Donnerstag, 11. Mai 2017

Mehr Frauen am Altar? Gedanken zum Tag der Diakonin

In diesem Jahr gilt es ein Negativjubiläum zu feiern. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart veröffentlichte dazu einen Videobeitrag: „Vor 20 Jahren startete ein bundesweites Netzwerk katholischer Verbände in Stuttgart einen Kampf. Die Forderung: Auch Frauen sollen im Diakonenamt tätig sein dürfen. Das ist in der katholischen Kirche den Männern vorbehalten - bis heute. Zwar dürfen Frauen diakonische Aufgaben übernehmen. Als Diakoninnen geweiht werden können sie aber nicht.“

Im Kontext dieses Jubiläums wurden zahlreiche drängende und bedauernde Reden gehalten und Beiträge geschrieben. 

Dabei ist das Problem ja eigentlich schon gelöst, denn eine Art von Diakoninnenweihe gibt es schon seit langer Zeit. Nein, nicht in der evangelischen Kirche, die einige Mitarbeiterinnen so bezeichnet, sondern tatsächlich bei uns Katholiken. Allerdings in einem „Reservat“, das gemeinhin nicht für Gesprächigkeit bekannt ist. Vielleicht weiß auch deshalb kaum jemand, dass es in den Kartäuserinnenklöstern eine Art Diakoninnenweihe gibt. Leider sind in der Literatur hierzu wenige Informationen zu finden. Im Grunde handelt es sich hierbei um eine besondere Form der Jungfrauenweihe, die ja inzwischen auch außerhalb von Klöstern wieder neu entdeckt wurde. Für die Feier der Jungfrauenbenediktion kommt der jeweilige Ortsbischof in die Kartause. Zu den äußeren Zeichen dieser nicht sakramentalen Weihe gehörten ursprünglich, (1978 wurde das entsprechende Rituale (Ordo Consecrationis Virginum proprius Monialium Ordinis. Cartusiensis) etwas angepasst) dass der Schwester eine Krone aufgesetzt (den Schleier trug sie ja schon) und ein Ring angesteckt wurde. Dies verweist auf das Hochzeitsbrauchtum und die Trauliturgie, die Schwester ist ja Braut Christi. Zusätzlich wurde ihr ein Kreuz überreicht und die Stola und ein Manipel angelegt. Damit wird der im römischen Pontificale festgelegten Ritus der Jungfrauenweihe nicht unerheblich erweitert und ein gewisser Bezug zur Ordinationsliturgie hergestellt. Das gilt auch schon für die Fassung des Pontificale von 1596. Die Eigentradition der Kartäuser ist allerdings schon weit älter und wurde daher auch nach dem Trienter Konzil bewahrt, vor allem wegen ihrer langen Tradition. Die Stola wurde auch nicht nach Art der Diakone heute quer getragen, sondern so, wie sie auch ein Priester trägt. Kreuz und Manipel fielen in der 1978 reformierten Fassung weg und heute wird nur noch die Stola angelegt und ab und an auch getragen, z.B. bei einigen liturgischen Anlässen, wenn die Schwester beispielsweise bei Abwesenheit eines Priestermönches in der Matutin das Evangelium vorträgt. Natürlich auch am Tag des Profeßjubliäums oder bei der Aufbahrung am Tage ihres Todes. Man kann darin sicher mit einigem Recht Reste eines altkirchlichen Diakoninnenamtes entdecken, die sich allein bei den Kartäusern erhalten haben. Auch wird die Bezeichnung Diakonisse als Synonym für geweihte Jungfrau verwendet. 

Aber dieser kleine Ausflug in die Geschichte eines Ordens, der gerade mal 50 weibliche Mitglieder zählt, dürfte die Freundinnen und Freunde des Frauendiakonates wohl nicht zufrieden stellen. Diese beglückt sicher eher die Nachricht, dass in der Ostkirche das Amt der Diakonin zwar weitgehend ausgestorben, aber dennoch theologisch unbestritten ist. Und kürzlich weihte der orthodoxe Patriarch von Alexandrien, Theodoros II., erstmals in der Neuzeit wieder sechs Frauen zu Diakoninnen. Von ihnen waren drei Ordensschwestern und drei Katechistinnen, ein Umstand, auf den ich später noch eingehen möchte. 

