Samstag, 3. Dezember 2011

Bruder Weihnachtsmann

Unter diesem Titel veröffentlichte Lydia Saul im neuen Heft von "Christ in der Gegenwart" einen Text zur Aktion "Weihnachtsmannfreie Zone". Auch wenn ich den Artikel hier nicht zitieren darf möchte ich meine Gedanken dazu niederschreiben.
 
Bruder Weihnachtsmann - Bruder Nikolaus

Mit innerer Bewegung habe ich den Artikel der Kollegin Lydia Saul über den „Bruder“ Weihnachtsmann gelesen. Seit 1998 engagiere ich mich auf vielerlei Weise, u.a. mit „echten Schoko-Nikoläusen“ dafür, dass der Nikolaus wieder in das Bewusstsein der Leute und das „Straßenbild“ der Adventszeit zurückkehrt. Mehr über dieses Projekt unter www.bischof-nikolaus.net.
Vor einigen Jahren kam das Bonifatiuswerk auf die Idee mit der „weihnachtsmannfreien“ Zone. Was einmal als interessanter Werbegag gedacht war erweist sich inzwischen als Bumerang. Ich habe es immer für einen – fast exemplarischen – Fehler angesehen die Verkündigung der frohen Botschaft aus der Lebensgeschichte und den Legenden des historischen Bischofs Nikolaus von Myra auf diese Weise anzugehen. 
Als wir 1998 mit unseren Schokonikoläusen anfingen, wollten wir aus einer „nikolausfreien Zone“ eine machen, wo der Hl. Mann wenigstens ab und an präsent ist. Nach meinen Zählungen bringen die aus dem Glauben heraus motivierten Initiativen inzwischen zusammen mit den gewerblichen (und ähnlich motivierten) Verkäufern inzwischen ca. eine Millionen „echte“ Schokonikoläuse „unter die Leute“ während es noch immer 160 Millionen Weihnachtsmänner sind. Für ein Nischenprodukt doch durchaus ein vorzeigbarer Erfolg, oder? Wenn wir allerdings mit unseren Nikoläusen die „weihnachtsmannfreie Zone“ erzwingen wollen und uns über die Brauchtumsfigur des „Weihnachtsmannes“ lustig machen, löst das nicht nur positive Reflexe aus. Und wenn wir mal ehrlich sind, ist unser „lateinischer Bischof“ mit dem griechischen Urbild vermutlich weniger verwandt als unser Nikolaus mit seinem Urgroßneffen aus „Gods own country“. Ich bin der Meinung, wir Christen sollten auf dem „Markt der Möglichkeiten“ mit unserer christlichen Botschaft sehr präsent sein, aber positiv, unverkniffen, überzeugend, (menschen)freundlich, wenn nötig auch zurückhaltend. Wir sollten Alternativen anbieten, die Leute haben dann die freie Wahl. An Glaubenskampf haben sie kein Interesse! Die Freiheit ja oder nein zu sagen wollen sie um jeden Preis behalten. Doch für bessere Alternativen lassen Sie sich aus meiner Erfahrung durchaus gewinnen. Und wer weiß, vielleicht wird dann und wann mehr daraus. Auch ein halber Christ ist etwas wert und etwas christliche Botschaft ist mehr als gar keine. Dass wir Christen mit unserem Nikolaus keine Chance haben, den Weihnachtsmann zu beerben oder zu verdrängen, das ist doch durchaus symptomatisch für unsere Postmoderne und zeigt auf, wie es um den Glauben im christlichen Deutschland bestellt ist. Er ist ein Nischenprodukt geworden, sympathisch aufgenommen, wo er mit Ideenreichtum und Charme dargeboten wird. Abgelehnt, wo er unter seinem Chormantel die Rute versteckt hält.
Lydia Saul schließt ihren Artikel mit einer Bemerkung, die mich sehr nachdenklich gemacht hat. Es geht ihr, in dem Raum zwischen der säkularisierten Lebenswelt von heute und der Einflusssphäre der großen Kirchen ausgezeichnet. Hat sie nicht recht? Geht es nicht vielen unserer Zeitgenossen bestens – auch ohne uns? Kommen sie nicht mit dem Weihnachtsmann gut über die Runden und vermissen den Nikolaus nicht? Es ist doch so: Ohne Kirche fehlt vielen nichts! Trotzdem sind sie oft nicht ohne Glauben. Der Slogan „Weihnachtsmannfreie Zone“ war gut, jetzt gehört er in die Mottenkiste. 
Als Christen sollten wir aufmerksam dafür werden, dass wir uns mit gut gemeinten und in der Presse gut plazierten Initiativen nicht mehr und mehr in ein Ghetto der „zertifizierten Frommen“ zurückziehen. Christliche Mission sieht anders aus. Jesus hat es uns ins Stammbuch geschrieben. Wir sollen den Samen reichlich aussäen, überallhin, unter die Dornen, auf den Weihnachtsmärkten, in den Supermärkten und den Castingshows, in den Kirchen und Adventsfeiern genauso, am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft. Ich jedenfalls vertraue darauf, dass der Same wächst und einst Früchte trägt, wenn ich selbst vermutlich längst weitergezogen bin oder erst dann, wenn ich erkenne, wie ich durch und durch erkannt worden bin. Als Christ muss ich nicht alles mit mir machen lassen, aber eine Kirche ohne die Macht des Geldes, der Institution, des Wortes, der Titel, der prachtvollen Liturgien und Gewänder verliert nicht nur sondern gewinnt durchaus an Überzeugungskraft.

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