Dienstag, 8. Dezember 2015

Eine Lanze für den Weihnachtsmann! (ausgerechnet...)

Alle Jahre wieder … kommt mit untrüglicher Sicherheit eine Kampagne gegen den Weihnachtsmann! Seit Jahren besetzt das Bonifatiuswerk diese kirchliche Nische erfolgreich mit seiner „weihnachtsmannfreien“ Zone. Gegen den fetten Typen mit Bömmelmütze und plüschbesetztem Bademantel setzt das katholische Diaspora-Hilfswerk den Hl. Bischof Nikolaus. Mehr aus dem evangelischen Raum kommt dagegen die Initiative „Wir glauben ans Christkind – Gebt dem Weihnachtsmann keine Chance“. Jahr für Jahr werden solche Grafiken unter Christen gern geteilt und weiter gereicht. 

Hochinteressant ist im wirklichen Leben das Gespräch mit Kindern darüber, wer eigentlich zu Weihnachten die Geschenke bringt, vor allem, was für Gedanken und Phantasien rund um diese geheimnisvollen Gestalten in Kinderköpfen herumgeistern. 

Quelle: Wikipedia
Ich sehe mich selbst als bekennenden Katholiken, bin wohl sogar etwas „konservativ“ angehaucht. Und trotzdem möchte ich heute eine „Lanze“ für den Weihnachtsmann brechen. Ich sehe „das Christkind“ als Gegenfigur durchaus skeptisch. (Danke an Sr. Barbara Offermann, die mich unfreiwillig auf diese Spur brachte.)

Gemeinhin gilt Martin Luther als „Erfinder“ des Christkindes. Um das Jahr 1535 soll dieser für seine Anhänger die Bescherung am Nikolaustag abgeschafft haben. Aber schon bald wurde er mit der Tatsache konfrontiert, dass sich die Leute liebgewordene Bräuche ungern nehmen lassen. Selbst wenn die geistliche oder religiöse Grundlage hierfür längst weggefallen ist. Eine Erfahrung, die schon die frühchristlichen Missionare machen mussten, die sich zumeist damit aus der Bredouille brachten, den jeweiligen Brauch zu „taufen“, ihm also einen neuen, christlichen Sinngehalt zu geben. Es ist ja kein Zufall, dass wir heute Weihnachten am Fest der Wintersonnenwende feiern. 

So sah sich Luther genötigt, den Geschenkebrauch auf das Weihnachtsfest zu verlegen (datiert wird das schon auf 1531). Als "kyndisch ding" lehnte Martin Luther auch das Brauchtum um den Hl. Bischof Nikolaus in einer Predigt zu dessen Fest 1527 entschieden ab. Die Geschenke brachte, so der erste Prediger der Reformation, daher „der Heilige Christ“, also Christus selbst, der ja der eigentliche Grund der Weihnachtsfreude sei. Daher wurden alle Schenkbräuche (auch vom Fest der unschuldigen Kinder ist ein solcher überliefert) auf den Weihnachtstag gelegt. Besonders erfolgreich war Luther mit seiner Initiative jedenfalls nicht. Selbst im eigenen Haushalt wurden noch lange Nikolausgeschenke eingekauft, wie u.a. durch Abrechnungen von 1535 belegt ist. In einem Kernland der Reformation hat sich „Sinterklaas“ bis heute erhalten und aus dem seiner Bischofstradition beraubten Nikolaus entwickelte sich als weihnachtlicher Geschenkebringer der Weihnachtsmann. Aufschlußreich ist in diesem Zusammenhang die Darstellung des „Nikolaus“ im Struwwelpeter von 1845, schon fast 100 Jahre vor der legendären Coca-Cola-Reclame. Der wenig später aufblühende Postkartendruck brachte ebenfalls zahlreiche Weihnachtsmanndarstellungen in die europäische Welt. Im multikonfessionellen Amerika trat der Weihnachtsmann seinen Siegeszug an, konnte seine Wurzeln im Heiligen Klaus – Santa Claus aber nicht ganz abstreifen, während die Engländer diese Gestalt heute konsequent Father Christmas nennen. 

