Montag, 10. Juni 2013

Katholisch op Kölsch, Eindrücke vom Euko

„Da simmer dabei, dat ist priiiima ... “ - das war mein Gedanke, als ich hörte, dass in Köln ein „Eucharistischer Kongress“ stattfinden sollte. „Viva Colonia!“ Katholisch in Köln! Das hat was! Köln ist eine wunderbare Stadt, voller Kirchen, Kultur, Kunst – und Lebenslust! Wohin sonst passt ein solches Treffen besser - als mitten hinein in den lebensfrohen und frommen rheinischen Katholizismus. Und dass das super zusammengeht, das zeigte der Kölner Kardinal, als er am Donnerstag gemeinsam mit den Höhnern auf der Bühne auf dem Roncalliplatz stand und sich zu eben diesem Lied im Takt bewegte, mitsang und klatschte. Den notorischen Meisner-Nörglern müssen die Augen ausgefallen sein. Frisch und munter sah der beinahe 80jährige Kardinal aus, fröhlich wie vor einigen Jahren, als er Papst Benedikt in der „Hauptstadt des rheinischen Katholizismus“ begrüßen durfte. 
Im Vorfeld des Kongresses hallte so mancher Theaterdonner durch die Presse: „Ein Fest nur für die frommen Linientreuen“ – so hieß es. Und anderswo: „Teure Abschiedsparty für den scheidenden Erzbischof“ und „Wo bleiben da die vielen Probleme der Kirche, es wird ja nur gebetet, gepredigt und gefeiert?“ Da müssen recht eigenartige Auffassungen von Kirche im Hintergrund solcher Berichte stehen. Zentraler als das Thema „Eucharistie“ kann in der katholischen Kirche nichts sein. Das ist die Mitte von allem, Quelle und Höhepunkt. Was natürlich kontroverse Diskussionen um den rechten Weg nicht ausschließt – und die gab es in Köln sicher nicht weniger als bei Katholikentagen – nur unter anderen Vorzeichen. 
Wie dem auch sei, „da simmer dabei“, das war klar für mich und so versuchte ich, das Thema in der Gemeinde lebendig zu machen. Aber der sperrige Begriff „Eucharistischer Kongress“ ließ unsere Gruppe nur „dreifaltig“ werden. Zu dritt machten wir uns daher in der Frühe des Donnerstag auf den Weg nach Köln. Mit Stauverspätung erreichten wir das Anmeldezentrum. Sollten die „Unken“ doch recht gehabt haben? Statt der erwarteten Schlangen gab es dort weit mehr Helfer als Interessenten. In Minuten hatten wir unser rotes Band und waren weithin als Teilnehmer am Katholikentreffen erkennbar. Nun hieß es aber schnell zur Sache kommen: Auf zur Katechese und zur Messe mit Bischof Lehmann. Natürlich waren wir zu spät, und mit den letzten Worten des Kardinals erreichten wir die Kirche Groß St. Martin. Gut voll war es hier, zahlreiche Menschen hörten, was er zu sagen hatte. (Gegen die „alte Messe“ habe er gesprochen, war später auf einigen Websites zu lesen und gegen das „für viele“ im Hochgebet. Dabei hatte er nur die Motivation mancher Anhänger der „Alten Messe“ problematisiert und festgestellt, das das Interesse daran im Grunde recht verhalten sei. Zur Formulierung der Wandlungsworte sagte er – mit seinen Worten – nichts anderes, als dass er der Argumentation Papst Benedikts folge. All dies stammt aus der offenen Fragerunde, die Katechese selbst lohnt eine ruhige Lektüre.)
Für mich ist Groß St. Martin eine der atmosphärisch schönsten und ehrlichsten Kirchen Kölns! Staunend stand ich vorne und ließ den Raum auf mich wirken. Gleich in der zweiten Reihe wurde Platz gemacht – und ich durfte mich dort setzen; schön, da war ich nun ganz nahe dran. 
Die Kirche war im Krieg sehr zerstört worden und erst in den letzten Jahrzehnten wiedererstanden. Die „Kriegswunden“ waren noch zu sehen. Die Fresken sind verblasst. Sparsam ist sie ausgestattet mit Kunstwerken, wenige alte Kunstwerke, besonders eindrucksvoll der gemarterte Christus im rechten Seitenschiff. Beeindruckend der neue Tabernakel mit kleinen Figuren der Apostel und Szenen aus dem Buch Jona. Ein Blickfang das Vortragekreuz in der Apsis. Im Laufe der Messe ging mir auf, wie sehr die Kirche ein Gleichnis unserer heutigen Situation als Katholiken ist. Wir sehen noch die Zeugnisse der glorreichen Vergangenheit. Wir erschließen uns den großen Kirchenraum neu, mit neuen Fenstern, mit dem Tabernakel, dem Altar und dem Christuskreuz als Zeichen des Eigentlichen, des Kerns des lebendigen Glaubens. Wer sich in der Kirche umschaut, der findet noch Spuren der Zerstörung, Spuren von Verlassenheit und Leere aber auch neue Aufbrüche. Der Altar ist (anders als vor der Zerstörung) in die Mitte, ins Zentrum gerückt. 
Hier beginnt nun der Gottesdienst. Nur drei Messdiener führen den Einzug an, dann zwei Dutzend Priester und die Bischöfe, neben Kardinal Lehmann zelebrieren Jean Claude Perisset, der apostolische Nuntius, Weihbischof Dick aus Köln und Bischof Norbert Trelle aus Hildesheim? Die beiden letzteren kenne ich nicht persönlich. Keiner der Bischöfe mit Hirtenstab? Ach ja, den darf im Erzbistum Köln auch nur einer tragen, nämlich Erzbischof Joachim. Stattdessen brachte der bischöfliche Sekretär zwei andere Stöcke, denn Kardinal Lehmann ging auf Krücken. Die Predigt focussierte sich auf wenige Sätze über einen Satz aus der Apostelgeschichte 2,42 „Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet.“
Diese drei Aspekte seien zentral; die Lehre, die die Gemeinschaft zusammenhält; das Brotbrechen, das aber über die eigentliche Eucharistie hinausreicht und die Speisung der Armen einschließt. Beides sei nicht voneinander zu trennen, Eucharistie und Caritas gehörten zusammen und das Gebet. „Wie wunderbar, das alles in einem Satz“, sprach er und beendete die Predigt. 
Die Messe selbst war festlich und andächtig... mir ist nach wie vor nicht ganz klar, warum die Anhänger der Gebetsrichtung nach Osten die Vorstellung verbreiten, dass man dadurch, dass Priester und Bischöfe, den Altar im Halbkreis umstehen und beim Sprechen der Wandlungsworte das versammelte Gottesvolk anschauen könnten nicht mehr „zum Herrn hin“ zelebriere. Es war eine Feier, die die Aufmerksamkeit der Menschen in der Kirche auf den Herrn hin richtete, der Kirchenraum, das Licht, Worte, Gebete und Gesang, Weihrauch und Gemeinschaft ... und weit und breit kein liturgischer Missbrauch zu sehen. Priester und Bischöfe teilten den Leib des Herrn aus, jeder empfing ihn in der Weise, die seiner persönlichen Frömmigkeit entsprach. Natürlich gab es einen Friedensgruß, der auch herzlich geteilt wurde. Im Mittelschiff teilte der apostolische Nuntius mit großer Selbstverständlichkeit die Kommunion aus, in ein schlichtestes weißes Messgewand gewandet, ganz ohne Schmuck, Ornament, Spitze. Aber dies nahm der Würde der Feier nichts, im Gegenteil, die Schlichtheit des liturgischen Raumes fand ihre Entsprechung in der liturgischen Kleidung.  
