Montag, 8. Dezember 2014

Mein Beitrag zur Plaßmann - Challenge: Was macht man so - als Christ?

An Thomas Plaßmann gefällt mir sehr, dass er – beiläufig und ganz “normal” – auch christliche Alltagsthemen mit spitzer Feder aufspießt. Da kriegt jede(r) sein Fett weg, ob es der Papst ist oder einer wie ich als “normaler” Christ. Aber es ist nie unfair und gemein!

Die Karikatur zur Plaßmann – Challenge kannte ich schon, und ich kenne auch solche Gesprächssituationen. Eine erste Antwort fällt mir dann leicht, denn viele wissen: “Der ist Pastoralreferent.” Ich habe ja mein Christentum, den Ruf Jesu zum Beruf gemacht. Wobei ich Beruf jetzt nicht so sehr im Sinne von Broterwerb verstehe, sondern im Sinne von Berufung. Als etwas älterer Jugendlicher habe ich mich sehr ernsthaft mit diesem Ruf Jesu auseinandergesetzt und wollte schon in ein Kloster eintreten. Taizé hat mich damals fasziniert, aber auch die Franziskaner, später eher ein kontemplativer Orden. Aber meine Vorstellungen vom Ordensleben waren damals noch zu idealistisch, so ist es am Ende “nur” Pastoralreferent geworden… und später Ehemann und Vater von vier Kindern.

Die Situation, die Plassman anspitzt, kenne ich trotzdem. Meist wissen die Leute ja um meinen Beruf, und das macht es einfacher, über religiöse Themen zu sprechen. Manche nutzen auch die Gelegenheit, gezielt den Glauben zum Thema zu machen, andere meinen: “Du musst ja so reden, als “Kirchenmann”. Die Frage, was man da so macht, könnte ich dann leicht mit einem Verweis auf meine beruflichen Tätigkeiten beantworten. Menschen besuchen, Beerdigungen, Erstkommunionkatechese, Familiengottesdienste, Schokonikolausaktion, Firmkatechese, Kinder- und Jugendarbeit, Planung einer Freizeit auf Ameland u.v.m…

Aber ich denke, die Frage aus der Karikatur zielt eher aufs “Eingemachte” und nicht aufs “Offensichtliche”. Was mache ich als Christ?
Zunächst einmal “Beten”. Mir ist es wichtig, sonntags aber auch wochentags zur Kirche zu gehen, mit anderen Christen Eucharistie zu feiern. Genauso bedeutsam ist für mich aber das regelmäßige Gebet. Es fällt bei mir meist kurz aus, ab und an bete ich zwar auch das Stundengebet, den Rosenkranz, das Herzensgebet; meist aber nehme ich mein Leben ins Gebet und die Menschen, deren Anliegen und Sorgen mich anrühren. Die können ganz in der Nähe sein, aber auch weit weg, z.B. in Uganda, wo ein Freund von mir als Priester tätig ist. Oder ich bete für die Menschen, die unter dem Terror der IS-Milizen grausam leiden, für den Menschen, der bei Facebook um ein Gebet bittet, oder jemanden, dessen Schicksal mir eine Zeitung nahe brachte.

“Wer glaubt, ist nie allein”, das ist, so erinnere ich mich, ein Wort von Papst Benedikt XVI. So erfahre ich es auch im alltäglichen Leben. Ich rechne mit der Präsenz Gottes, der nicht nur dann da ist, wenn zwei oder drei sich in seinem Namen versammeln, sondern auch, wenn ich einem anderen Menschen begegne. Gott ist mir nahe, diese Überzeugung verlässt mich nicht. Das ist ein Geschenk! Er bleibt da, auch im vergangenen Jahr, wo ich gegen eine Krebserkrankung zu kämpfen hatte. Für mich ist er allerdings kein Gott, der die Welt eigenhändig wie ein großer Marionettenspieler bedient, sondern Gott, der die Welt erschaffen hat und ihr eine geheimnisvolle Ordnung eingepflanzt hat. Jeden Tag neu darf ich an dieser Welt mit bauen, und wenn es mein Widerstand gegen Unrecht ist oder der Kampf gegen eine Krankheit, oder der Versuch mit einer schwierigen Situation fertig zu werden. Ich rechne mit meinem Gott, nicht damit, dass er alles umkrempelt und zum Guten wendet, aber dass er immer da ist, an meiner Seite und meine Nöte und Sorgen hört und mir Frieden (und Kraft für den nächsten Schritt) schenkt.