Ich glaube, wir Christen geben uns einer gefährlichen Illusion hin, wenn wir allzu arglos das „Christkind“ zur zentralen Figur des weihnachtlichen Festbrauchs machen. Natürlich verbinden wir Christen (das Christkind ist inzwischen ja interkonfessionell und hat seine lutherischen Wurzeln verloren) mit dem Christkind unmittelbar das Christus-Kind in der Krippe. Aber eine Bildrecherche bei Google mit dem Stichwort „Christkind“ sollte uns schnell die Augen öffnen, dass das Christkind mitnichten mit dem göttlichen Erlöser gleichzusetzen ist. Zwei Drittel aller Bilder zeigen nämlich eine Art Engelwesen, meist ein Mädchen in weißen Kleidern. Die einsame Spitze dieser Christkind-Kultur ist das Nürnberger Christkindl, eine junge Frau mit Krone im faltenreichen Goldglitterkostüm. Das ist ohne Zweifel stimmungsvoll und schön, aber ist es auch christlich? Das Christkind ist nicht weniger in der Gefahr zu einer Phantasiefigur zu werden wie der Weihnachtsmann eine ist. Ich frage mich ernsthaft: Wo ist der Fortschritt mit Blick auf die christliche Verkündigung? Wollen wir ernsthaft unseren Kindern erzählen, dass ein neu geborener Säugling der Geschenkebringer ist? Wo ist der "Mehrwert", wenn wir versuchen sollten, das Christkind gegenüber dem Weihnachtsmann zu betonen? Mir scheint es durchaus vertretbar, wenn am Weihnachtstag erzählt wird, dass die Geburt Jesu Christi ein so großes Geschenk für uns ist, dass wir das auch ganz leibhaftig erfahren möchten, dass wir "Beschenkte" sind... Oder, dass die Weihnachtsfreude uns dazu bringt, unsere Mitmenschen zu beschenken. Wenn man den Kindern schon Geschenke geben möchte ohne selbst als Schenkender im Mittelpunkt zu stehen, warum sollte nicht ein Weihnachtsmann diese bringen? Mir erscheint das nicht schädlicher, als wenn die Kinder sich eine Art Rauschegoldengel vorstellen, den man "Christkind" nennt. Die Frage ist letztlich nur, wie viel Raum wir dieser Phantasiefigur lassen.

Raum auch in dem Sinne, dass wir diese Gestalt „klein“ halten. Daher sollten wir schön weiter unsere katholischen Feste feiern und die Bräuche dazu pflegen, St. Barbara, St. Nikolaus, St. Lucia. Den Advent in seiner kargen Schönheit. Und den Weihnachtsmann, der sich wie alle Neophyten kaum ausrotten lassen wird, den sollten wir liebevoll vereinnahmen. Er hat ja schon so manchen Wandel mitgemacht und im Grunde schon ein ehrwürdiges Alter. 

Denken wir einmal an die volkstümlichen Begleiter des Hl. Nikolaus. Aus christlicher Perspektive kommt der natürlich ohne Krampus oder Knecht Ruprecht aus. Und viele christliche Nikoläuse lehnen einen solchen Begleiter ganz ab, bzw. haben ihn von der angsteinflößenden Gestalt zu einem Helfer und Diener weiterentwickelt. 

So etwas bietet sich doch auch für den Weihnachtsmann an. Warum sollte er nicht einfach ein Helfer, ein Diener Jesu Christi sein. Im „Väterchen Frost“ oder „Jultomte“ gibt es ja auch einige Wurzeln des Weihnachtsmannes, die man etwas wiederbeleben könnte. Wichtig ist, dass diese Figur eindeutig als Märchenfigur gestaltet und dargestellt wird. Und noch viel wichtiger ist, dass die wahre Weihnachtsgeschichte, in alle ihren Facetten den Kindern (und Erwachsenen) erzählt und verkündigt wird. 

(Ein nicht zu unterschätzender Vorteil solcher Märchenfiguren ist doch, dass sie den unvermeidlichen Kitsch und Kommerz anziehen, wie das Licht die Motten. Auch diese Eigenschaft sollten wir zu schätzen lernen. Es ist besser, eine Phantasiefigur verkommt, als dass ein Heiliger mißbraucht oder die Botschaft Christi verbogen wird.)

Ich glaube, der Weihnachtsmann ist nur deshalb so erfolgreich gewesen, weil er ein Bedürfnis von Kindern und Erwachsenen aufgreift. Ein Bedürfnis, das auch in zahlreichen Märchen seinen Ausdruck findet, ein Bedürfnis, das auch im grassierenden Engelglauben und in der Faszination von Mythen über Elfen, Feen, Zwerge, Heinzelmännchen und Trolle Gestalt gewinnt. Welches kleine Kind „glaubt“ heute nicht an die Zahnfee, ohne dass sich christliche Missionare bemüßigt fühlen, den Kindern diesen Irrglauben auszutreiben. Warum meinen wir dann, es sei für die christliche Verkündigung in irgendeiner Weise schädlich, wenn an Weihnachten ein Weihnachtsmann heimlich Geschenke unter dem Weihnachtsbaum plaziert? Das scheint mir weniger gefährlich, als wenn aus dem „Christkind“ etwas wird, was mit dem menschgewordenen Gottessohn allenfalls noch den Namen gemeinsam hat und von dem sich Kinder dann im etwas höheren Alter verabschieden. Wenn es völlig schief läuft, flattert möglicherweise das Christkind in trauter Eintracht mit der Zahnfee ab in das Reich ungestörter kindlicher Phantasien und Kindheitserinnerungen. 