Direkt im Anschluss an die Messe füllte sich die Kirche schon wieder - zum Mittagsgebet der Gemeinschaft von Jerusalem. Links stellen sich die Schwestern auf, rechts die Brüder. Alle waren sie in bodenlange weiße Gewänder oder entsprechende Umhänge gehüllt. Außerhalb der Gebete tragen die Schwestern ein Ordensgewand in jeansfarbenem Stoff und einen einfachen Schleier, die Brüder ein schwarzes Gewand. Die Liturgie ergreift uns! Die Gemeinschaft hat eine ganz eigene Weise die Psalmen und Gebete zu singen. Sie schöpft aus der reichen Tradition der apostolischen Kirchen, aus der Gregorianik und aus byzantinischen Gesängen, auch aus der Gesangstradition der französischen Kirche, z.B. aus Taizé und der Abtei von Sylvanès. Beim Gesang zum Hl. Geist wird eine großer siebenarmiger Leuchter entzündet. „Hl. Geist, nimm Wohnung in uns.“ Dem folgen nach benediktinischer Tradition ein Hymnus, drei Psalmen und ein Canticum. Die Lesung aus dem Buch der Könige stellt uns Elias in der Wüste vor. Der Lesung voraus geht ein Abschnitt aus dem Lebensbuch von Jerusalem, der Regel der Gemeinschaft „Gott selbst wird sich der Erschöpften annehmen“, dieser Satz rührt mich an. Während der Lesung wenden sich alle erkennbar dem Ambo zu. 
Eine Schwester „kommentiert“ die Lesung. „In der Wüste steht nichts mehr zwischen dem Menschen und Gott.“ Elia will sterben, aber Gott sagt: „Ich lasse Dich nicht einfach gehen.“ Er stillt Elias Sehnsucht, die auch die unsere ist: „Gott einmal wirklich erfahren zu dürfen“. Zweimal erklingen die Klänge einer Querflöte. Die Töne erfüllen den Raum und verschwinden gleichsam darin. In den Fürbitten werden Gedanken aus der Lesung wieder aufgenommen: „Öffne uns für die Stille deiner Stimme.“ Ein schönes Bild!
Es folgt das Trishagion, die dreimalige Anrufung des heiligen, starken, unsterblichen Gottes, das Vater unser, Schlussgebet und der gesungene Engel des Herrn. Man spürt den französischen Ursprung der Gemeinschaft, nicht nur in den Stimmen einiger Brüder und Schwestern, auch in den reichen liturgischen und geistig-geistlichen Traditionen Frankreichs. Die Berufung der Gemeinschaften von Jerusalem legt einen besonderen Akzent auf die Schönheit der Liturgie, „verstanden als eine Oase des Friedens, an der jeder Kraft schöpfen kann, um am Abend, am Morgen oder am Mittag im aufreibenden Rhythmus der Stadt Atem zu holen.“
Nun war es aber Zeit, nach Geist uns Seele auch den Körper zu speisen. Freundlich empfing uns das Brauhaus Peters in der Außengastronomie und servierte einen leckeren Pilgerteller mit einem Glas Wasser zum Festpreis. Köstlich! Oder war das der Friede und die Freude des Herzens geschuldet? Nein nicht nur, es war wirklich lecker!
Was nun? Ein Vortrag? Ein Podium? Nein, jetzt waren mal die Augen dran, das Kolumba – Museum lockte mit freiem Eintritt, wir betraten es aber nicht ohne einen Abstecher bei der Madonna in den Trümmern, einer Kapelle, die unter dem heutigen Museum nach dem Krieg in die Trümmer der alten Kolumba – Kirche gebaut wurde und beim Bau des modernen Museums erhalten blieb. Das Museum ist mit wenigen Worten nicht zu beschreiben. Eine Kaskade von künstlerischen Highlights, bei denen mich persönlich die alte Kunst mehr berührte als die Moderne. Aber: die Alte wirkt hier auch besonders im Kontext der Moderne. Es ist faszinierend! Plötzlich stehe ich vor einem Buch, einem Sakramentar aus Tours, entstanden um das Jahr 845 (!). Da kann man nur fasziniert den Atem anhalten. En wunderschönes Buch, das auf der aufgeschlagenen Seite die Hierarchie der kirchlichen Ämter erklärt. Neben diesem Buch liegen ähnlich alte Elfenbeintafeln mit liturgischen Szenen, die so noch nie zusammen zu sehen waren. In einem weiteren Raum wunderschöne liturgische Geräte, Kelche, Reliquiare, Monstranzen, Hostienschalen und eine „Eucharistische Taube“ aus Limoges. Sie diente als Tabernakel, zur Aufbewahrung der wenigen Hostien, die nach der Eucharistiefeier für die Sterbesakramente verwahrt wurden. Die Tauben hingen über dem Altar und verwiesen auf den Hl. Geist durch den die Gaben von Brot und Wein zum Leib und Blut Christi gewandelt werden. 
Das leuchtende Bild der Madonna mit den Veilchen von Stephan Lochner zieht an. Ein wunderbarer Kontrast, die bunten, herrschaftlichen Gewänder und das kleine, unscheinbare Veilchen. Beinahe etwas abseits hängt ein Kruzifix, vielleicht 60 cm hoch. Eigentlich ist die Zeit, die für das Museum eingeplant war, längst um. Aber einen Blick will ich doch riskieren. Der Corpus ist aus Elfenbein und stammt aus dem 12. Jahrhundert. Christus hat die Augen geschlossen, aber er strahlt Frieden aus. Selten habe ich eine so eindrucksvolle Kreuzesdarstellung betrachten dürfen. Dieses Museum lohnt sich allemal. Was hier an Kunst präsentiert wird ist einen mehrstündigen Aufenthalt wert. Architektur und Präsentation geben dem Ganzen einen passenden Rahmen, der das Herz aufschließt. Man lernt unendlich viel, über Glauben, Fühlen und Denken der Menschen von damals und heute. 
Unser nächstes Ziel war der Tanzbrunnen. Hierfür ging es mitten durch die Stadt auf die „schäl Sick“ am Tanzbrunnen in Deutz. Ein Vortrag von Manfred Lütz hatte uns neugierig gemacht. Auf dem Weg begegneten uns nicht allzu viele „Rotkehlchen“, wie Kardinal Meisner die an ihren roten Bändern kenntlichen Kongressteilnehmer genannt hatte. Die waren im Stadtbild wohl erkennbar, aber lange nicht in der Mehrheit. Ich finde das nicht schlimm, so gibt es einfach ein realistisches Bild!