“Wenn ich einen Grashalm beobachte, dann werde ich fromm.” Das hat mir vor einigen Monaten ein sehr talentierter Grafikdesigner gesagt, inzwischen ist er mit weit über 80 Jahren verstorben. Ich könnte es nicht schöner sagen, in der Schöpfung finde ich die Spuren Gottes. Ich versuche täglich mein (und unser) Tun (als Menschen) mit den Augen Gottes, also im großen Zusammenhang zu sehen. Die Natur schenkt mir inneren Frieden und lässt mich immer wieder staunen. Aber ich sehe auch mit großer Sorge, dass es uns Menschen nicht gelingt, diesen großen Garten Gottes zu bebauen und zu bewahren. Und auch, wie viel Grausamkeit und Ungerechtigkeit in dieser unserer Welt herrscht. Das alles kann ich nur aushalten in der Hoffnung auf einen Gott, der mit uns geht und der uns hilft, alles zum Guten zu wenden.

Als Christ rede ich gern mit Menschen, auch in sozialen Netzwerken. Nur in der Begegnung mit Anderen werde ich ganz. Daher schreibe ich auch ab und an einen Artikel für mein Blog. Meist geht es um Themen, die mich selbst beschäftigen, die ich durchdenken möchte. Irgendwann ist das Thema dann reif und ein Text entsteht. Früher habe ich das nur für mich gemacht, um etwas zu klären und zu Ende zu denken. Heute stelle ich es ins Netz und ich bekomme ab und an die schöne Rückmeldung, dass es auch für andere hilfreich war. “Du hast komische Hobbys”, meinte kürzlich mal jemand dazu.

Ich möchte gern etwas weitergeben von diesem Leben mit Gott. Jesus hat uns einen guten Weg gezeigt, wie unser Leben – mit den Anderen – und inmitten der Schöpfung gelingen kann. Ich freue mich über die Gemeinde und über meine Kirche, die mir einen Rahmen und einen Raum für dieses Leben schenkt. Zusammen mit Anderen suche ich Gelegenheiten, Räume, Aktionen, Medien, wo Gott zur Sprache kommen kann und wo man nicht unsicher zusammenstehend mit den Füßen scharrt, wenn die Rede auf das Thema Glaube kommt. Schön wäre es, wenn es dort mehr und mehr heißt: Du bist Christ, erzähl doch mal! Und dass mir dann die richtige Antwort einfällt, aber nicht nur mir, sondern Dir auch, und Dir und Dir…

Markus Gehling, 47 Jahre alt, gebürtig aus dem Münsterland (Vreden), seit 23 Jahren Pastoralreferent im Bistum Münster, Imker, Hobbyfotograf. Bloggt privat und katholisch auf kreuzzeichen.blogspot.de, verheiratet, vier Kinder. Theologische Hobbys: Klosterleben und Bischof Nikolaus.

Alle Beiträge zur Plaßmann - Challenge lassen sich von hier aus finden: http://sende-zeit.de/2014/12/die-plassmann-challenge-markus-gehlings-antwort/

Freitag, 5. Dezember 2014

Steh auf! Nikolaus!

Nikolaus von Martina Reimann, Voerde
Der Nikolaus ist ein "Stehaufmännchen". Das belegen die zahlreiche Legenden, die von seinen Taten berichten... aber das belegt auch die Kirchengeschichte ein ums andere Mal. 