Das dicke Ende einer solchen Entwicklung ist dann der Pfarrer, der in der weihnachtlichen Festpredigt den Andächtigen erläutert, dass der Weihnachtsbericht der Evangelien doch eher ein Märchen, denn die Schilderung einer Wirklichkeit sei. 

Ich glaube, wer ernsthaft der grassierenden Weihnachtsmannvermehrung etwas entgegen setzen möchte, der muss die tiefen christlichen Bräuche ausdauernd und liebevoll pflegen. Er muss die Botschaft Christi dem Evangelium treu verkünden und vielleicht die irrlichternde Gestalt des Weihnachtsmannes liebevoll und christlich wieder an die Hand nehmen. Niemand braucht einen Weihnachtsmann einzuführen, wenn niemand ihn vermisst. Wenn er aber auftaucht darf er sein, so wie die Zahnfee sein darf und der Osterhase... Kinder wissen und spüren meist sehr genau, dass die Realität solcher Märchenfiguren eine sehr Spezielle ist. 

Als Christen haben wir doch einen Sisyphuskampf gegen diese Phantasiegestalt gar nicht nötig. Wir können sie humorvoll und spielerisch stehenlassen und getrost warten, bis sie sich von selbst auflöst. Bis dahin: „Sei gegrüßt, lieber Nikolaus...“ und „O Heiland reiß die Himmel auf“ und wenn es sein muss auch „Stille Nacht, heilige Nacht...“. 

P.S.: Ein kleiner Hinweise für alle, die sich nicht die Mühe machen, den gesamten Text zu lesen. Er ist nicht so bierernst gemeint. Aber als engagierter Nikolausverehrer macht mir der Weihnachtsmann keine Angst. Ich glaube, wir Christen sollten gut nachdenken, wo wir unsere Energie investieren. Dazu soll dieser Adventskalendertext Anregungen bieten.

P.P.S.: Hier geht es zum Adventskalender der katholischen Blogger:
http://katholon.de/adventskalender-2015/
http://heikesanders.blogspot.de/2015/11/adventskalender-der-blogoezese-2015.html

Hier findet sich das Türchen für den 10. Dezember 2015: http://brotundglanz.blogspot.de/2015/12/das-leuchten-der-anderen.html

Freitag, 4. Dezember 2015

Die "Pastis" und Gottes Richter!

(c) Bischöfliches Offizialat, Münster
Zu der am Montag (30.11.15) in der ARD ausgestrahlten Sendung: „Richter Gottes – Die geheimen Prozesse der Kirche“ ist eigentlich schon alles gesagt worden. Die Fernsehkritik hierzu von Regina Einig in der Tagespost - Ausgabe vom 3.2.2015 veranlasst mich dennoch dazu, einige spezifische Gedanken hinzuzufügen.

Ja, ich habe mich auch darüber geärgert, wie die zumeist segensreiche Arbeit kirchlicher Gerichte in der sogenannten Dokumentation „Richter Gottes“ dargestellt wurde. Also, weitgehend Zustimmung zur kritischen Sichtweise aus dem Raum der Kirche, auch zu dem Artikel von Regina Einig. 

Der Hals schwoll mir allerdings ein wenig bei der Formulierung, die mir jemand auf anderem Wege, durchaus nicht ohne Häme übermittelte: „Indirekt stellt die Sendung die Qualität des Theologiestudiums hierzulande in Frage. Wenn ein Pastoralreferent kirchliche Gerichte als "Kontrollinstrument" über das Privatleben kirchlicher Mitarbeiter einschätzt und für ihre Existenz "obskure Machtgründe" ins Feld führt, weckt das Zweifel am Sinn seiner theologischen Studien. In Zeiten, in denen afrikanische Gläubige in deutschen Kirchenkreisen abenteuerlichen Unterstellungen ausgesetzt sind, ermutigte diese Sendung Afrikaner zur Gelassenheit und setzte ein dickes Fragezeichen hinter die Kompetenz der "Pastis".“