Für einigen Wirbel sorgte vor einigen Monaten auch die spontane Ankündigung von Papst Franziskus, eine Kommission zur "Untersuchung des Diakonats von Frauen“ zur Thematik der altkirchlichen Diakoninnen einzurichten. Als Franziskus sie im Mai 2016 ankündigte, rüttelte er damit für die einen am letzten Tabu in der katholischen Kirche, andere sahen ihren langgehegten Traum von der Frau am Altar in greifbare Nähe gerückt. 

Und das ist in der Tat ein spannender Aspekt. Was sucht der Diakon eigentlich am Altar? Diese Frage beschäftigt mich auch als Laie und Pastoralreferent. Dem Diakon kommt in der Liturgie eine besondere Rolle zu. Vor allem ist ihm die Verkündigung des Evangeliums vorbehalten. Wer z.B. die feierlichen Papstmessen aufmerksam verfolgt, wird feststellen, dass immer ein Diakon das Evangelium vorträgt. Dies ist auch in vielen anderen festlichen Gottesdiensten so, nicht der Priester, nicht der Bischof, nein, dem Diakon kommt diese zentrale Aufgabe zu. Er hat hier den Vorrang vor den höheren Klerikern. Er kann auch die Predigt halten, tut dies aber dann im Auftrag des zelebrierenden Priesters, da idealerweise der Zelebrant auch der Ausleger des Evangeliums sein sollte. Worin ja auch der theologische Kern des Predigtverbotes für Laien liegt.

Zusätzlich nimmt der Diakon die eucharistischen Gaben bei der Gabenbereitung von den Messdienern entgegen und reicht Kelch und Hostienschale dem Zelebranten an. Im Hochgebet selbst kommt er dann noch einmal zu Wort, wenn er die Gemeinde auffordert das „Geheimnis des Glaubens“ zu bekennen und am Ende der Messe, wenn er die Gemeinde aus der gottesdienstlichen Feier entläßt mit dem Ruf: „Gehet hin in Frieden!“. Das ist nicht von ungefähr so, denn der tiefere Sinn der Beteiligung des Diakons, der mit Stola und Dalmatik eigene liturgische Gewänder trägt, ist es, die Bedeutung der Diakonie, der Sorge um die Menschen in Not in die Mitte der sonntäglichen Eucharistie mit hineinzunehmen. Liturgie ist unvollständig ohne Diakonie. 

Die Bibel (Apg 6,1-7) berichtet davon, dass die Apostel für diese Aufgabe, den „Dienst an den Tischen“ sieben Männer beauftragten, damit sie selbst sich stärker dem Gebet und der Verkündigung widmen konnten. Der Diakonat ist also mitnichten ein vornehmlich liturgisches Amt, sondern es dient mit dazu, dass die Priester und Bischöfe frei werden für den Dienst am Wort und für das Gebet. 

Natürlich bietet die Apostelgeschichte keine ausführliche Theologie des Amtes. Diese formte sich erst später aus. Vielleicht lohnt sich einmal ein kurzer Blick in die Zeit vor dem 2. Vaticanum. Damals war der Weg zum Priestertum ein Weg mit sieben Stufen. Auch wenn ich nachfolgend die Vergangenheitsform wähle, gibt es in altrituellen Gemeinschaften wie der Pius- oder Petrusbruderschaft (und übrigens auch in der ev. hochkirchlichen St.-Johannes-Bruderschaft) nach wie vor diese Weihestufen. 

Man unterschied niedere und höhere Weihen. Zur ersten Gruppe gehören die Ostiarier, Lektoren, Exorzisten und Akolythen. Die höheren Weihen begannen mit jener zum Subdiakon; es folgt die Weihe zum Diakon und schließlich die Priesterweihe. Als Sakrament im eigentlichen Sinne galten dabei aber nur Diakonen-, Priester- und Bischofsweihe. 