Kongress komme von „congredi“, was soviel wie „zusammenlaufen“ bedeute erklärte uns Manfred Lütz gleich zu Beginn seines Vortrages. Er plädierte dafür, über Gott zu sprechen und das durchaus mit Humor. Ich notiere einfach einige Anekdoten aus seinem kabarettistisch – besinnlichen Auftritt. Dass die Katholiken in Scharen zusammenlaufen sei nicht mehr die Regel. Aber was könnte die Menschen wieder zusammen- und zu Gott bringen? Er habe die Erfahrung gemacht, dass Theologensprache langweilig sei. Als Katholiken sollten wir so über den Glauben reden können, dass uns jeder Atheist versteht. Sein Verleger habe ihn entsetzt angeschaut: „Sie wollen über Gott schreiben? Gott ist unverkäuflich, schreiben Sie über Engel.“ Er habe ja Theologie studiert und das Ergebnis des Theologiestudiums sei normalerweise, dass man das, was man zu Beginn des Studiums mit einfachen Worten verständlich gesagt habe zum Ende des Studiums dann viel komplizierter und für den normalen Menschen völlig unverständlich sage. Deshalb lasse er seine Büchermanuskripte zuerst von seinem Metzger lesen.
Ein großes Problem der heutigen Zeit sei die Überzeugung, dass „Glück machbar ist“. Dafür sei Dieter Bohlen ein Vorbild: Glück ist machbar, es komme nur auf das Geld an. Radikal zu Ende gedacht hätten diesen Gedanken die Menschen, die auf dem Weg in die Drogenabhängigkeit sind. Das sollte uns nachdenklich machen. 
Der Mensch des Mittelalters habe eine höhere Lebenserwartung gehabt als der moderne Mensch. Für ihn sei der Tod der Durchgang in eine neues Leben gewesen. Der moderne Mensch erwarte alles Glück und alle Erfüllung noch vor dem Ende, das der Tod bringt. Er erwarte danach nichts mehr. Und diese Glücksverliebtheit führe auch zu einem unsozialen Mit- bzw. Gegeneinander. Lütz zitiert Dostojewski: „Wenn es Gott nicht gibt, ist alles erlaubt!“ und ergänzt mit Horkheimer: „Warum soll ich gut sein, wenn es Gott nicht gibt?“ Launig, ernsthaft, lustig setzt er sich mit dem Atheismus und seinen kämpferischen Protagonisten zwischen Nietzsche und Dawkins auseinander, berichtet von Begegnungen mit Pfr. Fliege und auch von seinem Besuch bei Papst Benedikt, der zwar gealtert sei, aber präsent und aufmerksam wie früher und sehr zufrieden und entspannt gewirkt habe. „Wer nichts mehr glaubt, glaubt alles“ sagt Lütz und entlarvt die Esoteriker und Atheisten als die wahren Unvernünftigen unserer Zeit. Auf jeden Fall hat er in diesem Vortrag seine Ansage wahr gemacht, dass man über Glauben allgemeinverständlich und unterhaltsam reden kann, ohne jemals peinlich oder seicht zu werden. 
Auf dem Rückweg zum Dom entscheiden wir uns gegen die ökumenische Vesper (Worte hatten wir genug gehört) und für einen Besuch im Zentrum der geistlichen Gemeinschaften und ein Pontifikalamt mit Bischof Felix Genn. Hier komme ich mit manchen Leuten ins Gespräch. Ob Nightfever auch was für uns in Voerde ist – und kann man das auch als Einzelveranstaltung mal ausprobieren? Die Vertreter der Bewegung sind da sehr offen... Eine bunte Mischung von Gemeinschaften präsentiert sich vor der Minoritenkirche, aber lange nicht alle. Eine Broschüre des Erzbistums zeigt, dass es eigentlich weit mehr sein können. Mit den Mitgliedern der Priestergemeinschaft Charles de Foucault komme ich ins Gespräch über die biografischen und persönlichen Bezüge, die mich mit dem Seligen verbinden. Wir entdecken gemeinsame Bekannte und am youcat-Stand kennt eine junge Augsburgerin Voerde, weil ihre Oma von dort stammt. (Ihren Onkel kenne ich gut.) 
Die katholische Welt ist manchmal interessant vernetzt. Auf der Suche nach meiner Gruppe begegne ich Bischof Genn, dem ich augenzwinkernd berichte, dass wir als Münsteraner Diözesanen „natürlich“ wegen unseres Diözesanbischofs hier seien, was er schlagfertig quittiert mit der Erwartung, dass es doch entscheidend sei, auf Christus hin durchsichtig zu sein und dass die Begegnung mit IHM entscheidend sei. Natürlich ist ganz vorn in der Kirche noch Platz, und das selbst beim Nightfever – Gottesdienst, während sonst die Reihen gut besetzt sind. Auch kath.net ist mit der Redakteurin Petra Lorleberg vertreten und überträgt den Gottesdienst im Internet; im Seitenschiff sitzt Michael Hesemann, der kürzlich ein Buch über den neuen Papst Franziskus herausgebracht hat. Aber jetzt ist es soweit! Der Gottesdienst beginnt, viele Priester, auch einige bekannte Gesichter aus dem Bistum und drei Bischöfe. Neben Genn sind es Bischof Gregor Maria Hanke aus Eichstätt und sein Amtsvorgänger Walter Mixa. Mit letzterem hatte ich nicht gerechnet, hatte er doch in der Vergangenheit für manche Schlagzeilen gesorgt. Aber wer weiß schon, welche Last und Schuld er wirklich trägt. Auf jeden Fall berührt es mich, als er im Hochgebet die Namen seiner Mitzelebranten nennt und von sich als Gottes „unwürdigem Diener“ spricht. In seiner Predigt vergleicht Bischof Genn die Christen mit einer lebendigen Monstranz, wenn Christus in uns lebt, haben wir die Aufgabe ihn in die Welt zu tragen. Jesus wartet auf uns, so der Bischof, er setze sich den Menschen aus, ist da für ... „Jedem von uns, jedem, der hier hineinkommt, ganz gleich, welcher Hautfarbe, welcher Rasse, welcher Sprache, welcher Nation, welcher sittlichen Qualität er ist – allen setzt Er sich aus! Auf alle wartet Er. Über das Kommen eines jeden freut Er sich. Doch nimmt Er auch alles auf sich, was wir mitbringen.“
Bischof Genn erinnert an den Hl. Norbert, dessen Fest am heutigen Donnerstag begangen wird und dass dieser im Jahre 1015 in Vreden seine Bekehrung erlebt habe. (Als Vredener war ich gleich hellwach. Im Vredener Dialekt heißt es, dass der Hl. Norbert dort „sein Damaskus erlebt“ habe.) Natürlich erwähnt der Bischof auch den wunderbaren Xantener Dom, der zur gleichen Zeit wie der Kölner erbaut wurde, allerdings im Gegensatz zu diesem wenigstens fertig gebaut wurde. Und zum Schluss ermuntert der Bischof alle zur Mission mit den Worten: „Es gab in der alten Kirche eine Gruppe von Christen, die wegen ihres Glaubens verfolgt wurden. Auf die Frage, warum sie am Sonntag zusammenkommen, gaben sie zur Antwort, sie könnten ohne die Eucharistie am Sonntag nicht leben. Wie schön wäre es, wenn Sie alle zu Boten würden für die anderen, die sich Christen nennen, selbstverständlich getauft sind, aber die augenscheinlich ohne Eucharistie am Sonntag leben können.“ 
Bei der Kommunionausteilung fällt mir auf, dass beinahe die Hälfte der Teilnehmer die Kommunion als sog. Mundkommunion und teilweise auf den Knieen empfingen. Bischof Mixa, der vor mir die Hl. Kommunion austeilte, konnte sehr flexibel mit den unterschiedlichen Formen umgehen. Aber alle Kommunikanten empfingen den Leib des Herrn in großer Andacht, mit Ruhe und Ehrfurcht, ob in die Hand oder in den Mund. Schön wäre es, wenn dieser Moment der Begegnung des Menschen mit dem Herrn, der sich jedem von uns aussetzt „ganz gleich, welcher Hautfarbe, welcher Rasse, welcher Sprache, welcher Nation, welcher sittlichen Qualität er ist“, wenn dieser Moment frei bliebe von allen kirchenpolitischen Auseinandersetzungen und Überheblichkeiten. 
Reich beschenkt traten wir in die warme Sommernacht hinaus und gingen die wenigen Schritte bis zum Dom. „Lux eucharistica“ sollte den Dom in ungewöhnlicher Beleuchtung präsentieren. Aber wir waren mit diesem Interesse nicht allein. Auf der Domplatte drängten sich Tausende, um in den Dom zu kommen. Keine Chance! So blieb uns nur die Übertragung des Domradios auf den Roncalliplatz. Die Lichtkünstler Sabine Weißinger und Friedrich Förster aus Tübingen beleuchteten das Innere der Kathedrale mit bewegten Bildern, Mustern und Ornamenten aus Licht. Der Domorganist Prof. Winfried Bönig und die „Kölner Vokalsolisten“ sorgten dafür, dass Bild und Klang im Kirchenraum eine faszinierende Symbiose eingingen. Weniger überzeugend war für mich der Vortrag der deutschen Übersetzung des Hymnus „Adoro te devote“ von Thomas von Aquin und die geistlichen Gedanken hierzu, vorgetragen von einem Sprecher und von Domvikar Tobias Hopmann in einem Sprachstil, den man aus Kirchen kennt. Ob die Organisatoren der Botschaft der Musik und der Bilder nicht trauten oder das Latein des Hl. Thomas für unverständlich und das Lied „Gottheit tief verborgen...“ (GL 546) für zu unbekannt hielten? Eine Kette ist immer nur so stark wie ihr schwächstes Glied! Der Sprachteil war für mich das schwächste Glied, was nicht an den Sprechern selbst lag. Ich glaube, die Veranstaltung hätte gewonnen, wenn man auf dieses pädagogische Element verzichtet oder den deutschen Text und seine Deutung mutig einem Dichter, Schauspieler oder .... überlassen hätte. Vielleicht wäre in den alten Worten des Hl. Thomas noch manche Überraschung zu Tage getreten. Ich vermute aber, dass die Qualitäten von Licht und Musik und die Präsenz dessen, der das Licht der Welt ist, diesen Mangel durchaus aufgewogen haben. Vermutlich ist das ein oder andere Samenkorn des Glaubens auf unterschiedlichen Boden gefallen und kann nun wachsen. 
Mit den letzten Zeilen des Hymnus des Heiligen, der als Schüler des Hl. Albertus Magnus einige Jahre in Köln gelebt hat, machten wir uns auf den Weg nach Hause, müde, aber voller Eindrücke, Gedanken und Anregungen, die sicher noch fruchtbar werden. 
„Jesus, den verborgen jetzt mein Auge sieht, 
stille mein Verlangen, das mich heiß durchglüht: 
lass die Schleier fallen einst in deinem Licht, 
dass ich selig schaue, Herr, dein Angesicht.“

