Montag, 3. Februar 2020

Beinahe alle meine Befürchtungen sind wahr geworden... beim Synodalen Weg

Gerade habe ich eine Mail von Pater Abraham Fischer aus der Abtei Königsmünster bekommen. Er schreibt, dass er mir sehr gern ein kleines Kreuzchen zusendet, wie es auch alle Teilnehmer des Synodalen Weges in Frankfurt bekommen haben, ein Erzeugnis der Klosterschmiede. 

Ich bin sehr skeptisch, was den synodalen Weg angeht. Es ist ja nicht der erste Dialogprozess, an einem davon (das Diözesanforum) habe ich in meinem Bistum sogar als Delegierter teilgenommen. Die Ergebnisse waren mager, die Erfahrung aber möchte ich nicht missen. Die ganze Organisation und Struktur des Synodalen Wegs scheint mir allzu bürokratisch und kompliziert. Manche Teilnehmer kommen mir etwas schrill vor und die ganze Begleitmusik macht keine Freude. Auch die Qualität der Argumente und die Schärfe der Auseinandersetzung im Vorfeld gefällt mir nicht. Mir würde sicher noch mehr einfallen, warum mich der synodale Weg nicht hoffnungsfroh stimmt, aber das tut in diesem Zusammenhang nichts zur Sache.

Manchmal frage ich mich, ob der Synodale Weg eigentlich mehr das Symptom einer Kirchenkrise ist oder ob er wirklich zum Gegenmittel taugt. Ob die gewählte Therapie wohl zur Heilung beiträgt – oder die Krankheit verschärft – das ist noch lange nicht ausgemacht.

Wenn mir also vor wenigen Tagen beim Schauen der Gottesdienstübertragung zur Eröffnung jemand gesagt hätte, ich würde mir eines (der aus dem sehr modernen (gewöhnungsbedürftigen) Vortragekreuz gestanzten Kreuzchen schicken lassen – ich hätte ihn wohl ausgelacht. Aber jetzt, um einige Wortspenden zum Thema klüger, haben mich manche Leute beinahe unmerklich ins Lager der Unterstützer des Synodalen Weges getrieben. Und das geht nicht nur mir so. Namentlich erwähne ich stellvertretend Gero Weishaupt, Priester und Kirchenrechtler aus Aachen, Michael van Laack, ursprünglich aus Spellen stammender Facebook – Freund, Bischof Rudolf Voderholzer aus Regensburg und Weihschof Atanasy Schneider aus Astana, genannt Nursultan. Und in ihrem Gefolge noch allerhand andere Aktivisten, die aktuell jede Diskussion um Themen und Verlauf des Synodalen Weges mit den immer gleichen Argumenten und Sprüchen vollschreiben. Das langweilt nicht nur, es nervt inzwischen! Wortreiche Gesprächsverweigerung in Reinkultur.

Gero Weishaupt war es, der einen Gedanken aus einer skurilen Demonstration in München aufgriff. Eine aus dem Ausland eingeflogene Gruppe von Gegnern des synodalen Prozesses forderte in einer anschließenden Pressekonferenz die deutschen Katholiken zum Kirchenaustritt auf. Das griff Weishaupt auf und begründete ausführlich, warum man Mitglied der katholischen Kirche bleiben könne, auch wenn man aus dieser als strukturierter Organisation mit Steuerpflicht in Deutschland austrete. In einem weiteren facebook-Post vertrat Hochwürden Weishaupt (der übrigens ein sonst durchaus geschätzter konservativer Kirchenrechtler ist) die These, es sei manchmal besser, ein Bein zu amputieren, als den Tod eines Menschen in Kauf zu nehmen. In diesem Bild brachte er seine Sehnsucht nach einem Schisma, nach einem Hinauswurf der vielen kritischen und aufmüpfigen Katholiken ins Wort. Damit legte er auf den verbreiteten Spruch „werdet doch protestantisch“ noch eine Schüppe drauf. Und viele tuteten ins selbe Horn. Inzwischen gelten in solchen Kreisen nur noch ganz wenige deutsche Bischöfe als rechtgläubig, weit mehr als 2/3 der Oberhirten scheinen ihnen auf dem direkten Weg ins Schisma. 