Mit der ersten Weihestufe zum Ostiarier (Türhüter, Küster) wurde die Obhut über das Kirchengebäude übertragen. Symbolisch berührte man einen Kirchenschlüssel und ergriff das Glockenseil. Mit der zweiten Weihestufe wurde man Lektor (Vorleser) und bekam das Lektionar überreicht. Aufgabe der Lektoren war es, die Lesungen vorzutragen. Die dritte Stufe war die Weihe zum Exorzisten (Beschwörer) womit dem Kleriker die Macht über die bösen Geister gegeben wurde. Das ist allerdings zu unterscheiden von den wirklichen Exorzisten, die vom Bischof eigens bevollmächtigt und erfahrene Priester sein mußten. Als vierte Stufe folgten die Akolythen (Altardiener). Bei der Weihe-Feier berührte der Akolyth das Messkännchen und den Leuchter, er zündete in der Messe die Lichter an und sorgte auch für den Weihrauch. Hier lag auch der tiefere Grund dafür, dass früher nur Jungen Messdiener werden konnten. Es ging schließlich um eine mögliche Stufe auf dem Weg zum Priesteramt, wobei der allgemeine Messdienerdienst in den Gemeinden vom Akolythen natürlich zu unterscheiden ist. Die normalen, jugendlichen Messdiener wurden dazu nicht mit einer Weihe ausgestattet. Die letzte niedere Weihestufe war zunächst noch die zum Subdiakon, wobei diese später als höhere Weihe betrachtet wurde. Sie verpflichtete den Kleriker zur engen Anteilnahme am Opfer und Gebetsleben (Breviergebet) der Kirche und zur lebenslänglichen Ehelosigkeit. Der Subdiakon reichte z.B. beim levitierten Hochamt dem Diakon den geweihten Kelch dar und trug die Epistel (Lesung) vor. Der Bischof legte ihm in der Weihe den Manipel an, das Symbol der Mühe des apostolischen Amtes und er wurde mit einer Tunika bekleidet. 
Bei der Diakonenweihe erhielt der Diakon die Dalmatik, sein Amtsgewand und wurde bevollmächtigt, das Evangelium zu verkünden. Als Nächstes folgte dann die Priesterweihe.

Interessanterweise kennen auch die orthodoxen Kirchen ähnliche Stufen der Weihe, auch mehr und andere als die in der katholischen Kirche heute üblichen. Allgemein ist es dort auch so, dass die Stufen eigenständiger gesehen werden und nicht als Durchgangsstationen auf dem Weg zum Priesteramt. Man kann also koptischer Achidiakon sein oder griechischer Lampadarios (Fackelträger) und dies auch bleiben. In der russischen (und anderen orthodoxen) Kirchen zählt auch der Sakristan zum Klerus.

Ich glaube, dass wir in der katholischen Kirche durchaus daran „leiden“, dass wir diese Gelassenheit der Orthodoxie nicht pflegen, sondern die Weihestufen eher als „Karrierestufen“ und Zwischenschritte betrachtet haben. So war es selbst vor dem 2. Vaticanum ja keineswegs so, dass die Lektoren und Akolythen auch die entsprechenden Dienste in den Pfarreien tatsächlich übernahmen. Dafür gab es entsprechend ausgewählte Gemeindemitglieder. Der Diakonat der angehenden Priester brachte sie zwar für einige Wochen in die Gemeinden, wurde aber doch eher als Gelegenheit zur Einübung ins Priestertum betrachtet. 

Natürlich hat sich das inzwischen geändert. Im Bistum Münster wird der angehende Priester zunächst (als Laie) für ein Gemeindejahr in eine konkrete Pfarrei gesandt, dem schließt sich der Diakonat an, wo der Diakon dann u.a. mit Predigt, Taufe, Trauung und Beerdigungsdienst beauftragt wird, um dann nach der „richtigen“ Weihe alles zu dürfen, was ein Priester darf. 

Die Wiederbelebung des ständigen Diakonats und die zunehmende Zahl solcher Diakone in den Gemeinden stellt jedoch viele neue Fragen, deren konkrete Auflösung in der Regel in der jeweiligen Pfarrei selbst gefunden wird und sehr stark von der Persönlichkeit des Diakons abhängt. So gibt es einzelne Diakone, die sogar klassische klerikale Kleidung tragen (Soutane), andere legen höchsten Wert auf ihr caritatives Dienstamt und wieder andere stehen jeden Sonntag am Altar und gehen voll und ganz in den liturgischen Aufgaben des Diakons auf.