Zum Nachlesen, die Katechese von Kardinal Lehmann: 
http://www.eucharistie2013.de/fileadmin/redaktion/bilder/Bildergalerien/EK2013_Tag1-lux_eucharistica/06062013-K-Lehmann-Katechese.pdf 

Zum Nachschauen, Lux echaristica in voller Länge: 

Donnerstag, 23. Mai 2013

Frauen an den Herd?

(Quelle: wikipedia.de)

Meine Frau hat auf die Frage, ob ihr das nicht viel zu anstrengend sei, mit drei Kindern wieder arbeiten zu gehen, einmal geantwortet: „Es ist mir viel zu anstrengend mit drei Kindern zu Hause zu bleiben.“ Da ist etwas Wahres dran... so „erfüllend“ in jeder Hinsicht die Aufgabe der Mutter oder des Vaters ist, es kann entlastend sein, wenn man noch etwas mehr als „nur“ Mutter oder „nur“ Vater ist; wenn man in Beruf und Ehrenamt seine Frau oder seinen Mann steht. 

Bischof Overbeck, der mir nicht sehr sympathisch war, den ich aber trotzdem als Bischof und Theologen schätze, ist kürzlich (vor allem in Blogs und in Diskussionsportalen im Internet) schwer vermöbelt worden, weil er gesagt hatte: „Ich weiß aus meinem eigenen Bistum, dass es oft gut ist, wenn Kinder unter drei Jahren nicht zu Hause bleiben müssen, sondern in Krippen gut betreut werden.“ Und dann, das wurde als besonders ungeheuerlich betrachtet, sprach sich der Bischof gar für Kitas aus, die auch nachts geöffnet haben. Bischof Overbeck fordere Nachtkrippen, tönte es durch die Presselandschaft, dabei hatte der Bischof eine besondere Situationen vor Augen: „Ein Blick in unser Bistum zeigt, dass manche Kinder alleine gelassen werden, weil ihre Väter und Mütter nachts arbeiten müssen. Da braucht es doch Orte, wo Kinder einen verlässlichen Ansprechpartner haben - gerade dann, wenn ein Alleinerziehender überfordert ist oder die sozialen Beziehungen schwierig sind.“

Wir haben mit unserer Familie einige Jahre in einem sozialen Brennpunkt gelebt und gearbeitet. Ich kann Bischof Overbeck nur beipflichten. Die Situation in vielen Familien ist komplex und manchmal schwierig. Und das liegt nicht daran, dass Väter und / oder Mütter sich nicht bemühen würden. Vater, Mutter, Kind(er), so einheitlich wie das klingt, ist das heute oft nicht mehr. 

Gerade aktuell ist wieder Kardinal Meisner dran! Er hatte die deutsche Politik ultimativ provoziert: 
„Wo werden denn Frauen wirklich öffentlich ermutigt, zu Hause zu bleiben und drei, vier Kinder auf die Welt zu bringen? Hier müsste man einsetzen...“ und dann setzte er noch einen drauf, indem er die heutige Familienpolitik kritisierte und mit den DDR-Erfahrungen verband: „Ich habe ja die ganze einseitige Tragik schon mal mitgemacht in der DDR. Dort hat man den Frauen eingeredet, wer wegen der Familie zu Hause bleibe, sei dement. Weil man Produktionskräfte brauchte, wurde die Kinderkrippe erfunden. Dazu sagte ein sozialistischer Pädagoge: „Die Kinderkrippe ist in der Bibel ein Provisorium, und wir haben eine ständige Einrichtung daraus gemacht.““
Eine solche Steilvorlage kann man doch als Politiker, als „roter“ oder „grüner“ erst recht, nicht unwidersprochen lassen. Es sind starke Worte und die Nadelstiche darin sind schmerzhaft. Der Kirchenmann legt den Finger in die Wunde der ganzen Familienpolitik, ob von links oder von rechts. Wer kann das schon mit so wenigen Worten? 

„Mehr Betreuungsplätze, mehr Frauen ins Arbeitsleben, mehr Frauen in die Führungsetagen und mehr Kinder!“ So tönt es landauf, landab aus allen Parteien, gestritten wird intensiv um das „wie“, um Wege, solche Ziele zu erreichen. Die einen fordern das „Betreuungsgeld“, das die anderen als „Herdprämie“ verunglimpfen. Die einen fördern Kinderbetreuung und die anderen rufen nach der häuslichen Mutter. Die Wirtschaft will, dass die gut ausgebildeten und fleißigen jungen Frauen möglichst nicht schwanger werden (oder schnell wieder arbeiten kommen und zwischendrin nicht mehr ausfallen) und die Familienministerin möchte gerade von denen viele kluge Kinder. 
Das gleicht der Quadratur des Kreises. Es geht das eine nicht, wenn man das andere will. Mögen alle Ziele allein betrachtet gut sein ... zusammen sind sie unter den Bedingungen einer globalisierten Wirtschaft, in der allein das Geld und der Börsenkurs alles regelt und regiert, kaum zu erreichen. 

Ich möchte Kardinal Meisner völlig recht geben. Wer mehr Kinder will, der muss Frauen ermuntern mehr Kinder zu bekommen. Der muss für eine kinderfreundliche Atmosphäre sorgen: "Kinderlärm ist Zukunftsmusik!" Der muss mithelfen, eine wirtschaftliche Perspektive zu eröffnen, der muss das Einkommen junger Familien sichern, der muss Betreuung möglich machen und der muss der Wirtschaft reinen Wein einschenken, nämlich dass Väter und Mütter Zeit für Familie brauchen und daher weniger Zeit für Karriere und Leistung einbringen können. Aber in einer Wirtschaft, wo jeder Cent Rendite zählt, ist das kaum zu vermitteln. Zumal die Familie ja weitgehend als „Privatsache“ gilt. Da braucht die „soziale Marktwirtschaft“ eine deutliche familienpolitische Komponente. 
Die Familienpolitik ist ein vermintes Gelände. Kaum ein Beitrag bei dem es nicht zum Knall kommt, denken wir nur an die Debatten der vergangenen Jahre. Und jetzt kommt der Kölner Kardinal mit seinem Interview und kritisiert ausgerechnet die Politik der schwarz-gelben Bundesregierung. „Meisner: Frauen an den Herd“, so titelten Online-Portale und selbst bild.de spitzte die drei Sätze aus dem Interview mit dem Kölner Erzbischof ziemlich freihändig zu: „Frauen bleibt zu Hause und kriegt viele Kinder“. Das mag zwar einige „Klicks“ bringen, es ist aber so nicht in Ordnung. Der Kardinal hat nicht mehr verlangt als Respekt vor Frauen, die aus eigener Überzeugung mehrere Kinder haben und – gegen alle wirtschaftlichen Zwänge – trotzdem lieber zu Hause bleiben und sich um Kind und Kegel kümmern möchten. Hier ein allgemein gültiges Meisnersches oder gar katholisches Familienideal hinein zu dichten ist sicher menschlich und journalistisch unfair. Warum glaubt man eigentlich in der deutschen Presselandschaft dies mit dem Kölner Kardinal machen zu dürfen? 

Es klingt wie eine Vorahnung, wenn er im selben Interview sagt: „Ich rede, wo es sein muss, sei es gelegen oder ungelegen. Es geht um die Botschaft ... Und da bin ich manchmal ganz verzweifelt. Denn aus meinen Predigten wird in manchen Zeitungen nie die Glaubensbotschaft zitiert.“ Aber, vielleicht müsste Joachim Kardinal Meisner durchaus einmal über seine Sprache nachdenken. Wenn er z.B. sagt, mit „Kirche von unten“ käme er nicht klar, denn Kirche baue sich „von oben her“ auf, dann ist ihm zuzustimmen, weil er sagen will, dass Kirche quasi „vom Himmel her“ gedacht werden muss. Aber viele denken bei einer solchen Formulierung an die Hirten die bestimmen und an die Schafe die zu folgen haben. Auch beim einleitenden Dialog über den Zusammenhang zwischen Eucharistischem Kongress und Missbrauchsfällen zeigt sich deutlich, dass Journalist und Kardinal ganz anders denken.

Ich bin nicht immer einer Meinung mit Kardinal Meisner. Aber das halte ich (und er wohl auch) für völlig in Ordnung. Ich würde sogar seine Wortmeldungen vermissen. Jeder bringt in die Debatte seine Impulse und Überzeugungen ein. Und dass ein 79jähriger Kardinal mit dieser Lebensgeschichte die Dinge anders sieht als ich als Vater von vier Kinder und etwas mehr als halb so alt oder anders als eine junge Mutter die wieder nur halb so alt ist wie ich, das ist doch keine Frage. 
Und diesmal gibt er den wertvollen Impuls, darüber zu reden, welches gesellschaftliche Leitbild die Politiker und Publizisten eigentlich transportieren. Deren Ideal ist doch eher nicht, dass junge Väter und Mütter, sich der Familienarbeit und der Kindererziehung von drei bis vier Kindern widmen sollten. Wo sind Bestrebungen, die dafür sorgen, dass ihnen das auch finanziell möglich wäre? Wo werden ernsthaft und mit rechtlichem Anspruch Möglichkeiten geschaffen, dass junge Mütter und Väter sich neben der Familienarbeit auch dem beruflichen Fortkommen widmen können, durch Heimarbeitsplätze oder durch so flexible Arbeitszeitgestaltung? Selbst als Kirche sind wir da doch keine leuchtenden Vorbilder, auch wenn in einzelnen kirchlichen Verwaltungen manchmal bessere Bedingungen herrschen. 

Was bedeutet es für die Entwicklung solcher Leitbilder, wenn als besonderer Wert des Zölibats angepriesen wird, dass ein zölibatärer Priester nun man „rund um die Uhr“ und „jederzeit“ für seine Gemeinde verfügbar ist. Was löst es aus, wenn Bischof Voderholzer im Interview verkündet, die Aufhebung des Zölibats (zugunsten verheirateter Priester) würde nur zu einer Verbürgerlichung des Klerus führen? Als wenn Kinder und Familie heute noch Ausdruck gesetzt – bürgerlicher Lebensform wären und weniger ein Abenteuer mit manchmal ungewissem Ausgang. 

Vielleicht ist es ein Problem, dass alle Beteiligten wenn sie von bestimmten Familienlebensformen sprechen, alte Bilder von „früher“, oder genauer aus einer bestimmen, bürgerlichen Idealvorstellung im Kopf haben. Ich denke dabei an die Zeit und das Familienbild des Biedermeier. Aber, war das je mehr als ein Ideal und die Lebensform einer sehr kleinen Gruppe von Menschen? Schauen wir ruhig mal in die „gute alte Zeit“. Wie haben denn in den damaligen Musterfamilien die Mütter und die Kinder gelebt. Schauen wir in eine Bauernfamilie. Auch hier waren die Frauen voll in den Ablauf eingebunden. Sie hatten ihre Arbeit und die Kinder liefen so mit. Und sobald sie alt genug waren, packten sie mit an. Kinderarbeit würden wir heute sagen. So gut war die „gute alte Zeit“ weder auf dem Land noch in den Arbeiter- und Bergmannsfamilien. Und manche positive Erinnerung entspringt auch einer gewissen Verklärung. Wobei ich niemandem die Kindheit schlecht reden möchte. 

Egal wie, gerade im Leben der Familien heute gibt es einen gewaltigen Wandel. Was einmal selbstverständlich war, gilt heute wohl nicht mehr. „Kinder kriegen die Leute immer...“ soll Adenauer dazu gesagt haben. Für Kanzler Schröder war das alles „Gedöhns“. Dabei geht es bei keinem Feld des Lebens so sehr ans „Eingemachte“ wie rund um die Familien, denn wofür sonst all die Anstrengungen in der Wirtschaft, im Verkehrsministerium, im Gesundheitswesen, auf dem Arbeitsmarkt und wohl auch in der Bundeswehr? Dass es aber so zentral ist, das spiegelt sich in der Bedeutung des zuständigen Ministeriums nicht wieder und auch nicht in der Besoldung derer, die sich als Erzieherinnen und Tagesmütter um den Nachwuchs der Familien und unseres Gemeinwesens kümmern. Da sollten wir einmal etwas ändern. Es muss ja nicht so bleiben, dass die wichtigsten Leitzahlen der Gesellschaft der Börsenindex und die Arbeitslosenzahlen sind. 

Ich möchte Kardinal Meisner zustimmen und muss auch Bischof Overbeck recht geben. Beide sprechen ja nicht gegen Kinderkrippen und Ganztagsbetreuung. Aber sie sagen deutlich, dass unsere Perspektive sich verändern muss. Wenn ich meine Kinder im Kindergarten oder in der Ganztagsschulbetreuung abhole, erlebe ich, dass es ihnen dort gut geht. Oft wollen sie gar nicht weg, sondern mit ihren Freunden dort weiter spielen und mit den Erzieherinnen basteln und Projekte umsetzen. Ich habe die Erfahrung gemacht, das meine Kinder da gut aufgehoben waren und viel mehr positive Anregungen bekommen haben, als ich sie ihnen zu Hause hätte geben können. Denn auch zu Hause ist ja jede Menge zu tun, wo sich Mutter und / oder Vater zunächst einmal Haus und Garten, dem Mittagessen oder dem Staubsauger widmen müssen. Natürlich kommt es darauf an, den Kindern Zeit und Aufmerksamkeit zu widmen, wenn sie nach der Schule oder nach der Betreuung nach Hause kommen und an den Wochenenden als Familie etwas miteinander zu unternehmen. Aber es gibt keinen Grund Kitas und Betreuungseinrichtungen, Schulen und Horte zu verteufeln. Den Kindern geht es dort gut und – auch da muss ich Bischof Overbeck recht geben – es geht ihnen dort manchmal besser, als wenn sie den ganzen Tag in ihrer Familie sind. 

Nicht immer entspricht das konkrete Familienleben den idealisierten Bildern, die wir mit uns herumschleppen. Nicht immer bringen junge Männer und Frauen die notwendigen Fähigkeiten zur Erziehung und Förderung ihrer Kinder unmittelbar mit. Die Gesellschaft erwartet ja auch weitgehend, dass man Kinderpflege und Erziehung kann, ohne jegliche Ausbildung und Unterstützung. Hatte man früher zur Kindererziehung noch ein ganzes Dorf zur Seite, zumindest aber die Nachbarinnen und Nachbarn, so fehlen solche stützenden Strukturen (die manchmal auch belastend waren) heute zumeist völlig. 
Für eine neue Bundesregierung (und alle, denen Kinder am Herzen liegen) gibt es viel zu tun. Hoffentlich bekommt die Familienpolitik und Familienförderung auf ihrer Agenda den zentralen Stellenwert, der ihr zukommt.

Bischof Overbeck im Interview: www.bistum-essen.de/start/presse-oeffentlichkeitsarbeit/pressemeldungen/pm-detailansicht/artikel/eltern-muessen-eine-wahlmoeglichkeit-haben.html

Erzbischof Joachim Kardinal Meisner im Interview: Es lohnt sich den Originaltext zu lesen und in Ruhe zu bedenken. Es steckt mehr drin, als die Schlagzeilen vermuten lassen. www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.interview-mit-kardinal-meisner-grosse-reformen-wird-es-kaum-geben.b3071016-c448-411a-8481-d406fc4fed9d.html

Freitag, 26. April 2013

Deinem kommenden Christus entgegen gehen - Christo tuo venienti occurrentes


Heute haben wir Reinhard Lettmann, den früheren Bischof meiner Heimatdiözese Münster zu Grabe getragen. Achtzig Jahre alt ist er geworden, als er auf einer Pilgerreise in Israel, in der Geburtskirche in Bethlehem verstarb. Einige Tage zuvor hatte Weihbischof Wilfried Theising uns erzählt, dass man dem Altbischof durchaus klar von dieser Reise abgeraten habe. Durch eine Erkrankung der Lungen war er geschwächt und auf Sauerstoff angewiesen. Doch letztlich habe man ihn im Vertrauen auf Gott reisen lassen. Es war sein fester Wille, so berichtete der Weihbischof. Und das passte zu ihm. Wenn er sich entschieden hatte, wenn er als Bischof sein Wort erhob, dann hatte das Hand und Fuß und Festigkeit. 
Manch einer hat ihn mit einem „westfälischen Bauern“ verglichen, dabei war er der Sohn eines Bergmanns aus Datteln. Mir kommt das Bild in der Lohnhalle des Schachtes Lohberg in den Sinn, es zeigt drei Charaktertypen, einen Bergmann, einen Stahlarbeiter und einen Bauern. Es gibt schon deutliche Verbindungslinien zwischen den Gestalten, die aus Familien hervorgegangen sind, deren Leben von solchen Berufen geprägt war. 
Auch wenn man damit rechnen musste, war es trotzdem eine berührende Überraschung für mich, als ich von seinem Tod erfuhr. Spontan habe ich ins Online-Kondolenzbuch des Bistums geschrieben: 
„In Dankbarkeit erinnere ich mich an manche Begegnung mit Bischof Reinhard. Er war "mein Bischof", 1991 hat er mich in den pastoralen Dienst genommen, ich denke an manche Gespräche, an Predigten, an Sitzungen im Diözesanforum und im Pastoralrat. Es war immer eine Freude ihm zu begegnen! Nun ist er in der Geburtskirche verstorben. Kann es einen schöneren Ort geben? Dort wo durch die Geburt Christi die neue Zeit angebrochen ist, beginnt auch für ihn nun das Neue und Vertraute, auf das er Zeit seines Lebens gehofft hat. Er geht vom Ort der Geburt Jesu aus dem kommenden Christus entgegen. Möge er in Frieden ruhen!"
29 Jahre lang war Dr. Reinhard Lettmann mein Bischof. Also im Grunde so lange, wie ich kirchlich denken kann. Daher wollte ich ihn heute auch auf seinem letzten Weg begleiten und von ihm Abschied nehmen. 

Die Ordner im Dom schickten mich durch den Kreuzgang und plötzlich fand ich mich im nördlichen Seitenschiff mitten unter zahlreichen Priestern und Diakonen in Chorkleidung wieder. Zunächst etwas unsicher (hatte ich mich verirrt?), wurde mir dann aber schnell klar, dass es auch genau so gedacht war. Die Seelsorger des Bistums, Pastoralreferenten, Ordenschristen, Priester und Diakone stehen gemeinsam am Sarg ihres Bischofs und feierten Eucharistie. Bischof Reinhard wünschte diese Gemeinschaft, er hat sich engagiert dafür eingesetzt, dass die unterschiedlichen Ämter und Dienste für die Verkündigung des Evangeliums Hand in Hand wirkten, jede und jeder an dem Platz, der ihm oder ihr von Berufung, Amt und Talent her zukommt. So entdeckte ich manches bekannte Gesicht aus meiner kirchlichen „Laufbahn“, Kapläne meiner Kindheit und Jugend, priesterliche Wegbegleiter in den Gemeinden, in denen ich tätig war und bin, Diakone und Pastoralreferenten mit denen mich Ausbildung und gemeinsames Engagement verbanden.
Wir Pastoralreferenten verdanken Bischof Reinhard Lettmann viel, er hat für die theologische Profilierung des Berufs mit gesorgt und war der erste Bischof Deutschlands, der einen Pastoralreferentenrat einberufen hat. 
Der Dom war voll, einige bekannte Gesichter gab es zu sehen, aber auch sehr viele Ordensleute unterschiedlichster Gemeinschaften. Einige sind alt geworden und stützen sich auf ihren Stock. Schön, manche wieder zu sehen. 

Der Glockenschlag der berühmten astronomischen Uhr ersetzte – wie so oft im Dom – die viel leisere Sakristeiglocke. Langsam, nahte das große Vortragekreuz und von meinem Platz aus unsichtbar wurde der Sarg des Bischofs, begleitet von den liturgischen Diensten, dem Domkapitel und den Zelebranten herangetragen und vor dem Altar abgestellt. Dompropst Alfers verlas ein Wort von Papst Franziskus: „Der Weg war ein tiefes Merkmal seines Lebens. Als Hirte war er stets unterwegs zu den Menschen und hat in den 28 Jahren seines Bischofsdienstes alle Teile des weitläufigen Bistums besucht.“ Ja, auch daran kann ich mich erinnern, als Jugendlicher mit dem Bischof einige Wegstrecken geteilt zu haben. Es war wohl meine erste Begegnung mit ihm.

Den Gottesdienst heute im Dom erlebe ich als sehr feierlich, ernst, gesammelt und schlicht. Bischof Felix und die Diakone tragen ein altertümliches, schwarzes Messgewand und Dalmatik. Die Weihbischöfe ein moderneres, ebenfalls schwarzes Gewand. Ehrlich gesagt, ich hätte weiß bevorzugt, Auferstehung, so wie es zum Ausdruck kommt, als die Gemeinde direkt nach der Beisetzung „Jesu, Dir jauchzt alles zu...“ anstimmt. 


Im Chorgestühl fallen einige Vertreter orthodoxer und evangelischer Kirchen auf. Ökumene hat Bischof Reinhard gelebt. Auch Gäste aus Jerusalem waren zu entdecken, der ehemalige Abt der Benediktinerabtei Dormitio, P. Benedikt Maria Lindemann ragte allein durch seine Größe aus der Schar der Priester heraus (er lebt und wirkt heute in Hildesheim), doch auch der amtierende Abt Gregory Collins war gekommen. Das Evangelium des heutigen Tages „sitzt“ (leider nicht so ganz beim gesungenen Vortrag des Diakons). Doch es passt wie kaum ein anderes zu dieser Trauerfeier. Welche Fügung!  „In jener Zeit sprach Jesus zu seinen Jüngern: Euer Herz lasse sich nicht verwirren. Glaubt an Gott, und glaubt an mich! Im Haus meines Vaters gibt es viele Wohnungen. Wenn es nicht so wäre, hätte ich euch dann gesagt: Ich gehe, um einen Platz für euch vorzubereiten?“ Bischof Genn greift das gleich auf: „Viele unserer Priester haben dieses Wort des Herrn oftmals in die Situation von Trauer, Sterben und Beisetzung hineingesprochen. Wie sehr passt es auch in diese Stunde, in der wir als Kirche von Münster Abschied nehmen von unserem verehrten Bischof Reinhard."