Dazu wiederholte Bischof Voderholzer seine Kritik an der MHG-Studie und dem darin zur Sprache gebrachten Zusammenhang zwischen den Missbrauchsfällen in der Kirche und dem von katholischen Priestern geforderten Zölibat. Das sei alles unwissenschaftlich und es brauche erst weitere Untersuchungen in anderen gesellschaftlichen Feldern, ob es wirklich die Ehelosigkeit um des Himmelreiches willen sei, die als eine der Ursachen für einen Teil der Missbrauchshandlungen zu benennen wäre. Schließlich sei ja die MHG-Studie der Auslöser und damit die Basis für den ganzen Synodalen Weg. Viele applaudierten ihm (außerhalb der Aula in Frankfurt), gerade diejenigen, die ansonsten allüberall betonen: „Es sind die Schwulen, es sind die Schwulen, die ins Priesteramt eingesickert sind...“ Weil, ja weil offenbar das zölibatäre Leben für Menschen mit einem ungeklärten Verhältnis zur eigenen Sexualität anziehend wirke. Eine Tatsache, die ja aufgrund der vielfach aufgedeckten Fakten niemand mehr ernsthaft bestreiten will. Und braucht es dazu wirklich noch mehr an Informationen? Oder eines wissenschaftlich geführten Beweises? Gibt es nicht genügend Wissen darüber, dass das Zölibat nicht wenige Schwierigkeiten mit sich bringt, dass es auch dazu geführt hat, dass Menschen ein verlogenes Doppelleben führten und führen und teilweise sogar zu Verbrechern wurden. Jeder kennt solche Beispiele und wenn Bischof Voderholzer hier dem Zeugnis von Wunibald Müller und Frederic Martel nicht glauben möchte, so soll er doch auf die Päpste Benedikt XVI. und Franziskus hören. Oder das ein oder andere Buch der Opfer lesen, von denen es – angefangen bei „Das Buch Groer“ inzwischen zahlreiche gibt (schmerzlich viele). Sogar solche, die mit päpstlichen Vorworten versehen werden. Ja sicher, so sehr es die sexuelle Revolution war, die ihre Opfer produziert hat, so sehr war es auch der Zölibat. 
Und natürlich ist die Aufhebung des Zölibats keine Lösung, selbstverständlich nicht. Denn wir wissen ja, dass auch diejenigen zu Tätern werden, die sich im Ehebett mit einer Frau „austoben“ könnten. Es muss da etwas geben, das man sorgfältig und ohne Polemik in seiner Tiefe ergründen sollte. Und dazu brauche ich mitnichten noch Vergleichsstudien, die unvergleichliches unter der Zuspitzung auf Ehelosigkeit vergleichen. 

Zur Frage, was Michael van Laack so vom synodalen Weg hält verweise ich mal auf sein Profil. Manchmal schätze ich es, wenn er den Finger in die Wunde legt. Aber hier ist es unnützes Herumgeprockel im Eiter. Und jeder weiß ja, dass er ja von einer ganz anderen Kirche träumt... Und bezeichnenderweise auch beklagt, wie uneinig sich die Bewahrer sind, weil sie sich lieber im „Klein-Klein“ zerstreiten als zusammen zu finden. 

