Um es
gleich vorweg zu sagen: Ich war gar nicht beim Katholikentag in
Mannheim! Eigentlich bedauere ich das, denn ich erinnere mich gern an
die großen Katholikentage, die ich besuchen konnte, die
vielfältigen Messen, Vorträge und Gebetszeiten, die
Gespräche zwischen Christen und Juden und nicht zuletzt die
lebendigen Diskussionen auf den Straßen, zwischen Katholiken
aus dem ganzen breiten Spektrum der Kirche. In jedem Jahr nutzten
auch Gruppen wie die z.B. die Piusbruderschaft, die
Petrusbruderschaft und die Jugend 2000 dieses Forum, um ihre Themen
unter die Leute zu bringen.
So
nimmt es nicht Wunder, dass kürzlich quer (oder längs) durch die ganze Blogozese der Ruf
hallte: „Es gibt eine „Alte Messe“ beim Katholikentag!“ Eine
„Premiere“ sollte das sein (was ich gar nicht so recht glauben
kann, schließlich sind Petrus- und Piusbruderschaft schon lange
in Deutschlands großen Städten präsent.) Auch aus dem
schönen Mühltal stimmte „Landpfarrer“ Jolie in den
Jubel mit ein, packte seine Schola und einen Teil der Gemeinde in den
Bus, um in Mannheim gleich noch eine zweite... alte, nein
„gregorianische“ Messe zu feiern.
Ich
bewundere das Netzwerk katholischer Priester und seine Protagonisten dafür, dass sie
die Klaviatur der modernen Medien so gut beherrschen. So nutzte Pfarrer
Hendrik Jolie die öffentliche Aufmerksamkeit noch besser als P. Bernward
Deneke und versäumte es nicht gleich seine gesamte Kritik an seinem –
etwas unwilligen - Gastgeber in eine Pressemeldung zu packen und
über kathnews.de publik zu machen. Nicht ohne zu beklagen, dass diese zweite "alte" Messe gar nicht ins Programmheft gedurft hätte.
Ich
vermute, es gab dafür zwei Gründe. Einmal: Das Heft würde
aus allen Nähten platzen, wenn jede Mannheimer Gemeinde ihre
Gottesdienste darin finden wollte. Und vielleicht hat er sich nicht an die richtigen Stellen gewandt oder war schlicht zu spät.
Ich tue mich jedenfalls schwer damit, darin die böse Absicht
der ach so "liberalen" Organisatoren zu vermuten. Und es ist auch nicht
sehr freundlich, über den mangelnden Dialog des gastgebenden
Erzbistums zu klagen, wo doch der Ortspfarrer (Priester dieses
Bistums) die Nutzung der Kirche für die "gregorianische" Messfeier ausdrücklich
genehmigte, ohne dass sein Bischof ihn "zurückpfiff". (Ja, Pfarrer Jolie, ich gebe Ihnen recht, das, was Herr Glück später gesagt hat war jetzt auch nicht klug. An seiner Stelle
wäre ich einfach mal zur "alten Messe" hingegangen. Er wird doch das Stufengebet
wohl noch auswendig können!?!)
Aber zu
glauben, dass das Erzbistum hier opponiert hat, um seine „liberale
Gesinnung“ zu zeigen fällt mir sehr schwer. Das
wäre doch ein sehr ungewöhnlicher Aufwand für einen –
nach den Pressemeldungen – zwar gelungenen, festlichen und frommen
Gottesdienst, der aber ansonsten – außer der gregorianischen Liturgie nichts Besonderes hatte. Gut 100 Leute
haben mitgefeiert. Dafür hat er in der Presse mehr Raum
eingenommen als manche große Aktion. Das Priesternetzwerk kann doch sehr zufrieden sein.
Angesichts
der sonstigen Dimensionen auf Katholikentagen; denken Sie nur an die
ständigen „Halle überfüllt“ - Schilder, nimmt sich
das alles aber bescheiden aus. 20.000 Teilnehmer beim Hauptgottesdienst;
80.000 Teilnehmer insgesamt und 33.000 Dauerteilnehmer. Das sind zwar
– wie der Kölner Kardinal so spitz wie treffend
bemerkte – nicht gerade die „Massen“, die da einen neuen
Aufbruch wagen. Aber in diesen beiden „alten Messen“ so etwas wie
einen „Exorzismus“ für die in manchen Augen allzu liberale
Großveranstaltung zu sehen ist auch alles andere als
angemessen. Die „offizielle“ tridentinische Messe mit P. Deneke
aus der Petrusbruderschaft hat es immerhin auf 150 – 250 Teilnehmer
gebracht. Die Angaben gehen da sehr auseinander. Aber immerhin nutzen
einige „normale“ Katholikentagsgäste die Gelegenheit, diese
besondere Liturgie einmal selber mitzufeiern. Und auch hier herrschte
eher normale Frömmigkeit als Skandal. P. Deneke wehrte sich ja
auch ausdrücklich gegen eine mediale Zuspitzung dieser Messfeier
als gegen die „ordentliche“ Liturgie gerichtet.