Mir waren schon während der Sendung ebenfalls die beinahe unglaubliche Ungereimtheit aufgefallen, dass die Partnerin des angeblichen Pastoralreferenten Peter sich scheut, ihren Namen am Klingelschild anzubringen, während das Paar aber offenbar glaubt, nach deutschlandweiter Ausstrahlung einer Fernsehsendung anonym bleiben zu können, obwohl beide deutlich zu erkennen waren, offensichtlich aus der Region um Köln kommen und auch noch mit Vornamen benannt wurden. Ein Pastoralreferent ist im Regelfall im Ort und in seiner Gemeinde bekannt wie ein „bunter Hund“. Da wäre es sicher deutlich weniger problematisch, ein Klingelschild zu beschriften als sich derart zu exponieren. Natürlich weiß auch der „Kollege“, dass er im kirchlichen Dienst nicht mit einer Frau unverheiratet zusammenleben sollte, bzw. wenn er dies tut, dies nach Rücksprache mit seinen Vorgesetzten, sofern es sich um eine platonische oder geistliche Lebensgemeinschaft handelt. Das hat zunächst auch nichts damit zu tun, dass die Frau noch mit einem sakramentalen Eheband an einen anderen Partner gebunden sein könnte. Natürlich weiß er auch, dass zu seinem Zeugnis auch das Lebenszeugnis gehört und dass der „Dienstgeber“ Kirche erwarten darf, dass er die Konsequenzen zieht, wenn seine private Lebensführung und seine Liebe „Priorität“ erfordert. Zunächst einmal sehe ich nichts Ehrenrühriges darin, sich in eine Frau zu verlieben, die bereits in einer anderen Beziehung gelebt hat. Manches im Leben entscheidet nun mal nicht der Verstand allein!

Ich bin ebenfalls Pastoralreferent (eigentlich Gemeindereferent) und ich kann es gut nachvollziehen, in welch schwieriger Situation ein solches Paar stecken wird. Ich zitiere in diesem Zusammenhang einmal einen Abschnitt aus dem Hohen Lied. Auch wenn dieser Text vermutlich eine etwas andere Liebe im Blick hat, wenn dort geschrieben steht: „Stark wie der Tod ist die Liebe, / die Leidenschaft ist hart wie die Unterwelt. Ihre Gluten sind Feuergluten, / gewaltige Flammen. / Auch mächtige Wasser können die Liebe nicht löschen; / auch Ströme schwemmen sie nicht weg. Böte einer für die Liebe den ganzen Reichtum seines Hauses, / nur verachten würde man ihn.“ Vermutlich spricht der Autor auch von der Liebe zwischen zwei Menschen als Erfahrungshintergrund zur Poesie der Liebe zwischen Gott und Mensch. 

Wenn die Liebe also stark ist, muss sie im Zweifel auch den Vorrang vor sonstigen Lebensplanungen bekommen. Diese Entscheidung habe ich vor vielen Jahren auch schon einmal getroffen und zwar noch bevor ich vom Ausgang eines Ehenichtigkeitsverfahrens erfuhr, das mich mittelbar auch betreffen würde. Ich habe selbst „einschlägige Erfahrung“, weil meine Frau, mit der ich inzwischen seit fast 20 Jahren sakramental verheiratet bin (und vier Kinder erziehe), ebenfalls bereits eine – wenn auch sehr kurze – Ehe hinter sich hatte, als wir die im Hohen Lied besungene „Stärke“ der Liebe erfuhren.

Natürlich kennt und akzeptiert man den Rahmen, in dem man sich im kirchlichen Dienst bewegt. Es muss einem natürlich nicht gefallen und es wird einem auch nicht gefallen, wenn man in einer persönlichen Situation steckt, die klare Entscheidungen fordert. So etwas ist schwierig und menschlich. Meine spätere Frau hat die Gültigkeit ihrer ersten Ehe prüfen lassen, mit dem Ergebnis, dass diese durch zwei Kirchengerichte als ungültig erkannt wurde. Ich kann weder über das Ehegerichtsverfahren noch über das Bistum etwas Negatives aus dieser Zeit erzählen. Auch meine Frau hat sich nur positiv über die am Verfahren beteiligten Personen geäußert, die ihr eine tiefe Reflexion der gescheiterten Beziehung ermöglichten. 