Jetzt fehlte noch Bischof Schneider in der Sammlung. Ich habe ihn kürzlich noch mit Waldorf oder Statler verglichen. Der redet sich gleich wieder völlig in Rage und erweckt den beinahe vergessenen Arianismus wieder zum Leben. Aber im Osten nichts Neues! Ich frage mich, ob der Papst den nicht in irgendeine römische Behörde nehmen könnte oder ob es nicht eine traditionelle Gemeinschaft in Deutschland gibt, die eine Wohnung für ihn hätte. Dann kann er ungestört zu jedem Ereignis der Weltkirche Stellung nehmen und man fragt sich nicht dauernd, ob die Katholiken in Kasachstan eigentlich ihren Bischof gar nicht brauchen oder ob es in Nursultan nicht Menschen gibt, die geistlichen Zuspruch bräuchten. Aber kann ja sein, dass er das alles auch noch vorbildlich macht. Ich versuche ja auch ordentliche Arbeit zu machen und nutzte trotzdem freie Stunden, um meine Gedanken aufzuschreiben. Aber so gibt es wieder Leute die sagen: Ich stehe hinter Bischof Schneider! Was für ein mutiger Mann!

Nervig auch die "lustigen" Stempel, die man der Versammlung gibt, wie z.B. "Jodelsynode" oder wenn man von Synodentheater und Synodenpropaganda redet.

Ganz anders getroffen hat mich das kurze Statement von Kardinal Woelki, das er direkt nach den Sitzungen seinem Domradio-Chefredakteur ins Micro sprach. Ich mag Kardinal Woelki sehr und finde es schade, wenn er jetzt ganz in die Rolle des dunkelkatholischen Märtyrer-Bischofs aufgehen würde. Sein Interview steht auch in einem eigenartigen Widerspruch zu seinen Wortmeldungen beim Synodalen Weg, wo er sich bemühte, zunächst einmal die positiven Aspekte zu würdigen. Aber dann sprach er von der Erfahrung eines protestantischen Kirchenparlaments, dass ja die katholische Kirche nicht sei. Er verwies dazu auf den Einzug zum Eröffnungsgottesdienst im Frankfurter Dom, wo Laien und Kleriker gleichberechtigt aufgetreten seien. Insgesamt seien seine schlimmsten Befürchtungen wahr geworden. Und schließlich seien die Beiträge der Bewahrer vom Präsidium klein gemacht und unwirksam gehalten worden. 

Beim „protestantischen Kirchenparlament“ mag man ihm ja noch zu Gute halten, dass das nicht wertend gemeint sein könnte. Es gibt ja wirklich einen gewichtigen Unterschied in der Verfasstheit der Kirchen. Es gab ja interessanterweise sogar den Vorschlag, alle geistlichen und akademischen Titel einfach wegzulassen. Aber das wäre ja geradezu absurd, Gleichheit zu simulieren, wo de facto keine Gleichheit ist. An dieser Stelle wurde ja auch aus ganz unterschiedlichen Motivationen „nachgebohrt“ und gefragt, ob nicht doch einige gleicher als gleich seien. Der Widerspruch zu Woelkis Worte aus dem Präsidium war allerdings mindestens genauso missglückt, wie die Bemerkungen des Kölner Erzbischofs, die er vermutlich inzwischen bedauert. Jedenfalls deute ich die Tatsache so, dass er gestern schon ein Zitat aus den Texten des 2. vat. Konzils über das Miteinander von Laien und Amtsträgern twitterte: „so waltet doch unter allen eine wahre Gleichheit in der allen Gläubigen gemeinsamen Würde und Tätigkeit zum Aufbau des Leibes Christi.“ Schön!

Solange die Bischöfe und Priester aber letztlich über allerlei Dinge entscheiden, die mit dem Kern des Glaubens und des kirchlichen Lebens wenig zu tun haben, ist dieser Satz noch nicht verwirklicht. Gerade in einer Kirche, die so wohlhabend ist wie die in Deutschland und vielfältige Macht ausübt, muss über die Machtfrage gesprochen werden. Dringend! Man kann versuchen, das wegspiritualisieren wie es Weihbischof Schwaderlapp tat, der in einem Beitrag über seine geschwundene administrative Macht als ehemals „starker“ Generalvikar zu einem heute beinahe machtlosen Weihbischof sprach. Das lässt mich schmunzeln, auch wenn ich weiß, was er meint und sagen will. Aber er soll doch mal einer alleinerziehenden Mutter auf dem Wartestuhl vorm Jugendamt etwas über Macht und Ohnmacht erzählen. Oder besser, sich von ihr einige echte Ohnmachtserfahrungen schildern lassen, um zu verstehen, wie machtvoll auch der Posten eines Weihbischofs zu Köln ist. „Mit mir kannste reden, wie mit einem ganz normalen Menschen.“ pflegte mein Lohberger Pfarrer zu sagen, wenn jemand sich nicht traute, ihm etwas zu sagen. Das gehört zu den Sätzen, die ich nie vergessen werde. Kann das auch ein Kölner Bischof auf vollster Überzeugung sagen, so dass man mit ihm auch reden möchte, wie mit einem ganz normalen Menschen? 

