nicht allzu wichtig zu nehmen, sondern immer zu schauen, inwieweit diese
Beschäftigungen und die äußere Gestalt der Kirche selbst, die
Gemeinde, die einzelne Einrichtung noch der Anspruch gerecht wird,
mit den Menschen Gott zu entdecken und im persönlichen, alltäglichen
Leben der Anforderung zu genügen, die sich daraus ergibt, dass wir
mit alten Worten bekennen: „Ich glaube an Gott, den Vater, den
Allmächtigen, Schöpfer des Himmels und der Erde und an Jesus
Christus...“
Ich glaube, es ist ein Fehler, wenn wir
beispielsweise um die Verwendung der roten Papstschuhe, der Mozetta
oder des Rationale streiten, als ginge es um den Kern des Evangeliums
selbst. Es ist ein Fehler, wenn wir so tun, als ginge mit der
Kommunionspendung an ein in zweiter Ehe verheiratetes Paar das 6.
Gebot vollends in die Knie und als sei das Verbot der Weihe einer Frau zum
Diakon der Grundstein, auf den die Kirche errichtet sei. Es gibt doch
so etwas wie eine Hierarchie der Dogmen und Lehren und nicht für
jede Meinung muss ein jeder Katholik, selbst wenn er Bischof ist,
gemaßregelt und exkommuniziert werden. Über die menschliche und
göttliche Natur Jesu Christi haben Nikolaus und Arius handgreiflich (und berechtigt) gestritten, aber heute können verheiratete Priester eine Hl. Messe
zu Ehren des Hl. Wundertäters Nikolaus zelebrieren ohne dass dieser
sich im Himmel beklagen würde, dass ein Priester doch besser
unverheiratet sei.
Es gibt auch bei Wahrung der heutigen
Gestalt der Kirche zahlreiche Möglichkeiten, die Kirche vom Kopf auf
die Füße zu stellen, ohne dass der Glaube selbst dabei in Gefahr
geriete.
Leitend sollte dabei jederzeit sein,
was der Papst in seiner Rede zum Abschluss des Anti-Missbrauchsgipfels
sehr deutlich gemacht hat: „Der Schutz von Kindern steht über dem
Schutz der Kirche“. Es muss bei allem, was Menschen, Laien wie
Kleriker in der Kirche tun, stets nur um Eines gehen: den Menschen
die frohe Botschaft von Gott, von Jesus Christus zu bringen. Wenn der
Erhalt kirchlicher Strukturen diesem Ziel im Wege steht oder wenn
sich lieb gewordene kirchliche Aktivitäten in soweit verselbständigt
haben, dass sie ganz anderen Zielen dienen, dann muss sich etwas
ändern. Es macht keinen Sinn, die Kirche auf Erden heilig zu nennen
und für sakrosankt zu erklären. Sie ist heilig in ähnlicher Weise,
wie das in der Bibel beschriebene himmlische Jerusalem das heilige
Urbild einer sehr vielfältigen und auch zerstrittenen irdischen
Stadt darstellt.
Viele sind unzufrieden mit der Kirche,
weil (noch) wenige konkrete Taten und Veränderungen sichtbar sind.
Gerade auch jetzt nach dem Gipfel in Rom. Ich glaube nicht daran,
dass die Veränderungen sich in einer Aufhebung des Zölibats oder
einer Weihe von Frauen erschöpfen können. Ob das sinnvoll ist,
darüber kann man ganz verschiedene Auffassungen entwickeln. Aber da
geht es den Akteuren doch auch nur darum (trotz pro und trotz contra)
eine vertraute Kirche zu bewahren oder ein wünschenswertes
Kirchenbild herzustellen. Aber es dreht sich alles allein um die
Gestalt der Kirche an sich. Dabei verändert sich die Kirche aktuell
so stark, dass es manchem den Atem nimmt und ein Ende ist nicht in
Sicht. (Fusionsprozesse, Vertrauensverlust, Kirchenaustritte,
Prävention, Wandel in den Organisationsstrukturen). Nur die
Veränderungen bei den heißen Eisen, die wird es wohl nicht von
heute auf morgen geben und der Frust ist für die nächsten 5, 10
oder 20 Jahre vorprogrammiert, bei all jenen, die nur dafür kämpfen.