Ähnlich eindringlich waren für mich die Worte aus der Lesung aus dem ersten Johannesbrief: „Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir mit unseren Augen gesehen, was wir geschaut und was unsere Hände angefasst haben, das verkünden wir: Das Wort des Lebens …. Was wir gesehen und gehört haben, das verkünden wir auch euch, damit auch ihr Gemeinschaft mit uns habt. Wir aber haben Gemeinschaft mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus."  Auch dieser Text sitzt, spiegelt sich im Leben von Bischof Reinhard. So konkret war stets seine Verkündigung, handfest, klar, knapp, humorvoll und auf das Eigentliche bezogen. 

Als Prediger hatte er – Bischof Felix möge es mir verzeihen – seinem Nachfolger etwas voraus. Ich erinnere mich noch ganz genau an dieses Bild, wie er immer vor dem Altar stehend, ohne Manuskript oder Zettel frei und druckreif sprach. Und keine Predigt, in der nicht auch ein Satz zum Schmunzeln steckte. Manches Mal gab es im Dom etwas zu lachen, aber der Bischof verzog bei der Predigt dabei keine Miene. Bischof Reinhard war ein humorvoller Mensch und einer, der zu Erzählen wußte und auch etwas zu berichten hatte. Wenn er sprach, hörten alle zu, gefesselt und gefangen. An eine Formulierung bei einer Priesterweihe kann ich mich erinnern. Da sagte er (ich glaube, im Predigtmauskript tauchte das so nie auf) zum Bericht vom erfolglosen Fischfang der Jünger: Geht es uns als Priester nicht oft auch so? Man organisiert dies und das, lädt die Menschen ein... „Da werfen wir unsere Netze aus und kein Schwein kommt.“ Der Bischof wartet die kurze Heiterkeit ab und "korrigiert sich" indem er sagt „und keiner kommt“ und setzt die Predigt fort, während er die ganze Gemeinde neu in den Bann gezogen hat. 

Mucksmäuschenstill war es, als Bischof Felix erzählte, was einige Minuten vor dem Tod des Bischofs geschehen war. „Mich hat es besonders berührt, liebe Schwestern und Brüder, dass Bischof Reinhard deutlich und vernehmbar wenige Augenblicke vor seinem Tod den Tischsegen gesprochen hat: „Zum Gastmahl des Ewigen Lebens führe uns Christus, der König der Herrlichkeit“. Es berührt auch mich sehr, dass ein solches, oft gehörtes und gesprochenes Gebetswort plötzlich seine tiefste Wirkung entfalten kann. Ja, wir wissen weder den Tag noch die Stunde, in der wir gerufen werden.  
Christus lud auch uns nun zum Gastmal. Gemeinsam mit Bischof Genn konzelebrierten Kardinal Joachim Meisner, Hildesheims Bischof Norbert Trelle, und Heinrich Mussinghoff aus Aachen. Mit ihnen waren 40 Bischöfe gekommen, um von ihrem Mitbruder Abschied zu nehmen. 
Nach der Eucharistiefeier wurde der Sarg des Verstorbenen in festlicher Prozession in den Westchor des Domes übertragen. Drei Priesteramtskandidaten trugen Primizkelch, Mitra und Bischofsstab. Dieser wurde allerdings mit der Krümme nach unten getragen, ein besonders starkes Zeichen in dieser Feier. 

Hinten im Westchor des Domes, direkt vor dem geschlossenen barocken Hochaltar brannten sechs Kerzen. Dort hatte man man einige Steinplatten aufgenommen und den Sarg des Bischofs in die Grablege der Bischöfe von Münster hinabgelassen, wo er an der Seite seiner Vorgängern Johannes Poggenburg, Michael Keller und dem aus meiner Heimatstadt stammenden Bischof meiner Kindheit, Heinrich Tenhumberg ruhen wird. 

Kurz vor seinem Tod in Bethlehem hatte Reinhard Lettmann noch die Eucharistie, das himmlische Gastmahl mitgefeiert. An diesem Tag wurde dieses Wort Jesu verkündigt: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben“. Meist hören wir es als Verheißung; wer sich auf den Weg der Nachfolge begibt, der erhält durch Christus, was seinen Hunger, seinen Durst und seine Sehnsucht stillt. Doch in dieser besonderen Situation bekommt das Wort „wer zu mir kommt“ besonderes Gewicht. Eigentlich wollte Bischof Lettmann am Tag seines Todes noch nach Emmaus reisen, an den Ort, wo die Jünger Jesus beim Brechen des Brotes erkannten. In gewisser Weise ist er doch noch dorthin gekommen. Beim Brechen des Brotes erkannten die Jünger, dass Jesus selbst sie auf ihrem Lebensweg begleitet hatte. Nachdem diese Erkenntnis sie erfüllt hatte, sahen sie ihn nicht mehr. Bischof Reinhard hat fest an dieses Lebensgeleit durch Christus geglaubt und er hat es verkündet. Jetzt aber erkennt er Christus von Angesicht zu Angesicht. 
Möge er ruhen in Frieden, denn "Deinen Gläubigen, Herr, wird das Leben gewandelt, nicht genommen. Und wenn die Herberge der irdischen Pilgerschaft zerfällt, ist uns im Himmel eine ewige Wohnung bereitet."

Mittwoch, 10. April 2013

Paul und Pius: die Stellvertreter!