Hinter dem heutigen Adventskalendertürchen verbirgt sich die Möglichkeit für mich, einmal ausführlich über meinen Lieblingsheiligen zu sinnieren, dessen Gedenktag wir heute (nicht nur liturgisch) feiern dürfen. Das morgige Türchen (7) öffnet sich bei http://kephas.de. Das Türchen von gestern (5) ist hier: http://lara-liest.blogspot.de

Ein Überflieger - Überheiliger

Im Laufe der Jahrhunderte war Nikolaus zu einem "absoluten Heiligen" geworden, die Ostkirche verehrt ihn als "apostelgleich" oder als "hyperhagios", einen "Überheiligen". In der Bilderwand (Ikonostase) einer russisch-orthodoxen Kirche zeigt die größe Heiligenikone (nach Maria) meist den Hl. Nikolaus. Ein bulgarisches Sprichwort sagt (so charmant wie theologisch schräg): „Wenn Gott stirbt, dann wählen wir den heiligen Nikolaus zu seinem Nachfolger!"
Nikolaus Name war auch in der westlichen Kirche in aller Munde und dies schon lange, bevor Leute aus Bari (in Italien) im April 1087 die Gebeine des Heiligen "vor den anrückenden Muslimen retteten" oder aber – je nach Geschichtsdeutung – schlicht für den höheren Ruhm Bari's "mitgehen" ließen. 

Nikolausemail von Egino Weinert
Die liturgische Degradierung des Nikolaus

Was jedoch die "Architekten" der Liturgiereform und des erneuerten Römischen Kalenders geritten hat, den Gedenktag des populären Heiligen vom allgemein gebotenen Gedenktag zu einem Nullachtfünfzehn – Gedenktag herabzustufen, wird wohl kaum zu ergründen sein. Ob es daran lag, dass die Liturgiker feststellten, dass man "historisch" trotz aller Legenden wenig über Nikolaus weiß? Eine Geburts- und Weiheurkunde ließ sich wohl in keinem vatikanischen Archiv auftreiben. Daher muss dieser Fauxpas wohl in einem Zusammenhang mit Plänen gesehen werden, die beliebten Festtage der Hl. Christophorus, Barbara, Ursula und Katharina ganz zu streichen, weil deren historische Existenz nicht mehr nachzuweisen war. (Gott sei Dank hat man sich das doch nicht getraut). Aber dennoch: heute könnte also ein Pfarrer am 6. Dezember 2014 die Messe feiern, ohne den Hl. Bischof und Bekenner Nikolaus überhaupt mit einem Wort zu erwähnen. Wird aber hoffentlich keiner tun, denn die Popularität des Bischofs von Myra macht aus dem kleinen g im Direktorium (Verzeichnis der liturgischen Festtage) ein gefühltes großes G. Heiligsprechungen wurden in der frühen Kirche ja auch nicht durch den Papst vorgenommen, sondern durch die erkennbare Verehrung eines Heiligen durch die Gläubigen.
So hat sich Nikolaus bis heute seiner liturgischen Degradierung widersetzt. 

Der Heilige – ein Mythos?

Über den historischen Nikolaus wissen wir wirklich wenig, seine Verehrung in der Ostkirche ist schon um das Jahr 550 belegt, in der Westkirche vom frühen achten Jahrhundert an. Der Gründerbischof des Bistums Münster, der Hl. Liudger brachte die Verehrung des Hl. Nikolaus über die Alpen und weihte ihm noch vor dem Jahr 800 eine Nikolauskirche in Billerbeck. Im reichen Bestand der Legenden (der in der Orthodoxie noch umfassender ist) ging die historische Wahrheit aber schnell "flöten".  Die Fachleute sagen, dass den Freunden des Heiligen manche Verwechslung unterlaufen ist. So wissen wir heute, dass die Geschichten über zwei Personen ineinander geflossen sind. Daher hat der heutige Nikolaus eigentlich zwei Väter, nämlich den Hl. Abt Nikolaus von Sion (was ganz in der Nähe von Myra lag) und den Hl. Nikolaus der im 4. Jahrhundert Bischof von Myra war. Wobei nicht mal sicher ist, ob Nikolaus sein Name oder nur ein Ehrentitel war. Der Onkel des zuvor genannten Hl. Abtes hieß ausgerechnet auch noch: Nikolaus und war: Bischof von Myra. Das macht die Verwirrung komplett – und war so komplett, das man heute nicht mehr trennen kann, welche Legenden nun wirklich zu "unserem" Nikolaus gehören. Manch einer möchte ihn daher gleich als "Märchenfigur" abtun. Aber das ist voreilig, denn die Nikolauslegenden enthalten weit mehr "Wahrheit" als in den Daten und Fakten eines Einwohnermeldeamtes festzuhalten wäre.