Da
„saß“ (und schmerzte die Organisatoren) viel mehr, was
Kardinal Meisner aus der Ferne; Bischof Tebartz van Elst (es fehlten
ihm die Themen Katechese, Ehe und Familie) und Bischof Müller (der
einige Termine auf dem Katholikentag absagte und erst später
erschien) zum Katholikentag zu sagen hatten. Vielleicht hatten sie
aus ihrer Perspektive recht. Aber war es nötig, den anderen damit
die Freude an dem zu verderben, was gelungen ist in diesen Tagen in
Mannheim?
Schade
eigentlich, dass es so schwer ist, miteinander ins Gespräch zu
kommen und einen neuen Aufbruch zu wagen. Der Katholikentag wäre
doch ein Forum dafür. Und ein Bischof, der etwas vermisst oder
zu verbessern hat, hat doch alle Chancen seine Kritik an geeigneter
Stelle einbringen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein
Familienbischof, der gute Vorschläge zum Katholikentagsprogramm
mitbringt, diese nicht umgesetzt bekommt.
«Katholikentage
sind nicht mehr das, was sie mal waren», sagte Kardinal Meisner
der «Kölnische Rundschau« und dem Bonner
«General-Anzeiger». Da wird man ihm aus vollem Herzen
zustimmen! Aber die Welt hat sich auch sehr verändert. Ob es
aber auch stimmt, dass man „Verbundenheit und Einheit von Papst,
Bischof, Priestern und dem Volk Gottes“ nicht mehr spürt? Ich
weiß es nicht, es kommt wohl sehr auf die Perspektive an. Und –
mit Verlaub, lieber Herr Kardinal, wer dieser Veranstaltung fern
bleibt, kann aus der Ferne auch nichts spüren. Dabei ist gerade
der Kölner Erzbischof mit seiner Herzlichkeit und teils
einfachen und klaren Sprache durchaus ein Mensch, der Beziehung
aufnehmen und ein Gefühl der Verbundenheit vermitteln könnte.
Und „Wertschätzen“ kann er eigentlich auch, wie das Lob für
die Hl.-Rock–Wallfahrer und Kölner-Dom-Besucher im selben
Interview zeigt.
Aber
zurück zu Pfarrer Jolie und seiner kritischen Analyse, die er
uns begleitend zur „gregorianischen“ Messe in Anlehnung an die
Kritik des Kölner Kardinal liefert: „Den heutigen
Katholikentagen fehlt es an profilierten Persönlichkeiten:
Menschen, die erkennen lassen, dass spirituelle Kraft, Originalität
und Durchsetzungsfähigkeit einerseits und Glaubenstreue,
Romverbundenheit und Liebe zur Kirche andrerseits kein Widerspruch
sind. Diese Personen haben im derzeitigen System keine Chance, nach
„oben“ zu kommen – weder als Laie noch als Kleriker. Sie haben
sich deshalb längst auf andere Kongresse glaubenstreuer
Katholiken verzogen, weil sie durch die beständigen
Verleumdungen und Angriffe mürbe gemacht wurden. Auch in
Mannheim trifft man sie nur am Rande.“
Ich
glaube nicht, dass es uns an profilierten Persönlichkeiten
fehlt. Die sind schon da, aber die Aufmerksamkeit für das, was
sie zu sagen haben nimmt ab. Oder aus anderem Blickwinkel
betrachtet – wie ordnet Pfr. Jolie denn Leute wie P. Anselm Grün
OSB oder P. Notger Wolf OSB ein (waren gar nicht in Mannheim), bei deren Auftritten die Hallen aus allen
Nähten platzen. Ja, stimmt, mit der Menge der Worte, die sich
gedruckt in Büchern finden, muss nicht zwangsläufig auch die
Qualität des Gesagten steigen. Aber lesen Sie doch
heute mal die alten Bücher und Texte solcher profilierter
Persönlichkeiten wie P. Leppich SJ oder Christa Meves. Würden
die auch heute noch Leute auf die Beine bringen?
Etwas
schmunzeln musste ich, als Pfr. Jolie dann die Eigenschaften solcher
spirituellen Wundermenschen aufzählte: Einerseits „spirituelle
Kraft, Originalität und Durchsetzungsfähigkeit und
andererseits „Glaubenstreue, Romverbundenheit und Liebe zur
Kirche“. Als spräche er hier tatsächlich von Gegensätzen. Es klingt mir ein wenig so, als wäre
das eher ein selbstgefälliges Schulterklopfen der Kreise, die
sich auf „Kongresse glaubenstreuer Katholiken“ verzogen haben. Es
klingt auch sehr nach Pfarrern, die gegenüber ihren Gemeinden
manchmal so beinhart auftreten und so "alleswisserisch", als wären
Liebe zur Kirche und Liebe zum Gottesvolk Eigenschaften, die nicht
zusammen gehen. Ich
glaube auch nicht, dass „profilierte Persönlichkeiten“
automatisch zur Zielscheibe ungerechter Kritik werden. Das geschieht eher, wenn Profil und Persönlichkeit nicht zusammen passen.
Vielleicht
würde etwas draus, wenn solche Christen neben den von Jolie
aufgezählten Eigenschaften noch diese besäßen:
Lebenerfahrung, den Mut zu schweigen, wenn es not tut,
Bescheidenheit, Liebe zu den Menschen, Frömmigkeit,
Dialogbereitschaft, Demut; Dienstbereitschaft und manches mehr.
Super auf den Punkt gebracht! Danke!
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