Warum Frau Einig sich bemüßigt fühlt, einen im fortgeschrittenen Alter offenbar erstmals so richtig verliebten Kollegen als "pars pro toto" vorzuführen und warum seine negative Grundhaltung bzw. aus der Emotion heraus gegebenen Antworten in dieser Frage Hinweise auf seine theologische Kompetenz geben soll erschließt sich mir nicht. Ich möchte ungern in „einen Sack gesteckt“ werden mit einem Kollegen, der sich - möglicherweise aus persönlicher Betroffenheit - unsauber äußert.

Ich kann auch nicht erkennen, warum diese doch eher privaten Äußerungen (ich bin auch gespannt, ob der Betroffene sich noch selbst hierzu zu Wort meldet) irgendeinen Hinweis auf die Qualität der theologischen Ausbildung geben sollen, weder auf die Qualität der Lehre an der Universität Bonn (wo der Kollege ja möglicherweise studiert hat) noch auf die an anderen Universitäten, Fachhochschulen und Hochschulen in unserem Land. 

Inwieweit dort neben dem allgemeinen Kirchenrecht und dem Eherecht auch Einblicke in die konkrete Arbeit eines kirchlichen Ehegerichts vermittelt werden, entzieht sich meiner Kenntnis. Woran Sie möglicherweise merken, dass meine Ausbildung einen anderen Weg als den an einer theologischen Fakultät einer deutschen Universität genommen hat. Persönlich betrachte ich die Einrichtung Ehegericht keinesfalls als „Kontrollinstrument“ und wähne auch keine „obskuren Machtgründe“ dahinter. Mit Kirchenrecht und kirchlicher Gerichtsbarkeit habe ich mich natürlich auch über die reinen Ausbildungsinhalte hinaus auseinandergesetzt, zumal man immer wieder in seelsorglichen Gesprächen entsprechend Rat zu geben hat. Und das ein oder andere Paar konnte ich auch auf den Weg zum kirchlichen Ehegericht begleiten. 

Soweit zum Inhalt, nun zum Grundsätzlichen: 
Ich habe überhaupt keine Probleme damit, wenn „unser“ Berufsstand kritisch gesehen wird, wobei ich mich schon frage, ob „wir“ Pastoral- und Gemeindereferenten nicht allzu allgemein in Haftung genommen werden für die von Manchem als negativ empfundenen Veränderungen in der Kirche nach dem 2. Vaticanum. Schließlich wird allgemein angenommen, dass der Berufsstand der Pastoral- und Gemeindereferenten eine „Frucht“ dieses Konzils sei. Manchmal wird er ja auch ebenso gewürdigt und gefeiert. Möglicherweise stimmt das auch, man sollte aber nicht vergessen, dass es auch schon in den 1920er und 1930er Jahren die Seesorgehelferinnen gab, die auch eine „Wurzel“ des hauptamtlichen Laiendienstes in der Pastoral darstellen. 

Interessanterweise begegnet mir der Begriff „Pasti(s)“ nur in Kreisen, die den Berufsstand als Solchen kritisch sehen. Hier wird er in der Regel zur negativen Abstempelung benutzt, die den Berufsträgern in keiner Weise gerecht wird. Nach meiner Wahrnehmung ist das, was hierunter in zahlreichen Onlineforen und Diskussionen verstanden wird, allenfalls eine Chimäre, ein Zerrbild, das den Einzelnen verunglimpft. Ich finde das unfair und würde erwarten, dass man sich die Mühe macht, Menschen die im kirchlichen Dienst, mit bischöflicher Beauftragung und zumeist mit vollem Einsatz tätig ist, nach ihrem Handeln und nach ihren Überzeugungen und Einstellungen zu bewerten und sich mit ihnen entsprechend auseinander zu setzen. 

Als Vater von vier, teils pubertierenden Kindern bin ich Kummer und Auseinandersetzungen gewohnt. Trotzdem ärgert mich, wenn ich oder meine Kollegen in eher traditionstreuen und kirchentreuen Kreisen derart negativ dargestellt werden. Nach meiner Erfahrung sind zahlreiche engagierte und treue Katholiken unter uns Pastoral- und Gemeindereferenten, die es schmerzt, wenn sie pauschal abgewatscht werden. Auch das ist ein Puzzelstück in der allgemein beklagten Krise der Berufungen.

Eine größere Offenheit der traditions- und kirchenverbundenen Kreise für die Persönlichkeiten hinter der Abstempelung „Pastis“ würde sicher auch diesen gut tun und zu einer stärkeren Verbundenheit unter uns Katholiken insgesamt beitragen. Vielleicht auch dazu, dass der ein oder andere Kollege seine möglicherweise problematischen Auffassungen noch einmal bedenkt und in einem weiteren kirchlichen Horizont betrachten kann.