Konkurrenz ist angesichts des Priestermangels in den wachsenden Teams der deutschen Pfarreien ohnehin ein Thema. Es fehlt an einmütig geteilten Vorstellungen davon, was ein Pfarrer, ein Priester, ein Diakon, eine Pastoralreferentin ist und welche Aufgaben sie oder er zu übernehmen hat. So knirscht und kracht es immer wieder. Dass es für die zu leistenden (viel zu vielen) Aufgaben und Dienste in den Gemeinden zu wenige Seelsorgerinnen und Seelsorger gibt, trägt auch nicht unbedingt zur Klärung bei, weil mit pragmatischen Lösungen Lücken gestopft werden. Die Bestellung von hauptamtlichen Laien zu Moderatoren von Seelsorgeteams oder ehrenamtlich Engagierten zu Gemeindeleitern verkompliziert dies zusätzlich. 

Kein Wunder, dass die jeweiligen Personen die „Freiräume“, die die aktuelle Situation ihnen bietet teils mit Freude, teils gedrängt, teils auch notgedrungen ausfüllen. Doch das Heilmittel kann wohl kaum ein einheitlich vordefiniertes Berufsprofil für die Ämter von Priester und Diakon und die Dienste hauptamtlicher Laien sein. Ein bischöflicher Hirtenbrief wird es also nicht richten. 

In diese Übergangssituation fällt nun auch die Frage nach einem Diakonenamt der Frau. Die Aufgaben, die in den bisherigen Weihestufen (vier niederen und einer höheren) gebündelt waren, haben inzwischen Ehrenamtler bzw. hauptberufliche Küster und Musiker übernommen. Im Übrigen Männer wie Frauen, weitgehend gleichberechtigt. Die katechetischen Aufgaben, die früher einmal unverheiratete Religionslehrerinnen, Seelsorgehelferinnen und Priester ausgefüllt hatten werden heute von Gemeindereferenten, Pastoralreferentinnen, Religionslehrern und Katecheten mitgetragen. 

Vom Aufgabenprofil her, geht schon heute der Beruf der Gemeindereferentin weit über das hinaus, was in der alten Kirche die Diakoninnen übernahmen. So könnten von dieser alten Traditionslinie her nur einzelne Impulse für ein heutiges Diakoninnenamt übernommen werden. 

Interessant ist vermutlich ein Blick auf die Motivationslage derer, die sich für bzw. gegen einen Diakonat der Frau engagieren. In der Regel ist der beide Gruppen gleichermaßen trennende wie verbindende Punkt die Frage, ob einer Diakoninnenweihe nicht automatisch die nächsten Schritte der Priester- und Bischofsweihe folgen müssten. Nicht wenige der „Pro“-Aktivisten kalkulieren das ein. Und nicht wenige der „Contra“ - Streiter befürchten das, denn die theologischen Linien laufen doch so, dass bei einer Akzeptanz der sakramentalen Diakoninnenweihe eigentlich kaum noch ein Argument gegen eine Priesterinnenweihe „ziehen“ würde. 

Daraus resultiert aber auch die Sorge, dass selbst bei einem nicht sakramentalen Amt, wie dem einer „Gemeindediakonin“, wie es Erzbischof Zollitsch 2013 vorgeschlagen hat, die Diskussion insgesamt einfach weiter gehen würde. Dass dann am Ende über den Aspekt der Gleichberechtigung weiterhin eine sakramentale Weihe eingefordert würde und der Streit also nur in eine neue Runde ginge. 

Papst Johannes Paul II. hat ja bekanntlich mit hoher Autorität die Möglichkeit einer Priesterweihe für Frauen ausgeschlossen. An diesem Felsen kommt man in der Diskussion wohl nicht vorbei. Nichtsdestotrotz stehen wir als Kirche vor der Frage, wie es gelingen kann, den Frauen in der Kirche einen gleichberechtigten und gleichwertigen Platz und entsprechende Gestaltungsmöglichkeiten zu geben, die denen der Männer in Nichts nachstehen. 