Kardinal Woelki offenbart in seinem spontanen Interview einen nicht unbedeutenden Knackpunkt aller Kirchenreformen. Trotz allem Gerede von Demut und Dienst werden Priester und Bischöfe doch in eine Rolle gehoben (ja, nicht vom Papst oder von ihnen selbst, sondern von uns, den Gläubigen), die ihnen eine bunt schillernde Machtposition gibt. Das ist geradezu ein Amalgam von Verfügungsmacht über Geld, Befehlsmacht über Menschen, machtvollem Auftritt durch Rolle und dienstliches Ornat, geistlicher Macht, es ist die Macht, die einem Menschen durch seine besondere Position zugesprochen wird, selbst wenn der ein oder andere sich (überzeugend) bemüht, Mensch unter Menschen zu sein. Ein kleines Beispiel: Kann es einen Menschen unberührt und unverändert lassen, wenn in seiner Bischofsstadt alle Gebäude und Kirchen mit heiligen Mitraträgern geschmückt sind, wenn Kirchenfenster sein Wappen tragen und dieses in Bronze an der Haustür hängt (selbst wenn hier manchmal nur die Würde von heiligmäßigen Vorgängern auf ihn übergeht.) Der Bischof selbst ist zum Symbol geworden, das auch heute noch wirksam ist in unseren Herzen. Dass es da schwer fällt, zurück ins Glied, zurück auf Augenhöhe zu gehen, das offenbart Kardinal Woelki in seiner Wortmeldung. Und das ist sehr menschlich!

Ja, natürlich braucht unsere Kirche Leitung, gute Leitung, Klarheit in der Leitung – wie jede gut funktionierende Organisation. Aber wir müssen doch auch konstatieren, dass die Qualität der Leitung in der Kirche, sei es durch Laien, sei es durch Kleriker nicht immer dem Anspruch entspricht, den man daran zu Recht stellen könnte, weil die Kirche ist, was sie ist. Leib Christi!

Im Chor mit Kardinal Woelki beklagt auch Maria 1.0 (ja, hier ist – anders als bei Maria 2.0 – eine Vertreterin der Gruppe Mitglied im synodalen Weg), dass die Stimme der Bewahrer unterdrückt worden sei. Nicht nur dadurch, dass diese unterrepräsentiert seien, sondern auch durch die Sitzungsregie. 

Dazu fand ich einen Hinweis von Matthias Drobinski in der Süddeutschen Zeitung sehr interessant. Er schreibt: „Die konservative Minderheit war auf der ersten Versammlung des Synodalen Weges nicht deshalb schwach, weil sie trickreich an den Rand gedrückt wurde, wie ihre Vertreter kritisierten. Sie war schwach, weil sie sich hinter vorformulierten Statements verschanzte, weil sie zu erkennen gab, dass gerade die Debatte auf Augenhöhe ihr Problem ist und der gleiche Rang der Argumente. Dreißig Jahre haben die Konservativen in der katholischen Kirche nicht argumentieren müssen. Sie konnten, wenn es eng wurde, sich ins Autoritative flüchten. Das rächt sich nun, wo diese Zeit vorbei ist.“ 