Nikolaus besiegt den Kanibalen!

Klassische Nikolausdarstellungen zeigen ihn als Bischof mit Evangelienbuch und drei goldenen Kugeln, was an die stille Hilfe für die drei Mädchen in großer Not erinnert. Eine andere Darstellung nimmt Bezug auf eine Legende über den Hl. Nikolaus als "Kinderfreund". Die ursprüngliche Legende ist jedoch wenig "kinderfreundlich" und vermutlich nicht mal jugendfrei, denn sie schildert, wie ein Wirt drei Schüler ermordet und sie in Salzlake einpökelt - um sie heimlich seinen Gästen anzubieten. Brrr! Der Bischof kommt ihm auf die Schliche und erweckt die Drei wieder zum Leben. Dargestellt wird das meist durch drei Kinder in einer Art Badezuber, die lieblich zu Füßen des Heiligen sitzen. Möglicherweise hat seine Verehrung als Kinderfreund auch mit diesen Bildnissen zu tun, vergleichbar mit dem irgendwann zum Schwein gewordenen Dämon in der Darstellung des Hl. Antonius, der daraufhin zum Schutzpatron der Schweine wurde. Ich denke, es hat den Schweinen nicht geschadet.

Nikolaus, ein Glaubenswächter wird handgreiflich!

Wenig bekannt ist, dass der Name des Hl. Bischofs von Myra in etlichen Listen der Teilnehmer des Konzils von Nicäa überliefert ist. Diese Geschichte wird normalerweise heute nicht erzählt, sie ist dennoch interessant: 
Im Jahr 325 berief Kaiser Konstantin I. das Konzil von Nicäa ein, an dem auch der Bischof Nikolaus teilnahm. Ein gewisser Arius lehnte die Lehre von der Dreifaltigkeit ab und zog mit seiner Argumentation viele der fast 300 Bischöfe auf seine Seite. Die Überlieferung besagt, dass Nikolaus über diese Irrlehre sehr wütend wurde. Er stand auf und verpasste Arius eine schallende Ohrfeige. Dafür wurde er zunächst bestraft und musste das äußere Zeichen seiner Bischofswürde, das Omophorion, abnehmen. Doch in der Nacht erschienen dem Vorsteher des Konzils die Gottesmutter mit Jesus im Traum und sprachen: “Der morgige Tag wird Nikolaus rechtfertigen.” Und wirklich: Arius wurde als Irrlehrer erkannt und das Dogma der Dreifaltigkeit setzte sich durch. So kann man in Nikolaus sicher einen der Mitbegründer unseres Glaubens an die Trinität sehen. 

Nikolaus besiegt sogar Martin Luther!