Da es von Regina Einig in diesem Kontext gesetzt wird, möchte ich auch noch eine Bemerkung machen zu dem inhaltlichen Schlenker über Pastis und die Qualität der deutschen/europäischen Theologie hin nach Afrika. Staunend habe ich in den vergangenen Wochen beobachtet, wie eine missglückte Bemerkung eines Journalisten im kirchlichen Dienst (ich habe ihm das auch persönlich gesagt) mehr und mehr zu einem Skandal aufgeblasen wurde. 

Fakt ist doch, dass Afrika kein Land, sondern ein Kontinent mit einer gewaltigen Vielfalt ist. Fakt ist, dass man über Afrika alles – und nichts behaupten kann und für alles Belege finden wird. Fakt ist auch, dass die Menschen in Afrika in einer weniger säkularisierten, anderen Gesellschaftsordnung leben, die durchaus mehr Raum für persönliche Gläubigkeit bietet. Die Menschen in Afrika dürften sich in den Erzählungen, Berichten und Geschichten der Bibel viel unmittelbarer wiederfinden, als uns das in Europa heute gelingt. Sie sind – das kann man bei aller Unterschiedlichkeit sagen – anders gebildet und sozialisiert als wir im Westen. Weis keinesfalls mit „minder...“ zu übersetzen ist. Bisher ist die spezifisch afrikanische Lebensart (bei aller Unterschiedlichkeit) offenbar für den christlichen Glauben ein „Saatfeld“ und ein „Weinberg“, der viel Arbeit erfordert aber auch reiche Frucht bringt. Aber auf der anderen Seite gibt es in Afrika durchaus Problemfelder für den Glauben, die nicht weniger Schwierigkeiten aufwerfen, als die Diskussion z.B. um den Kommunionempfang für Menschen in einer zweiten Ehe hierzulande.

Ich pflege einige Kontakte nach Uganda, kenne dort Ordensleute, Priester und Katechisten. Gerade letztere tragen und organisieren dort in weit höherem Maße als hierzulande die Pastoral- und Gemeindereferenten das Gemeindeleben mit. Sie halten Katechesen, predigen, feiern Gottesdienste, bereiten diese vor, beerdigen die Verstorbenen... 

Ich bin froh, dass gerade meine afrikanischen Schwestern und Brüder, die als Katechisten, unter widrigsten Umständen und meist mit geringer finanzieller Unterstützung der Kirche hingebungsvoll tätig sind, nicht erfahren, wie wenig ihre „Katechisten“-Kolleginnen und Kollegen hier in Deutschland von frommen Katholiken geschätzt werden. Ich denke, dass jede und jeder, der sich für die Verkündigung des Wortes Gottes und für eine lebendige Kirche engagiert zunächst einmal unsere Unterstützung und unser Gebet verdient. Sicher auch ab und an einmal ein offenes, aber von Wertschätzung getragenes Wort!

Ich denke, für unsere gemeinsame Mission wäre es durchaus nicht abträglich, wenn Menschen die uns sehen und erleben anschließend sagen könnten: Seht, wie sie einander lieben!


Mittwoch, 2. Dezember 2015

Weihnachten, ganz ohne Weihnachten...

Es ist Advent, endlich! Der frisch duftende Adventkranz mit der ersten brennenden Kerze darauf bringt heimelige, vorweihnachtliche Stimmung in unsere Häuser und in unsere Kirchen. Wie schön, wenn man bei Kerzenschein zusammen ist – und nicht auszudenken, wenn diese Geborgenheit jäh zerstört würde. Wie so oft in diesen Tagen, dort wo Terroristen zuschlagen... Erbarmungslos!
Bei uns ist es friedlich – und doch wohnen auch in unseren Herzen manchmal Ärger, Zorn, Neid und Hass... Und doch keimt manchmal der Unfriede, das Unvermögen den Anderen – als Nächsten anzunehmen, die Ungerechtigkeit mitten in uns?

Wenn wir nach „draußen“ schauen, in die Welt um uns herum, dann vergehen allzu heimelige Gefühle. Rundherum gibt es genug Anlass zu Sorge – und Angst.
Da kommen die Lesungen des ersten Adventssonntags wie gerufen! Sie greifen die uralten Ängste der Menschheit auf; Ängste, die uns mit den Menschen der Bibel, mit den Menschen des Mittelalters, mit unseren Groß- und Urgroßeltern verbinden - durch alle Zeiten und Generationen hindurch. Diese Texte wollen die Ur-Ängste der Menschen in eine neue Richtung wenden, sie wollen nicht Ängste schüren, sondern Wege der Hoffnung zeigen. 