„Linkes Kampfblatt“ und „Herz-Jesu-Kommunist“ werden da einige sofort denken, aber ich stelle mal die Frage, ob das nicht doch auch eine wirkliche Schwäche der „Bewahrer“ ist. Einen weiteren Hinweis gibt mir nämlich die Tatsache, dass Beiträge mit Herzblut und biografischer Betroffenheit und Authentizität sehr viel Aufmerksamkeit bekamen, wogegen die immer gleichen Formeln blutleer und wie schon zu oft gehört wirken. Da braucht es dann doch etwas mehr, um dem wieder mehr Leben einzuhauchen als ein korrekt vom Blatt gelesenes Statement. Aber, deren Stärke wird sich sicher an anderer Stelle erweisen, wenn Beschlussvorlagen theologisch fundiert werden müssen und ausdiskutiert werden. Nein keiner kann eine neue Kirche erfinden, auch nicht 230 interessante Leute auf einem Synodalen Weg.

Ohne die Tradition und eine gute Begründung und Verankerung werden alle unsere Ideen irgendwann auf dem Schutthaufen des Zeitgeistes landen. Ich fand einige Statements sehr berührend, so z.B. die von Sr. Philippa und Mara Klein. Sie waren unterfüttert mit schmerzlicher Erfahrung. Und ohne daraufhin zu sagen: „Ja, auch das ist Kirche“ und ohne Antworten darauf zu geben kann der Synodale Weg nicht zu Ende gehen.

In diesem Kontext fand ich den Beitrag des Schweizer Beobachters Weihbischof Alain de Raemy spannend, der sagte: „Ich wünsche ihnen, dass sie das Kind nicht mit dem Bade ausschütten. Dass sie nicht beim Blick auf all das Negative, was in der Kirche in den letzten Jahren Thema war, stehen bleiben, sondern auch sehen, was alles an Grossartigem und Gutem in der Kirche weiterlebt. Das kann auch eine Stütze sein für die Arbeit gegen das Unschöne.“ Diese Warnung dürfen sich alle ins Tagebuch schreiben, aber nicht als Waffe gegen die „Erneuerer“. 

Und bedenkenswert kritisch fand ich auch den Text von Christian Geyer-Hindemith in der FAZ, wenngleich er es recht spitz formuliert und sowieso ein scharfer Kritiker des Synodalen Weges ist. Dennoch: „Ist die flache Hierarchie im Sozialen erst einmal als Superkriterium etabliert, so wirkt sakramentales Hierarchiedenken als Anschlag auf die Gemeinnützigkeit, und Ämterfragen können nicht anders denn als Machtragen aufgefasst werden.“ ... „Man versteht insoweit Kardinal Woelkis Zwischenruf, als er … gegenüber dem sozial begründeten Durchgriff auf sakramentale Kirchenverständnis davor warnte, dasselbe „als kalten Kaffee abzutun – weil ich es vielleicht nicht verstehe.“ … „Das wirklich Verstörende war in Frankfurt etwas anderes: die Ersetzung des Glaubensbegriffs durch jenen der Glaubwürdigkeit. Tatsächlich beschwört der Synodale Weg die persönliche Glaubwürdigkeit der Glaubenszeugen wie ein Heilsversprechen.“

Der Hassbischof mancher „Bewahrer“, Bischof Franz-Josef Overbeck wurde in diesen Tagen mit dem Satz zitiert: „Die Vollversammlung des Synodalen Wegs war ein Zeugnis echter Katholizität der Kirche in Deutschland.“

Der Satz ist weniger schlicht, als man glauben mag. Ich muss noch heute immer lachen, wenn mir Kardinal Marx und Bischof Overbeck von manchen Leuten als die liberalsten deutschen Bischöfe beschrieben werden. Ernsthaft Leute?! Wenn ich an meine Begegnungen mit Bischof Overbeck zurückdenke, komme ich sehr ins Lachen. Und Marx wird auch von allen, die ihn kennen als eher konservativ beschrieben. Was hat ihnen diesen Stempel eingebracht? Auch darüber lohnt es sich nachzudenken! Und auch ihren Wandel zu würdigen und trotzdem mal genauer hinzuschauen, bevor man jemanden stempelt. Kardinal Woelki scheint ja auch ganz anders zu sein, als mancher dachte, der ihn wegen des Flüchtlingsboot-Altars heftigst kritisierte. 