Nicht einmal Martin Luther hat es geschafft, seinen Protestanten die Freude am Hl. Nikolaus auszutreiben. Auch in der eigenen Familie gelang ihm das nicht. Während er den Nikolausbrauch in einer Predigt am Nikolaustag 1527 als "kyndisch Ding" ablehnte - weist seine private Haushaltsrechnung auch 1535 noch Nikolausgeschenke für Frau, Kinder und Gesinde aus. Der wortgewaltige Prediger ordnete sich im normalen Leben offensichtlich den kraftvollen Bräuchen unter. Da wundert es nicht, dass der gestrenge Reformator auch seine Protestanten nicht so leicht überzeugen konnte. Auch der Trick, die Geschenke – reformtheologisch sauber - dem "Hl. Christ" zuzuordnen (woraus später das geschenkebringende Christkind wurde (das dann in Nürnberg gar zu einem Hyperengel mutierte)) half nicht. Eine Art "Nikolaus" musste auch zu Luthers Jüngern weiter kommen und Geschenke bringen, bei denen der eigentliche Geber im Verborgenen blieb. Auch konnte er den kleinen Bengels vielleicht beiläufig die ein oder andere Tugend vermitteln und die vergeblichen Erziehungsbemühungen der Eltern wirkungsvoll unterstützen. So verlor der Heilige Bischof zwar seine katholischen und christlichen Insignien, als Nikolaus blieb er aber aktiv, wie uns seine Darstellung im Struwelpeter heute noch lebendig vor Augen führt. Das ist im Jahre 1845 schon ein säkularisierter Nikolaus. 

Nikolaus widersteht den Calvinisten

(c) Jan Arkesteijn / Wikipedia
Noch erfolgloser war der reformierte (calvinistische) Zweig des Protestantismus in den Niederlanden. Während sich der neue Glaube (mit dem Ende der spanischen Herrschaft) erfolgreich verbreitete, blieb der Nikolaus als katholischer Bischof bis auf den heutigen Tag im Brauchtum lebendig. Zu eng war das wasserreiche Land der Hanse und dem Schutzpatron der Schiffahrt verbunden, als dass man ihn aufgeben würde. So kommt Sinterklaas allen Reformatoren zum Trotz Jahr für Jahr per Schiff aus Spanien und der Bescherungstag blieb am Vorabend seines Festtages für die kleinen Niederländer erhalten. Aus Utrecht ist belegt, dass reiche Bürger, Geldstücke in den Schuhen verbargen, damit die Armen diese Opfergaben am Nikolaustag selbst erhielten.

Dem Hl. Nikolaus konnten die Wechselfälle der Geschichte offensichtlich wenig anhaben, er steht immer wieder auf und ist in den Herzen der Menschen durch die Jahrhunderte lebendig. 

Nikolaus sticht in See!

(c) Thomas Nast / Wikipedia
Mit den seefahrenden Holländern überquerte Nikolaus den großen Ozean und fand sich plötzlich inmitten einer bunten konfessionellen Mischung im Hafen von Neu Amsterdam, dem späteren New York wieder. In dieser Atmosphäre holte der niederländische Nikolaus das Schicksal seines deutschen Bruders schnell nach. Aus Sinterclaas wurde Santa Claus, der vorbildliche Nikolaus mutierte Schritt für Schritt zum Weihnachtsmann. 

Mehr Gemütlichkeit: Schlummermütze und kuscheliger Bademantel

Wie aus den bischöflichen Gewändern ein roter, plüschbesetzter Bademantel und aus der Mitra eine Zipfelmütze wurde, darüber gibt es manche Legenden. Belegt ist, dass der amerikanische Zeichner Thomas Nast 1862 den Santa Claus zeichnete. Da hatte er eine gewisse Ähnlichkeit mit seinem säkularen Bruder aus dem Struwwelpeter. Die rote Farbe setzte sich erst nach und nach gegen grüne und blaue Varianten durch, aber von 1880 an nutze Nast "seine" Figur in rot (was auch in den neuen Möglichkeiten des Farbdrucks begründet sein dürfte). Seinen endgültigen Phänotyp entwickelte die Märchen- und Verkaufsfigur erst später durch den Pinsel des Coca – Cola – Designers Haddon Sundbloom, der den Weihnachtsmann als dickbäuchigen gemütlichen Alten neu erschuf und über Jahrzehnte für die amerikanische Brause und der Werbung hierfür vereinnahmte.
(c) obs/Coca-Cola AG

Die Russen kommen! Nikolaeske Farbmischungen!