Die gern beschworene Angst vor „Verwirrung“, Diskussionen und Kirchen-Streit halte ich für einen falschen Ratgeber, wenn es darum gehen soll, den Willen Gottes zu erkennen und danach zu handeln.

Es kann doch nicht geleugnet werden, dass durch die ausschließlich Männern vorbehaltene Weihe und die Verknüpfung von zahlreichen Leitungsaufgaben mit den Ämtern der Priester und Pfarrer eine einseitlich männlich dominierte Führungsstruktur in der Kirche entstanden ist und ein überbordendes Aufgabenprofil für den einzelnen Pfarrer. Daher werden einige entschiedene Schritte notwendig sein, das priesterliche Amt von solchen zeitgebundenen Schlacken zu befreien. Das in der Soziallehre der Kirche so bedeutsame Wort der Subsidiarität könnte auch hier hilfreich sein. Die Priester müssen ihren eigentlichen Aufgaben nachkommen können, wozu doch die Apostelgeschichte sehr eindeutig die Richtung vorgibt, damit sie beim Gebet (!!!) und beim Dienst am Wort bleiben können. Sie brauchen Frei-Raum für persönliche Seelsorge und auch für Erholung, Freundschaften u.v.m.. 

Wenn wir in Deutschland das Glück haben, in einer Kirche leben zu dürfen, die es sich leisten kann, Katechisten (als Lehrer, Pastoral- und Gemeindereferentinnen) zu beschäftigen, dann sollte man deren Dienste und Qualifikation mit Freuden einsetzen und nutzen. Andere Kirchen (Diözesen) beneiden uns darum. Die Priester und Gemeinden sollten ihnen einen guten Rahmen für ihre Arbeit ermöglichen. 

Alle Aufgaben, zu denen es keiner Weihe bedarf, könnten je nach Befähigung von haupt- und nebenamtlichen Laien übernommen werden. Nur weil ein Priester der Gemeindeleiter ist, muss er nicht jede Entscheidung von seinem Urteil abhängig machen. Je mehr er delegiert, desto mehr kann er Priester sein. Gute Beratung und Begleitung durch Beauftragte des Bischofs würde sicherlich helfen, evtl. entstehende Reibereien aufzulösen.

Warum entdeckt man die alten „niederen“ Weihen nicht neu, als konsequente Beauftragungen zu Dienstämtern durch den Bischof? Teilweise gibt es ja schon solche Ansätze, aber es ist doch nicht zu Ende gedacht. Messdiener, Küster, Lektoren, Kantoren, Gottesdienstbeauftragte. Und all dies nicht als Durchgangsstationen sondern mit nicht unbedingt zeitlich eng begrenzter Beauftragung. Der Beauftragte muss spüren können, dass er einen eigenständigen Auftrag hat und nicht nur für begrenzte Zeit eine Aufgabe übernimmt. Und dazu das Amt eines religiösen Lehrers/Katechisten/Pastoral- oder Gemeindereferenten. Und all dies nicht als „Stufen“ auf einem Karriereweg sondern als eigenständige Berufungen, die in eine andere Berufung übergehen können – aber nicht müssen. 

Zu den klassischen sakramentalen Weiheämtern zählen dann weiterhin Priester und Diakone. Und da wäre es doch auch denkbar, dass sich ein angehender Priester entscheidet, für fünf Jahre als Diakon in einer Gemeinde zu bleiben, oder überhaupt nicht mehr die Priesterweihe anzustreben und Diakon zu bleiben. Weil er in diesem Dienst am Nächsten aufgeht und seine Berufung gefunden hat. Das stellt dann vermutlich wohl die Frage nach dem Zölibatsversprechen, aber das ließe sich vielleicht neu ordnen. 