Sie weisen auf Jesus Christus, der kommen wird, um uns eine gute Zukunft zu eröffnen. Doch spielt das eigentlich noch irgendeine Rolle im Advent, in der (Vor-)weihnachtszeit?

Ich war in den letzten Tagen in einigen Supermärkten und habe mir dort die Adventskalender genau angesehen. Zusammen genommen waren das bestimmt 60 – 70 unterschiedlichste Modelle, mal preiswert für einen Euro, mal gediegen für den Preis eines soliden Weihnachtsgeschenks. Alles geschmückt mit „weihnachtlichen Motiven“. Ich entdeckte darunter aber keinen einzigen Kalender mit einem christlichen Symbol. (Wenn man mal von niedlichen Putten absieht oder irgendwelchen Sternen).

Einmal aufmerksam geworden, erkundete ich das weitere Warenangebot, auch ein großer IKEA – Markt mit riesiger Weihnachtsabteilung war dabei, doch so „weihnachtlich“ viele Märkte geschmückt sind … all das kommt vollständig ohne die Botschaft vom Gottessohn im Stall, in der Hirtenhöhle zu Bethlehem aus. Nicht mal ein einziges, kitschiges Krippenbild, nichts.

Ich fürchte, dass es wohl inzwischen ein Zeichen unserer Zeit ist, dass der Dezember, dass Weihnachten gefeiert werden kann – ohne dass die weihnachtliche Botschaft dabei zitiert oder nur gestreift bzw. visualisiert wird. Und natürlich erst recht nicht die Texte die von einer anderen Welt, von Erlösung, von der Vollendung der Welt berichten. Wir sollten uns nicht wundern, wenn eines Tages der "Weihnachtsmann" zu einer Erlöserfigur wird. 

Dabei scheint es im Grunde so, als seien die liturgischen Texte der Adventszeit geradezu für die heutige Zeit geschrieben, in eine Welt hinein, die in Unruhe und Aufruhr ist; wo wir uns immer wieder fragen, wer all die Probleme zu lösen noch in der Lage ist. Nur will diese offenbar kaum noch jemand hören. Das viel zitierte „wir schaffen das...“ meint ja "nur" die Bewältigung einer Flüchtlingskrise und noch lange nicht eine Hoffnung auf die Lösung der weit größeren Krise, deren Symptome der Terrorismus, die Armut und Ungerechtigkeit und die Gefährdung unseres Planeten sind. 

Die Weihnachtszeit mit all ihrem Klimbin, kommt einem da manchmal sonderbar vor; wie aus der Wirklichkeit gefallen. Kann das sein, dass man ganz bewusst die Augen verschließt, vor all den Problemen und all der Not? Dass der Advent eine Flucht in eine rosa - glitzende Winterwunderweihnachtswelt darstellt?

Kann das sein, dass der Lichterschein der Kerzen gerade die Not, die Sorgen, das Elend unserer Zeit verschleiern, überstrahlen soll; so wie eine mit lauter Lichterketten beleuchtete Straße, die am hellichten Tag wahrscheinlich ziemlich grau und trostlos aussieht?

Der Papst soll kürzlich sogar davon gesprochen haben, dass die Feier der Weihnacht zur „Scharade“, zum Possenspiel verkommt. 

Selbst die familiäre Krippenszene, die in den vergangenen Jahren manchmal zu einem künstlichen Familienidyll aufgebrezelt wurde, hat im Supermarkt keinen Raum mehr. Weihnachten hat als Fest der "heilen" Familie ebenfalls weitgehend ausgedient. Haben Sie in den letzten Jahren noch einmal irgendwo eine Krippe im Regal entdeckt? Allenfalls als „Grippe“ ausgezeichnet im Billigbaumarkt zum Ramschpreis, möglicherweise noch vereinzelt als „Traditionsmotiv“ im Schwibbogen aus dem Erzgebirge. (Die Kurrendesänger haben schon lange ihre Liedtexte verlernt und die Seifener Kirche ist allenfalls noch Kulisse, nicht nur im Schwibbogen). Nein, heute müssen Weihnachts- und Schneemänner, Winteridylle und Rentiere ran; allenfalls noch niedliche Engel könnten dem Eingeweihten, bei etwas Phantasie vom Himmelreich künden, während sie vom Normalverbraucher in die Fächer mit den Feen und Elfen einsortiert werden, Fabelwesen halt! 