Unter Volkskundlern ist umstritten, inwieweit der im Osten und im Norden Europas präsente Figur des "Väterchen Frost" (russisch Ded Moros) mit dem Hl. Nikolaus "verschmolzen" ist. Er ist eine ursprünglich russische (jahrhundertealte) Märchenfigur, der in der Neujahrsnacht die Kinder beschenkte. Bis heute tritt er in Russland als "erblaute" oder verfrorene Variante des Weihnachtsmannes in Erscheinung. So wie der Weihnachtsmann seine Entstehung letztlich der bunten Mischung unterschiedlicher Christentümer in Amerika und irgendwie (wider Willen) auch der Reformation Martin Luthers  verdankt, so wurde Väterchen Frost durch die antichristlichen Maßnahmen der Kommunisten richtig "groß". Inzwischen ist hat sich Väterchen Frost von seinem kommunistischen Dünger genau wieder befreit; so wie es in Amerika "Santa Claus" mit seinen christlichen Wurzeln getan hat. Amüsanterweise vermischen sich selbst in
(c) Wikipedia
Russland die Traditionen; das Weihnachtsmannrot färbt inzwischen Väterchen Frost und manche Winterromantik bei uns nimmt dem Weihnachtsmann etwas von seinem Rot. Und es ist nicht einmal auszuschließen, dass ein Nikolaus im roten Chormantel seine "Farbe" der Weihnachtsmann-Tradition verdankt und auch sein Bart dank des Weihnachtsmannes an Länge und Volumen gewonnen hat. 

Beim Barte des Nikolaus

Es mag verwundern, aber es gibt in der westlichen Kirche mindestens so viele Nikolausbilder mit wie ohne Bart. Daher wirkte ein kürzlich entfachter Streit um den Vorschlag eines katholischen Jugendverbandes, einen Nikolaus ohne Bart auftreten zu lassen doch etwas skuril. Zahlreiche altehrwürdige Kunstwerke zeigen ihn so, währen der Bischof auf den Ikonen des Ostens in der Regel einen gut gestutzten weißen Vollbart. Wir werden sehen, ob der von den Russen so sehr verehrte Bischof der kommunistischen Kommerztradition demnächst Widerstand leistet.

Rechts: Nikolaus von Lorenzo di Credi
Wir sehen, dass dem Weihnachtsmann ein ähnliches Schicksal beschieden war, wie es auch Nikolaus viel früher erleben musste. Aus zwei Figuren wurde eins. Nur bei Nikolaus handelt es sich um reale Personen. Und seine Legenden sind keine Märchen, sondern sie künden vom Evangelium und von Ereignissen und Glaubenserfahrungen der Menschen. 

Der Weihnachtsmann als Kitschmagnet!

Mögen wir als Christen (wissend um die Hintergründe) die kommerzielle Werbefigur auch ablehnen und "weihnachtsmannfreie Zonen" ausrufen. Wir sollten trotzdem seine Verdienste nicht schmälern. Denn er bewahrt seit Jahrzehten den Nikolaus vor allerlei Verkitschung und manchem Klamauk. Wer sich einmal aus einer gewissen Distanz das vielfältige Nikolausbrauchtum in ganz Europa anschaut, der wird auch manches finden, was sich mit dem Christentum und der menschenfreundlichen Botschaft des Bischofs von Myra nur schwer vereinbaren läßt. Was wäre wohl aus dem Nikolaus geworden, wenn der Weihnachtsmann nicht als Kitschmagnet gewirkt hätte und es uns ermöglicht hätte, den Heiligen Bischof aus Myra neu zu entdecken und sein Brauchtum neu zu gestalten. "Danke Weihnachtsmann, friere Du ruhig den ganzen Advent lang vor dem
Weihnachtsmann in Bad Windsheim
Kaufhauseingang, schenke Du ruhig meinen Kindern Bonbons und Schokolade... So habe ich die Chance, den Kindern in der Schule oder im Kindergarten von den großen Taten des Heiligen zu berichten und sie zu ermuntern, in seinen Fußstapfen zu gehen. So können sie lernen, die Not ihrer Nächsten zu sehen, zu teilen und sich ihrer anzunehmen."
Ob das Sinterklaas mit all seinen Pieten in Holland auch wohl hinbekommt, wo er jedes kommerzielle Angebot der Vorweihnachtszeit zu schmücken hat? Jedenfalls von Mitte November bis zum 6. Dezember, wo das Sinterklaasgeschäft in den Niederlanden zu Ende geht. Dazu beschäftigen sich die Niederländer viel zu viel mit dem Streit um die angeblich "rassistische" Figur des Zwarte Piet und vergessen die Botschaft des Heiligen darüber. 