Hier wäre sicher zu überlegen, ob der Zölibat notwendig mit dem Diakonat verbunden sein muss (wer unverheiratet zum Diakon geweiht wird gelobt heute im Rahmen der Weihe auch weiterhin unverheiratet zu bleiben, ein verwitweter Diakon darf nicht erneut heiraten.) Das 2. Vat. Konzil hat erste Schritte zu einer genaueren Bestimmung der Beziehung Diakonat / Priesteramt gemacht, hier müßte man, glaube ich, noch ernsthaft weiter denken (Papst Benedikt XVI. hat dies ja mit einer Änderung im Kirchenrecht schon fortgesetzt). 

Und wenn auf diese Weise etwas mehr Ruhe und Struktur in die Seelsorge gekommen ist, dann kann ich mir das Amt einer Diakonin gut vorstellen. Ich bleibe aber skeptisch, ob das ein sakramentales Amt sein muss. Oder ob man sich eigentlich einem nichtsakramentalen Diakoninnenamt verweigern darf. Warum sollte das eigentlich weniger sein als ein sakramental geweihter männlicher Diakon? Papst Franziskus hat doch völlig recht, dass im Karrierestreben mancher Kleriker der Keim der Krise des Priesterberufs steckte. Dass es anders gehen kann, davon ahnen wir etwas, wenn wir uns beispielsweise mit dem Ordensleben beschäftigen. Hier ist doch (im idealen Fall) sichtbar, dass Priester als reiner Dienst möglich ist und auch, dass Frauen höchste Verantwortung übernehmen können. Ein Blick in die Kirchengeschichte zeigt, dass manche Äbtissin in ihrer Machtfülle sich hinter einem Fürstbischof nicht zu verstecken brauchte. Und dies selbst im „finsteren“ Mittelalter. 

Auch hier liegt noch eine wichtige Aufgabe der Läuterung der Kirche und der Läuterung des Einzelnen in der Kirche, sei er auch Laie, Priester, Diakon, sei er Mann oder Frau, Jude oder Grieche, Angestellter oder Selbstständiger... 

In diesem Zusammenhang kann uns auch wieder neu bewußt werden, dass Gott es ist, der zu einem solchen Amt und Dienst beruft. Nicht wir sind die „Herren“ oder „Herrinnen“ der Kirche, sondern Christus selbst. Deshalb gilt es sehr aufmerksam aufeinander und auf Gottes Stimme zu hören. Und nicht gleich Zeter und Mordio zu schreien, nur weil einer eine etwas ausgefallene Idee für die Zukunft der Kirche hat oder seine Meinung vom gängig Katholischen etwas abweicht. Papst Franziskus wiederholt es immer wieder: „Lasst euch nicht von Vorurteilen, Gewohnheiten, von einer eingefahrenen mentalen oder pastoralen Praxis davon abhalten – von diesem vielstrapazierten »das haben wir schon immer so gemacht!“ und sprach über dieses Wort gerade noch in der Morgenmesse in Santa Marta: „Das ist immer so gemacht worden“. Ein Satz, der dem Heiligen Geist Widerstand leistet, sagte der Papst. Gott ist anders: Gott überrascht uns, wir müssen uns seinem Wirken aber öffnen.“

Das Video des Bistums Rottenburg-Stuttgart ist durchaus bemerkenswert: https://www.youtube.com/watch?v=tBwTQnPtv7c

Aus konservativer Sicht beleuchtet die Fragen des Diakonats der Frau sehr umfassend der folgende Artikel von Manfred Hauke: https://de.zenit.org/articles/ein-weibliches-diakonat-einfuehren/


Theologische Quartalschrift, Heft 4/2012 zum Thema: Geschichtliche Gestalten des Diakonats der Frau in der Kirche. Mit Beiträgen von P. Hünermann, H. Becker und A. Franz, G. Macy und U. Hudelmaier. Schwabenverlag. ISSN 0341-1430 B 21 372 Eine kurze Leseprobe hieraus: http://www.schwabenverlag.de/4zeitsch/thq/12_04/Theologische-Quartalschrift-Leseprobe-1-2012-4.pdf

Das Papstzitat aus der Berichterstattung über die Morgenmesse vom 8.5.2017: http://de.radiovaticana.va/news/2017/05/08/fr%C3%BChmesse_%E2%80%9Edas_wurde_immer_so_gemacht%E2%80%9C_ist_ein_killersatz/1310775