Ob das alles folgenlos bleibt? Was mag es wohl für unsere Lebenswelt, für unsere Gesellschaft bedeuten, dass die christliche Botschaft sich aus der Öffentlichkeit zurückzieht - in die Kirchen hinein?

Was bedeutet das, dass auch im Westen drei viertel der Bürger dieser Botschaft nicht mehr folgen und selbst zu Weihnachten keinen Blick mehr hinter diese Kirchentüren tun? Das Weihnachtsfest findet mehrheitlich ohne uns Christen statt.

Weihnachten wird so auf „das Eigentliche“ zugeführt … wird ein Vehikel zur ultimativen Steigerung des Konsums … und da soll nichts Kritisches stören, nichts die Kauflaune bremsen... Weihnachten, ein Teil einer Reihe von modernisierten Konsumfesten, ja im Grunde das Spitzenereignis im Jahr.

Sonderbar, die Texte, die wir am ersten Advent (und auch später) in der Kirche verkündet bekommen, diese Worte waren als Trosttexte gedacht, selbst wenn sie von großem Chaos, von einer Welt in Aufruhr, voller Angst und Unruhe erzählen. Brauchen wir den Trost nicht mehr?

Von „Bestürzung und Ratlosigkeit“ ist dort die Rede - wie wenn es ein Kommentar wäre, zu all dem, was heute morgen wieder in der Zeitung steht.

Im Evangelium lesen wir, wie wir Weihnachten erwarten sollten: 

Wenn (all) das beginnt, dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; denn eure Erlösung ist nahe. 

Richtet euch auf... 

Das würde ich mir wünschen, dass es uns gelingt, aufrecht durch diese Zeit zu gehen, mit Freude auch die schönen, gemütlichen Seiten des Advent zu genießen, aber stets aufrecht zu gehen und dann nicht zu zaudern, sondern all das anzupacken, was sich uns an Problemen stellt. „Wir schaffen das, mit Gottes Hilfe, schaffen wir das...“ Nicht als billige Vertröstung, as politische Floskel, sondern als Ansporn den nächsten Schritt zu gehen, aufrecht!

Richtet euch auf, es gibt keinen Grund sich zu ducken, auch keinen Grund sich weg zu ducken, es gibt keinen Grund, nicht von der Hoffnung zu erzählen, die zumindest als kleine Flamme mitten in unserem Herzen brennt. 

Wir Christen sind eingeladen, Weihnachten wieder mehr christlichen Geist einzuhauchen. 
Wir Christen dürfen Menschen einzuladen, den Kopf nicht hängen zu lassen, sondern sich aufzurichten und den Blick auf Christus zu richten...

Auf Christus, 
der kommt … 
als hilfloses Kind; 

der kommt … 
als notleidender Mensch, 

der kommt … 
selbst noch in jedem Menschen, der denkt, 
die Kirche und den Glauben braucht keiner mehr. 

Der kommt … 
selbst wenn die ganze Welt im Dunkel zu versinken scheint. 

Am Anfang war es nur, 
ein hilfloses Kind in der Krippe. 

Am Ende ist es der, 
der die Tür des Himmelreiches öffnet 
und alles überwindet …
Angst und Sorge
Terror und Krieg
Ungerechtigkeit und Leid, 
ja sogar den Tod!

So richtet euch auf und erhebt euer Haupt!

Aus dem heiligen Evangelium nach Lukas:

In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern:
Es werden Zeichen sichtbar werden an Sonne, Mond und Sternen, 
und auf der Erde werden die Völker bestürzt und ratlos sein 
über das Toben und Donnern des Meeres. 
Die Menschen werden vor Angst vergehen 
in der Erwartung der Dinge, die über die Erde kommen; 
denn die Kräfte des Himmels werden erschüttert werden. 
Dann wird man den Menschensohn 
mit großer Macht und Herrlichkeit 
auf einer Wolke kommen sehen. 
Wenn (all) das beginnt, 
dann richtet euch auf, und erhebt eure Häupter; 
denn eure Erlösung ist nahe. 
Nehmt euch in acht, 
daß Rausch und Trunkenheit 
und die Sorgen des Alltags euch nicht verwirren 
und daß jener Tag euch nicht plötzlich überrascht, 
so, wie man in eine Falle gerät; 
denn er wird über alle Bewohner der ganzen Erde hereinbrechen. 
Wacht und betet allezeit, 
damit ihr allem, was geschehen wird, 

entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt.