Sonntag, 24. Februar 2019

Ein neuer Himmel, eine neue Erde... aber erst mal eine neue Kirche?!

(c) Bistum Eichstätt, Pressestelle, Andreas Schneid
Am Samstag spendete der Bischof von Eichstätt, der Benediktinermönch Gregor Maria Hanke OSB seiner benediktinischen Schwester Hildegard Dubnick OSB in der Kirche der Eichstätter Benediktinerinnenabtei St. Walburg die Äbtissinnenweihe. 

Huch, beinahe hätte ich geschrieben, das „Sakrament“ der Äbtissinnenweihe aber natürlich ist mir klar, dass diese „Weihe“ in Wahrheit eine Benediktion, eine Segnung ist. Wann hat man schon mal die Gelegenheit eine solche Feier zu verfolgen? Die Vorgängerin von Mutter Hildegard, Mutter Franziska Salesia Kloos füllte dieses Amt schließlich 34 Jahre lang aus. Ob dem Eichstätter Bischof ein solches geistliches Erlebnis in seiner Amtszeit noch ein weiteres Mal gewährt wird?

So habe ich mit großem Interesse der im Internet übertragenen Feier beigewohnt. Schwester Hildegard (übrigens aus Amerika), die Anfang 2019 vom Konvent gewählt wurde, trug bereits ihr Äbtissinnenkreuz. Zur Weihe legte sie sich flach vor den Altar, während die Allerheiligenlitanei gesungen wurde, in der offenbar bewusst die Namen des Hl. Romuald, des Hl. Bruno und vieler weiterer Ordensgründer*innen eingefügt wurden. Als Zeichen der Hirtensorge für den ihr anvertrauten Konvent bekam sie einen reich verzierten, historischen Äbtissinnenstab überreicht. Dazu eine Ausgabe der Regel des Hl. Benedikt, nach der sich die Schwestern in ihrem Leben ausrichten. Als Zeichen ihrer Treue im Glauben und zum Konvent bekam sie einen Ring angesteckt. Die Aufzeichnung des festlichen Gottesdienstes können Sie übrigens bei youtube finden. 

Mir ging während der feierlichen Weihehandlung durch den Kopf, ob wohl irgendein unbefangener Zuschauer ohne tiefe theologische Kenntnisse nach dieser Feier den Unterschied zwischen Weihe und Benediktion irgendwem erklären könnte? Vielleicht sollte man als Auswahlkriterium für das Bischofsamts zur Bedingung machen, dass es dem Kandidaten gelänge, dies seinem Friseur während des Haareschneidens begreiflich zu machen und seiner Taxifahrerin auf dem Weg vom Bahnhof zum Dom zu vermitteln, warum dieser Unterschied wichtig sein sollte.
Es wird ein schöner Zufall sein, dass ich in diesen Tagen ein Büchlein über die Geschichte der Abtei St. Walburg gelesen habe. Und darin auch wahrnehmen konnte, welche Bedeutung und Macht die jeweilige Äbtissin in der Vergangenheit hatte, bis dahin, das selbstverständlich auch die Pfarrer unter ihr arbeiteten und von ihr eingesetzt wurden. Eine Tatsache, die heute längst der Vergangenheit angehört. Die Geschichte der Benediktinerinnenabtei St. Walburg spiegelt einige Höhen und Tiefen der Kirchengeschichte und liest sich spannend wie ein historischer Roman. Hochinteressant ist, wie sehr die Schwestern mit der Obrigkeit immer wieder über Kreuz lagen, besonders dann, als die Obrigkeit nicht mehr in den Händen der Kirchenoberen lag, aber durchaus auch in der Zeit, als kirchliches und weltliches Amt ineinander fielen.

Während der Übertragung der Äbtissinnenweihe fragte ich mich: „Was trägt denn der Bischof da über seinem Messgewand?“ Eine Stola war es nicht und es brauchte einiger Sucherei im Netz, bis mich ein kundiger Mensch aufklärte. Das Ding heißt Rationale und es stammt als bischöfliches Würdezeichen aus dem Mittelalter. Bis in die heutige Zeit hat das Rationale oder „Superhumerale“ aber nur in vier Diözesen der Welt überlebt, heute tragen es nur noch die Erzbischöfe von Krakau und Paderborn sowie die Bischöfe von Toul-Nancy und eben: Eichstätt. Dieses liturgische Gewandstück entstand im 9./10 Jh. unter alttestamentlichem Einfluss. Als Vorbild dienten Efod und Choschen, die kostbaren Teile des Gewandes des aaronitischen Hohenpriesters. Das Rationale in Eichstätt besteht aus zwei, auf Brust und Rücken getragenen, u-förmigen Elementen, die an der Schulter durch zwei kreisförmige Textilstücke zusammengehalten werden. Stickereien verweisen auf die geistlichen und weltlichen Tugenden: fides, spes, caritas, prudentia, iustitia, fortitudo, temperantia, veritas, disciplina (Glaube, Hoffnung, Liebe, Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, Mäßigung, Wahrheit, Ordnung). Bei der Äbtissinenweihe trug Bischof Hanke jedoch keines der überlieferten historischen Stücke, sondern ein schlichtes Exemplar aus dem Jahr 1984, gefertigt im Franziskanerinnenkloster Dillingen von Sr. Animata Probst.

Wenn ich sowas erfahre, dann erwacht der Historiker in mir, aber auch der Liturge und Theologe; ich erinnere mich an den „Fanon“, ein liturgisches Kleidungsstück, das Papst Benedikt aus einem historischen Kleiderschrank wieder hervor gekramt hatte oder den Camauro, den er ein einziges Mal kurz vor Weihnachten 2005 öffentlich trug. Oder ich lese voller Faszination über die vielfältigen Gewänder, die orthodoxe Diakone, Priester und Bischöfe tragen. Und wenn es nicht so teuer wäre, stände Dieter Philippis Sammlungskatalog über die Kopfbedeckungen in Glaube, Religion und Spiritualität längst in meinem Bücherschrank. Faszinierend, was da quer durch die Zeiten an religiöser Kleidung bis heute überliefert wurde. Allerdings, deren Sinnhaftigkeit möchte ich meiner lieben Friseurin nicht erklären müssen. Zumal in Zeiten, wo – allen Bemühungen von Karl Lagerfeld zum Trotz („Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“), formale Bedeutungen einzelner Kleidungsstücke und deren Formen in der Mode längst obsolet geworden sind.

Derweil tagt in Rom ein gewichtiger Kreis von Bischöfen und Kardinälen mit dem Papst. Heute ist ihre Konferenz zu Ende gegangen, mit der sie auf die vielfältigen Missbrauchsskandale in der Kirche reagieren wollten. Auf dem Höhepunkt der Versammlung wurde die Laienorganisation „Wir sind Kirche“ befragt, ob sie mit dem bisherigen Verlauf zufrieden sei.

Die vom Papst zur Diskussion gestellten 21 Punkte könnten jedoch nur erste Schritte sein, um weltweit verbindliche Standards für Prävention und den Umgang mit Verdachtsfällen festzulegen, erklärte die "Wir sind Kirche". In der "jetzigen existenziellen Krise" sei eine fundamentale Neuausrichtung der Kirche nötig. Dazu gehörten die Abschaffung des Pflichtzölibats, die Weihe von Frauen, eine andere Sexualmoral und eine echte Gewaltenteilung in der römisch-katholischen Kirche.

Mich würde ja interessieren, was konkret das „Andere“ der geforderten neuen Sexualmoral ausmachen soll. Sicher ist die Obsession der überlieferten katholischen Moraltheologie für Fragen unter der Bettdecke oder auf dem Lotterbett schon ziemlich speziell. Aber bei aller Kritik im Detail, wer möchte wirklich eine „andere“ Sexualmoral. Es gibt doch heute schon so ziemlich alles im sexuellen Bereich was man sich denken kann und an katholische Verbote hält sich kaum ein Mensch mehr. Mir kommt die formulierte Sexualmoral der Kirche manchmal so vor wie die EU-DSGVO und andere europäische Normen, die derart ins Detail alle Wechselfälle eines Themas zu regeln versuchen, dass diejenigen, deren Rechte eigentlich geschützt werden sollen, sich allzu schnell in den Details verstricken und am Ende lieber ohne als mit DSGVO leben. Ich denke, diesen Fehler hat die Kirche mit ihrer fein ziselierten Sexualmoral auch gemacht. Vielleicht müssen die Bischöfe, wie ein guter Winzer oder Obstbauer ja wirklich hier und da einen Zweig/eine Rebe abschneiden. Aber dennoch wünsche ich mir keine andere Sexualmoral, sondern Bischöfe, die in all deren Verästelungen den menschenfreundlichen Kern aufdecken und den Menschen nahe bringen. Mit Behutsamkeit, guten Worten und nicht mit dem Rohrstock und dem erhobenen Zeigefinger, den anlässlich der zerstörten Glaubwürdigkeit der Kirche in all diesen Fragen eh niemand mehr akzeptieren würde.

Kardinal Woelki bringt es auf eine griffige Formel, wenn er mahnt, "Es ist nicht unsere Aufgabe, jetzt selber eine neue Kirche zu erfinden", sagte der Erzbischof. "Die Kirche ist keine Manövriermasse, die uns in die Hände gegeben ist."

Vermutlich reagiert er auf „Wir sind Kirche“, wenn er sagt: „Es ist nicht damit getan, den Zölibat abzuschaffen. Es ist nicht damit getan, jetzt zu fordern, dass Frauen zu den Ämtern zugelassen werden. Und es ist auch nicht damit getan, zu sagen, wir müssen eine neue Sexualmoral haben".

Laut Kardinal Woelki gebe es Stimmen in der Kirche, die es an der Zeit halten, "alles das, was bisher war, über Bord zu werfen". "Ich halte das für ein sehr gefährliches Wort." Die katholische Kirche stehe in einer großen Tradition und gerade auch für das Überzeitliche. Aufgabe der Bischöfe sei es, das von den Aposteln überkommene Glaubensgut zu bewahren und in die Zeit hinein zu sagen.

Schöner kann man die Spannung wohl nicht auf den Punkt bringen, die sich – auch – in der Diskussion um die Missbrauchsfälle in der Kirche derzeit eher immer stärker aufbaut als entlädt.

Es geht im Kern, um unsere Vorstellung von der Kirche und deren Funktion und Aufgabe in der Welt, um die gestritten wird und um die gestritten werden muss. Ein Streit, der im Grunde schon viele Jahrhunderte alt ist, vermutlich gar Jahrtausende. Spuren dieser Auseinandersetzung finden sich schon im Neuen Testament.

Nein, ich bin eher nicht bei „Wir sind Kirche“ und mehr bei Kardinal Woelki. Wir sind nicht berufen eine „neue“ Kirche zu erfinden. Ich möchte auch die vielfältigen Traditionen der alten Kirche nicht über Bord werfen, so schmerzlich ich auch ihre Fehler aushalten muss. Fehler, die uns als Kirche ja an jeder Theke und an jedem Stammtisch zu den Stichworten: Kreuzzüge, Hexenverfolgungen, Reichtum der Kirche, das „Bodenpersonal“ und aktuell „Missbrauchsskandal“ um die Ohren gehauen werden.

Der Papst hat mir hierfür in seiner Abschlussrede zum Anti-Missbrauchsgipfel einen spirituellen Schlüssel an die Hand gegeben: „In der Tat erblickt die Kirche in der gerechtfertigten Wut der Menschen den Widerschein des Zornes Gottes, der von diesen schändlichen Gottgeweihten verraten und geohrfeigt wurde.“ Wie perfekt die Antwort der Kirche auf die verstörenden Anfragen der Kirchengeschichte und der Missbrauchskrise auch ausfallen mag, mit einer noch so ideal neu konstruierten Kirche kann man die Schatten (und auch die Glanzpunkte) der Vergangenheit nicht abstreifen. (Nach perfekter Antwort sieht es ja heute, zum Abschluss des Gipfels nicht einmal aus.)

Ich möchte die reiche Tradition der Kirche nicht missen. Mit all ihren Höhen und Tiefen gehört sie zu uns und zu mir. Sie ist ein Schatz, auch in ihren dunklen Seiten. Gerade in ihrem teils eklatanten Widerspruch zu biblischen Traditionen zeigt sich doch auch ein Wandel und ein Lernprozess der Kirche. Ihre Geschichte zeigt die Spuren von Sündern und Heiligen, das eine kann es nicht ohne das Andere geben. Auch hier gilt der Satz: „Wer sich des Vergangenen nicht erinnert, der ist dazu verurteilt, es noch einmal zu erleben.“ Ein Neustart ist nicht möglich, weder mit „sola scriptura“ noch mit jeden anderen plakativen Leitwort.

Kirche ist, so haben wir das in unserer Ausbildung gelernt: „Sakrament für die Welt“ – das Grundsakrament überhaupt. Kirche ist in die Welt gesandt und nicht nur zu den katholischen Gläubigen, die sie als Sakrament für sich und ihren persönlichen Glauben annehmen und glauben. Sie hat eine Sendung in die Welt hinein, diese „gott-voll“ zu machen, die Spuren Gottes in der Welt zu entdecken und sie zum Leuchten zu bringen. Sie hat eine Sendung in der Welt, die Frère Roger einmal so umschrieb, dass wir als Christen gerufen seien, „Ferment der Versöhnung“ unter den Menschen zu sein.

Dazu braucht sie eine tiefe, innere Glaubwürdigkeit. Ist die einmal zerbrochen, so wird es schwer die „frohe Botschaft“ zu den Menschen zu bringen. Niemand spürt das heute deutlicher als der Papst, der –zu recht- auf den entsetzlichen Missbrauch von Menschen in der ganzen Welt hinwies, bevor er auf die Rolle der Kirche darin zu sprechen kam. Wie will die Kirche ihrem Auftrag gerecht werden, die Schwachen zu schützen, wenn die Schwachen nicht einmal in ihrem Innersten sicher sind? Es wird ein langer Weg. Gut, dass es weltweit so viele Initiativen gibt, wo Christen sich für die Schwachen ganz handfest einsetzen.

Kirche ist – in der Welt und für die Welt. Daher gibt es immer den Auftrag, die Beschäftigung mit sich selbst, mit Verwaltung, Kirchengeschichte und reiner Theologie nicht allzu wichtig zu nehmen, sondern immer zu schauen, inwieweit diese Beschäftigungen und die äußere Gestalt der Kirche selbst, die Gemeinde, die einzelne Einrichtung noch der Anspruch gerecht wird, mit den Menschen Gott zu entdecken und im persönlichen, alltäglichen Leben der Anforderung zu genügen, die sich daraus ergibt, dass wir mit alten Worten bekennen: „Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, Schöpfer des Himmels und der Erde und an Jesus Christus...“

Ich glaube, es ist ein Fehler, wenn wir beispielsweise um die Verwendung der roten Papstschuhe, der Mozetta oder des Rationale streiten, als ginge es um den Kern des Evangeliums selbst. Es ist ein Fehler, wenn wir so tun, als ginge mit der Kommunionspendung an ein in zweiter Ehe verheiratetes Paar das 6. Gebot vollends in die Knie und als sei das Verbot der Weihe einer Frau zum Diakon der Grundstein, auf den die Kirche errichtet sei. Es gibt doch so etwas wie eine Hierarchie der Dogmen und Lehren und nicht für jede Meinung muss ein jeder Katholik, selbst wenn er Bischof ist, gemaßregelt und exkommuniziert werden. Über die menschliche und göttliche Natur Jesu Christi haben Nikolaus und Arius handgreiflich (und berechtigt) gestritten, aber heute können verheiratete Priester eine Hl. Messe zu Ehren des Hl. Wundertäters Nikolaus zelebrieren ohne dass dieser sich im Himmel beklagen würde, dass ein Priester doch besser unverheiratet sei.

Es gibt auch bei Wahrung der heutigen Gestalt der Kirche zahlreiche Möglichkeiten, die Kirche vom Kopf auf die Füße zu stellen, ohne dass der Glaube selbst dabei in Gefahr geriete.

Leitend sollte dabei jederzeit sein, was der Papst in seiner Rede zum Abschluss des Anti-Missbrauchsgipfels sehr deutlich gemacht hat: „Der Schutz von Kindern steht über dem Schutz der Kirche“. Es muss bei allem, was Menschen, Laien wie Kleriker in der Kirche tun, stets nur um Eines gehen: den Menschen die frohe Botschaft von Gott, von Jesus Christus zu bringen. Wenn der Erhalt kirchlicher Strukturen diesem Ziel im Wege steht oder wenn sich lieb gewordene kirchliche Aktivitäten in soweit verselbständigt haben, dass sie ganz anderen Zielen dienen, dann muss sich etwas ändern. Es macht keinen Sinn, die Kirche auf Erden heilig zu nennen und für sakrosankt zu erklären. Sie ist heilig in ähnlicher Weise, wie das in der Bibel beschriebene himmlische Jerusalem das heilige Urbild einer sehr vielfältigen und auch zerstrittenen irdischen Stadt darstellt.

Viele sind unzufrieden mit der Kirche, weil (noch) wenige konkrete Taten und Veränderungen sichtbar sind. Gerade auch jetzt nach dem Gipfel in Rom. Ich glaube nicht daran, dass die Veränderungen sich in einer Aufhebung des Zölibats oder einer Weihe von Frauen erschöpfen können. Ob das sinnvoll ist, darüber kann man ganz verschiedene Auffassungen entwickeln. Aber da geht es den Akteuren doch auch nur darum (trotz pro und trotz contra) eine vertraute Kirche zu bewahren oder ein wünschenswertes Kirchenbild herzustellen. Aber es dreht sich alles allein um die Gestalt der Kirche an sich. Dabei verändert sich die Kirche aktuell so stark, dass es manchem den Atem nimmt und ein Ende ist nicht in Sicht. (Fusionsprozesse, Vertrauensverlust, Kirchenaustritte, Prävention, Wandel in den Organisationsstrukturen). Nur die Veränderungen bei den heißen Eisen, die wird es wohl nicht von heute auf morgen geben und der Frust ist für die nächsten 5, 10 oder 20 Jahre vorprogrammiert, bei all jenen, die nur dafür kämpfen.

Viel wesentlicher wäre ein Aufbruch mit Blick auf die Sendung der Kirche. Hier ist sehr viel möglich mit Blick darauf, was wir in wenigen Tagen wieder vom Evangelium, von Jesus her zugesprochen bekommen: „Bekehre Dich und glaube an das Evangelium!“ oder „Die Zeit ist erfüllt, das Reich Gottes ist nahe. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!“

Wir dürfen nicht warten bis zum „St. Nimmerleins-Tag“. Das Reich Gottes ist nahe! Wie auch immer das nun gemeint ist, aber Jesus fordert uns auf zu Handeln, als sei es morgen schon soweit. Nicht überstürzt, sondern sorgfältig und durchdacht und immer ausgerichtet auf das Evangelium. Kehrt um, das bedeutet auch nicht: Geht stumpf zurück zu den Traditionen. Jesus will Veränderung, Neubeginn im Licht des Evangeliums.

Es geht darum, wie Kardinal Woelki so schön sagt, das „von den Aposteln überkommene Glaubensgut“ neu „in die Zeit hinein zu sagen.“ Dafür sollten wir mutige Schritte tun. Das Leben eines Priesters in Deutschland kann sich von Grund auf verändern, ohne dass dabei die sakramentale Struktur der Kirche in Gefahr käme. Auch die innere Organisation und Gestalt einer katholischen Pfarrei kann sich zutiefst wandeln. Es geht hier oftmals nur um lieb gewordene Bräuche und Haltungen, die allenfalls 50 Jahre Tradition für sich beanspruchen könnten. Schon vor 150 Jahren war die Welt der Kirche eine völlig andere. Und auch mancher Piusbruder würde die Kirche des ausgehenden Barock mit Tränen in den Augen verlassen.

Was spräche eigentlich dagegen, wenn heute Laien in die Fußspuren der Eichstätter Äbtissinnen träten und sich beispielsweise um die Organisation eines Kindergartens kümmerten, während der Pfarrer dort den Kindern von Jesus und vom Hl. Franziskus erzählt? Wenn Laien sich um die Renovierung der Orgel kümmern und die notwendigen Zuschüsse für die Renovierung des Kirchendachs beim Bistum einfordern und ein regelmäßiges Stundengebet organisieren oder den Seniorennachmittag, während der Pfarrer dort zuvor das Sakrament der Krankensalbung spendet. Natürlich folgt man dem Pfarrer in der Frage, ob an jedem Wochentag eine Hl. Messe gefeiert werden kann und auch dann, wenn einige Leute meinen, dieser könne besser Seniorenbesuche machen, statt Samstag für Samstag fast sinnlos im Beichtstuhl zu sitzen, weil kaum einer kommt. Aber heute erwarten wir von unseren Pfarrern Wegweisung in lauter Fragen, die mit seinem geistlichen Leitungsamt im Grunde nichts zu tun haben. Bis dahin, dass er die Schlüssel für das Pfarrheim vergibt.

Jeder Weg, das Amt des Priesters attraktiver zu machen durch eine größere entscheidende und bestimmende Macht über Menschen und Werte führt in den Klerikalismus und in die Irre. Attraktiver (für die richtigen Personen) machen das Amt des Priesters alle Maßnahmen, die dazu beitragen, dass er sein Amt als Priester, Lehrer und Hirte im Sinne Jesu ausüben kann. Der ja sogar die Verwaltung des Vermögens in die Hände des Judas legte.

Alle andere Macht sollten die Priester und vor allem auch die Bischöfe mit Klugheit und Gelassenheit aus der Hand geben. Dann, so hoffe ich, wird der Kirche auch wieder die Glaubwürdigkeit zuwachsen, die sie so dringend braucht, um dem Auftrag Jesu Christi gerecht zu werden. Und ich hoffe, dass die Gemeinde sich bei der Bischofsweihe des neuen Bischofs von Eichstätt an einem neuen Rationale aus der Paramentenwerkstatt der Benediktinerinnen von Mariendonk erfreuen kann. Warum nicht?

Gelobt sei Jesus Christus!