Ja, ich glaube wirklich, dass die Vollversammlung die Kirche in ihrer ganzen Vielfalt geoffenbart hat. Auch wenn ihr Gesicht ein Anderes war, als das was sich manche Konservativen und Traditionalisten von ihr erhoffen. Aber vielleicht wäre es gut, dass der Traum von der guten alten Zeit endlich mal ausgeträumt und ins Archiv gelegt wird. Wir sind gefordert, auf die vielfältigen Fragen unserer Zeit Antworten zu geben, die durch Lebenserfahrung und eigenen, tiefen Glauben gedeckt sind. Antworten, die – wenn sie nicht überzeugen – wenigstens mit Respekt angehört werden. Die Kirche ist – und war es schon immer – vielfältig und bunt. Als „katholische“ Kirche hat sie viel, sehr viel Raum geboten. Durch die Jahrhunderte sogar für verheiratete Priester und geheim geweihte Bischöfe – ohne dass sie daran zugrunde ging. Ich wünsche mir, dass die Bewahrer beim Synodalen Weg ehrliche und gute Antworten geben auf die ehrlich gestellten Fragen. Ich wünsche mir, dass sie bereit sind zur Umkehr, wo die Kirche sich vom Auftrag Jesu entfernt hat. Dass sie die Wunden wahrnehmen, die die Kirche gewollte oder ungewollt geschlagen hat und zu ihrer Heilung beitragen. Ich wünsche mir, dass nicht taktiert wird und auch, dass einer wie ein Kardinal Marx nicht gleich eine Ohrfeige zurückreicht, wenn ihm ein kardinaler Mitbruder vor das Schienbein tritt. Da lohnt es sich, die Bibel des synodalen Wegs aufzuschlagen. „Wenn Dich einer auf die Wange schlägt...“ Das steht nämlich auch da drin. 

Und die Worte der Lesung des vorvorigen Sonntags möchte ich allen Synodalen und ihren Freunden und Gegnern sehr ans Herz legen. Es ist ein wahrhaft großartiges Wort des Hl. Paulus, gerade von ihm: „ Ich ermahne euch aber, Brüder und Schwestern, im Namen unseres Herrn Jesus Christus: Seid alle einmütig und duldet keine Spaltungen unter euch; seid vielmehr eines Sinnes und einer Meinung! Es wurde mir nämlich, meine Brüder und Schwestern, von den Leuten der Chloë berichtet, dass es Streitigkeiten unter euch gibt.  Ich meine damit, dass jeder von euch etwas anderes sagt: Ich halte zu Paulus - ich zu Apollos - ich zu Kephas - ich zu Christus. Ist denn Christus zerteilt? Wurde etwa Paulus für euch gekreuzigt? Oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft worden? Ich danke Gott, dass ich niemanden von euch getauft habe, außer Krispus und Gaius, sodass keiner sagen kann, ihr seiet auf meinen Namen getauft worden. Ich habe allerdings auch das Haus des Stephanas getauft. Ob ich sonst noch jemanden getauft habe, weiß ich nicht mehr. Denn Christus hat mich nicht gesandt zu taufen, sondern das Evangelium zu verkünden, aber nicht mit gewandten und klugen Worten, damit das Kreuz Christi nicht um seine Kraft gebracht wird.“

Nein, ich werde noch immer nicht mein Profilbild mit dem Logo des Synodalen Weges schmücken. Aber das Kreuz von Pater Abraham nehme ich zur Hand. Und möchte gern im stillen Kämmerlein dafür beten - verbunden mit allen, denen die Kirche am Herzen liegt - dass der Synodale Weg ein guter Weg für die Kirche in Deutschland wird. Und wenn es nur erste, tastende Schritte werden.

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