Viel wesentlicher wäre ein Aufbruch
mit Blick auf die Sendung der Kirche. Hier ist sehr viel möglich mit
Blick darauf, was wir in wenigen Tagen wieder vom Evangelium, von
Jesus her zugesprochen bekommen: „Bekehre Dich und glaube an das
Evangelium!“ oder „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist
nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“
Wir dürfen nicht warten bis zum „St.
Nimmerleins-Tag“. Das Reich Gottes ist nahe! Wie auch immer das nun
gemeint ist, aber Jesus fordert uns auf zu Handeln, als sei es morgen
schon soweit. Nicht überstürzt, sondern sorgfältig und durchdacht
und immer ausgerichtet auf das Evangelium. Kehrt um, das bedeutet
auch nicht: Geht stumpf zurück zu den Traditionen. Jesus will
Veränderung, Neubeginn im Licht des Evangeliums.
Es geht darum, wie Kardinal Woelki so
schön sagt, das „von den Aposteln überkommene Glaubensgut“ neu
„in die Zeit hinein zu sagen.“ Dafür sollten wir mutige Schritte
tun. Das Leben eines Priesters in Deutschland kann sich von Grund auf
verändern, ohne dass dabei die sakramentale Struktur der Kirche in
Gefahr käme. Auch die innere Organisation und Gestalt einer
katholischen Pfarrei kann sich zutiefst wandeln. Es geht hier oftmals
nur um lieb gewordene Bräuche und Haltungen, die allenfalls 50 Jahre
Tradition für sich beanspruchen könnten. Schon vor 150 Jahren war
die Welt der Kirche eine völlig andere. Und auch mancher Piusbruder
würde die Kirche des ausgehenden Barock mit Tränen in den Augen
verlassen.
Was spräche eigentlich dagegen, wenn
heute Laien in die Fußspuren der Eichstätter Äbtissinnen träten
und sich beispielsweise um die Organisation eines Kindergartens
kümmerten, während der Pfarrer dort den Kindern von Jesus und vom
Hl. Franziskus erzählt? Wenn Laien sich um die Renovierung der Orgel
kümmern und die notwendigen Zuschüsse für die Renovierung des
Kirchendachs beim Bistum einfordern und ein regelmäßiges
Stundengebet organisieren oder den Seniorennachmittag, während der
Pfarrer dort zuvor das Sakrament der Krankensalbung spendet.
Natürlich folgt man dem Pfarrer in der Frage, ob an jedem Wochentag
eine Hl. Messe gefeiert werden kann und auch dann, wenn einige Leute
meinen, dieser könne besser Seniorenbesuche machen, statt Samstag
für Samstag fast sinnlos im Beichtstuhl zu sitzen, weil kaum einer
kommt. Aber heute erwarten wir von unseren Pfarrern Wegweisung in
lauter Fragen, die mit seinem geistlichen Leitungsamt im Grunde
nichts zu tun haben. Bis dahin, dass er die Schlüssel für das
Pfarrheim vergibt.
Jeder Weg, das Amt des Priesters
attraktiver zu machen durch eine größere entscheidende und
bestimmende Macht über Menschen und Werte führt in den
Klerikalismus und in die Irre. Attraktiver (für die richtigen
Personen) machen das Amt des Priesters alle Maßnahmen, die dazu
beitragen, dass er sein Amt als Priester, Lehrer und Hirte im Sinne
Jesu ausüben kann. Der ja sogar die Verwaltung des Vermögens in die
Hände des Judas legte.
Alle andere Macht sollten die Priester
und vor allem auch die Bischöfe mit Klugheit und Gelassenheit aus
der Hand geben. Dann, so hoffe ich, wird der Kirche auch wieder die
Glaubwürdigkeit zuwachsen, die sie so dringend braucht, um dem
Auftrag Jesu Christi gerecht zu werden. Und ich hoffe, dass die
Gemeinde sich bei der Bischofsweihe des neuen Bischofs von Eichstätt
an einem neuen Rationale aus der Paramentenwerkstatt der
Benediktinerinnen von Mariendonk erfreuen kann. Warum nicht?
Gelobt sei Jesus Christus!