Nikolaus wird siegen! (Niko-Laos/Νικόλαος = Sieger des Volkes)

Nikolausfigur aus Boldixum
Die Gestalt und die Legenden des Hl. Nikolaus entfalten bis zum heutigen Tage eine ganz erstaunliche Wirkung. So wie der Hl. Martin wird auch der Hl. Nikolaus im christlichen Brauchtum zum Urbild eines Heiligen überhaupt. An ihnen konnte man (nicht nur) den Kindern leicht erklären, was christliches Leben bedeutet.

Der wahre Kinderfreund war Nikolaus zu seiner Zeit und in seiner Folge sind es viele, die in dessen Fußspuren (und in seiner Gestalt) die Botschaft weiter immer sagten und auch ganz handfest spürbar machten. Letztendlich wird sich Nikolaus als "Stehaufmännchen" erweisen. Und wir können mithelfen, wenn wir ihn und seine Botschaft der Mitmenschlichkeit überzeugend und fröhlich und nicht miesepetrig und miesmachend den Leuten anbieten.

Nikolaus steht für die Freude am Schenken (ohne Dankbarkeit zu erwarten), weil wir alle von Gott reich beschenkt sind. Nikolaus steht für Gerechtigkeit, für Hilfe in höchster Not, für persönliche Bescheidenheit und die Bereitschaft zu teilen. Nikolaus praktiziert stille Aufmerksamkeit für die Not der Nächsten und die Sorgen derer, die ihm anvertraut sind. Oft erscheint er im Namen Gottes als Retter in höchster Not. Und er steht fest verwurzelt im Glauben an Christus, den er sich nicht beschneiden lassen möchte, weder von Arius noch von manchem seiner Nachfolger bis in die heutige Zeit.

Nikolausikone, vor 1180
St. Johann, Burtscheid
Voneinander getrennt und doch verbunden: Nikolaus baut eine Brücke zwischen den beiden "Lungenflügeln" der Kirche, der des Westens und der des Ostens. Er zeigt sich als Brückenbauer zu unseren orthodoxen Schwestern und Brüdern. Er baut aber auch Brücken in eine zunehmend säkulare Lebenswelt, er öffnet Türen zum Glauben, weil er auf ganz einfache Weise zeigt, wie Kirche ist (oder sein könnte) und dass Christusnachfolge keine komplizierte Theologie erfordert. Papst Benedikt formulierte diesen Gedanken so: "Der Glaube ist einfach. Glauben heißt Jesus Christus vertrauen. Er offenbart uns den Vater und zeigt uns den Weg zum wahren, glücklichen Leben. Öffnen wir Christus unser Herz und lernen wir von Ihm, so Mensch zu sein, wie Gott es will. (Angelus, 6. Juli 2008).

Auf diesem Weg öffnet uns der Hl. Nikolaus eine Tür. Hoffentlich auch mit diesem Adventskalenderbeitrag. 

Morgen geht es weiter bei: http://kephas.de

Zur Nikolausverehrung: www.michaelhesemann.info/7_1_1.html