In meiner Heimatstadt tobt ein Kampf um die Benennung einer Straße, die seit der nationalsozialistischen Diktatur nach dem damaligen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg benannt ist. Auf der einen Seite steht eine Koalition der Hindenburg-Gegner, die diesen Namen von den Stadtplänen tilgen und durch „Willi-Brandt-Str.“ ersetzen möchten. Auf der anderen Seite eine etwas kleinere politische Koalition, die allerdings auf breite Unterstützung in der Bürgerschaft setzen kann. Das Quorum für ein Bürgerbegehren wurde mit 6.800 Unterstützern schon dreifach übertroffen. Es sieht also alles danach aus, als ob das Projekt der „posthumen Schuldigsprechung“ des greisen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg in Voerde ähnlich grandios scheitern wird, wie kürzlich der Versuch in Essen zwei Straßen umzubenennen, die nach ebenfalls längst verstorbenen Wehrmachtsoffizieren benannt waren. Die Hindenburg – Gegner setzen dabei auf die Bewertung der tragischen Rolle, die Hindenburg bei der Machtergreifung Hitlers gespielt hatte. Als „Steigbügelhalter“ Hitlers sei dieser als Namensgeber einer Straße diskreditiert. Seit Woche tobt die Auseinandersetzung in den politischen Gremien, in den Leserbriefspalten und sogar beim traditionellen Karnevalszug in Voerde. 
Die Bürgerinitiative, die den Namen Hindenburgstraße erhalten möchte, verweigert konsequent die Auseinandersetzung um die Person Hindenburgs und seine „Verdienste“, sondern möchte schlicht am Straßennamen festhalten und die Nachteile einer Umbenennung vermeiden. Das macht die Gruppe natürlich nur schwer angreifbar, und so fährt eine Leserbriefschreiberin schweres Geschütz auf: „Hindenburg hat 1933 wissentlich einen Möchtegern-Mörder (Mein Kampf) die Kanzlerschaft übertragen. Selber war er großgrundbesitzender Militär, den Hitler-Förderer Thyssen vor der Pleite bewahrte.“ Vielleicht sollte man die Energien dafür verwenden, den Thyssen-Krupp-Konzern umzubenennen! Der Leserbrief gipfelt in der Bemerkung, dass es in Wirklichkeit „um Anderes“ geht. „Die Umbenennung war eine politische Entscheidung, der Aufruhr dagegen ist es ebenso. (....) Und wo die NPD anschickt, möglichst flächendeckend zur kommenden Bundestagswahl ihre volksverhetzenden Parolen ungestraft zu verbreiten, ist kritische Beschäftigung mit der eigenen Geschichte um so wichtiger.“ Dieser letzten Aussage ist sicher zuzustimmen, jedenfalls insofern damit „kritische“, also ausgewogene Auseinandersetzung gemeint ist. 
Es könnte diese vielleicht befördern, wenn ich in der Diskussion fordern würde, die Hindenburgstraße stattdessen in Eugenio Pacelli-Straße oder gleich „Allee Papst Pius XII.“ umzubenennen. Den Aufschrei möchte ich hören! Pius XII., das ist doch „Hitlers Papst“, oder? An den Stammtischen und in den Kreisen, die allgemein die „kritische Beschäftigung“ mit der Geschichte der Kirche pflegen „weiß“ man, dass dieser der Papst war, der das Konkordat mit der Hitler-Regierung abgeschlossen und zu Hitlers Verbrechen stets geschwiegen habe. Mancher „Geschichts(un)kundige“ kann da schöne, griffige Schlagworte in die Diskussion am Stammtisch einwerfen. Da hilft meist nicht einmal der schüchterne Hinweis, dass Pius XII. erst 1939 das Ruder des „Schiffleins Petri“ übernommen hat und zumindest als Papst für den Konkordatsabschluß kaum Verantwortung tragen kann. Oder dass die Kirche damals, 1933, allenfalls ahnen konnte, welche Bedeutung das Konkordat für die Propagandisten des Regimes eine Zeitlang entfalten konnte. Ähnlich wie Hindenburg mögen die auch die deutschen Bischöfe und der spätere Papst Pius XII. zunächst gehofft haben, dass sich Hitler durch demokratische Spielregeln und Vertragswerke in
Zaum halten ließe. Dass dies im Grunde nicht zu erwarten war hätte ein aufmerksamer Leser des Machwerks „Mein Kampf“ vielleicht wissen können, in jedem Fall lässt sich aus heutiger Sicht dieses Urteil leicht fällen. Vielleicht auch allzu leicht, denn heute sehen wir klar, was für grauenhafte Folgen die möglicherweise leichtfertigen Entscheidungen von Persönlichkeiten wie Eugenio Pacelli, Paul von Hindenburg, Kurt von Schleicher, Ludwig Kaas, Heinrich Brüning (und vieler mehr) hatten. Hätten sie durch entschiedenes Handeln Hitler nicht stoppen können? Die vielen Fragen, die sich dabei stellen können wir heute leider nicht zufriedenstellend beantworten. Jedenfalls nicht so, dass es einen allgemeinen Konsens darüber geben würde. 
Für Rolf Hochhuth war Anfang der 60er Jahre die Sache klar: Pius XII. (soeben verstorben) hatte im Umgang mit dem Diktator Hitler versagt und mit ihm die ganze katholische Kirche (und manche mehr). Für uns „Nachgeborene“ ist die durch die Uraufführung seines Dramas „Der Stellvertreter“ am 20. Februar 1963 ausgelöste gewaltige Theaterdebatte kaum noch nachvollziehbar. Die damals aufsehenerregende Diskussion hat wenig mehr hinterlassen als die Erkenntnis: Pius XII. hat versagt, er hat Hitler und den Holocaust an den Juden nicht energisch genug zu stoppen versucht. Er hat nicht genug getan. Auf diese Stammtischüberzeugungen sattelte später der englische Autor John Cornwell 1999 mit seinem Buch „Hitler's Pope (Hitlers Papst)“ noch drauf, wenn auch der deutsche Titel des Buches schon auf Hochhuth – Niveau entschärft wurde: „Pius XII. – Der Papst, der geschwiegen hat“. Aber Daniel Jonah Goldhagen schlug 2003 mit seinem Werk über „die kath. Kirche und der Holocaust“ noch einmal in diese Kerbe. 
Doch, wird diese Basisüberzeugung der großen Mehrheit der Deutschen dem Handeln und der Persönlichkeit Pacellis wirklich gerecht? Ich denke, es wird in einem Blog-Beitrag nicht möglich sein, die historische Rolle des letzten Pius – Papstes aufzuarbeiten. Zu tief sitzt die Überzeugung vom Versagen des Vatikans auch in den Seelen der jüdischen Opfer in Israel und in aller Welt.
Da mag es interessant sein, sich der Geschichte einmal von einer anderen Seite zu nähern und einen Blick auf eine Randfigur der Historie zu richten, der allerdings in den Jahren 1940 bis 1943 einen großen Titel trug: „Großrabbiner von Rom“. Die Vorsteher der jüdischen Gemeinde in Rom tragen diesen Titel seit Jahrzehnten, auch wenn die Größe der Gemeinde kaum über die einer normalen katholischen oder evangelischen Kirchengemeinde in Deutschland hinausging. Als direkte Gesprächspartner der römischen Päpste werden ihre Stellungnahmen zum christlich-jüdischen Miteinander weltweit zur Kenntnis genommen. 
Noch vor dem Ende des zweiten Weltkrieges geschah das Undenkbare. Israel Zolli, der Großrabbiner von Rom ließ sich mit seiner Familie katholisch taufen. Wir können heute kaum die Bedeutung dieser persönlichen Entscheidung einiger jüdischer Menschen nachempfinden. Das wäre so, als wenn der Publizist Matthias Matussek morgen in einem SPIEGEL-Artikel mitteilen würde, dass er soeben zum Buddismus konvertiert sei oder wie der Eintritt von Michael Hesemann in die ägyptische Muslimbruderschaft, die Hochzeit des Kölner Kardinals Meisner oder das Outing des traditionalistischen Katholiken David Berger als Homosexuellen und Anhänger des liberalen Kirchenflügels. Hups, das letzte ist ja wirklich passiert. Nun ja! In jedem Fall erregte diese Konversion in Rom die Gemüter und sorgte auch für massive Angriffe aus der jüdischen Gemeinschaft.
Israel Zolli wurde 1881 im galizischen Brody geboren, studierte in Wien und Florenz, wurde Professor in Padua und 1918 zunächst Oberrabbiner von Triest. Bei Kriegsbeginn wurde er Großrabbiner nach Rom berufen. Dort warnte er die älteste Diasporagemeinde der Judenheit  vergeblich vor einer dramatischen Verschärfung der Lage. Paul Badde berichtet in einem spannenden Artikel in der WELT was weiter geschah: Kaum hatten die Deutschen Rom besetzt verlangte Obersturmbannführer Kappler von den Juden Roms 50 Kilo Gold oder 300 Geiseln. Mit Mühe bekamen die Juden 35 Kilo zusammen. Der Oberrabbiner sprach mit Papst Pius XII., der dafür sorgte, dass in den römischen Pfarreien die fehlenden 15 Kilo Gold gesammelt wurden. Kappler nahm das Gold, brach aber alle Vereinbarungen und plünderte auch das Archiv und die Bibliothek der Gemeinde. Auf Weisung Himmlers ließ er dann die Deportation der römischen Juden am 16. Oktober 1943 vorbereiten. Im Morgengrauen dieses Sabbats begann die Razzia, gegen Mittag war sie abgeschlossen. 1.022 Juden, unter ihnen 200 Kinder hatte die SS verhaftet und mit Viehwagen deportiert. Von ihnen kehrten nur 15 wieder zurück. Rabbiner Zolli musste all das machtlos mit ansehen, aber er sah auch, dass 4.447 Juden auf Weisung des Papstes in 150 Klöstern und kirchlichen Häusern versteckt und ernährt wurden: In Rom, im Vatikan oder in Castel Gandolfo, dem Sommersitz der Päpste, wo zeitweise bis zu 8000 Flüchtlinge Unterschlupf fanden. Er las die Protestnoten des Papstes gegen die judenfeindlichen Maßnahmen der Besatzer. In seinem Tagebuch notierte er: „Kein Held der Geschichte hat ein tapfereres und stärker bekämpftes Heer angeführt als Pius XII. im Namen der christlichen Nächstenliebe. Bände könnten über seine vielfältige Hilfe geschrieben werden. Doch wer wird jemals erzählen, was er alles tat? Er steht wie ein Wächter vor dem heiligen Erbe des menschlichen Leids. Er hat in den Abgrund des Unheils geblickt, auf das sich die Menschheit zubewegt. Die Größe der Tragödie hat er ermessen und vorausgesagt: als klare Stimme der Gerechtigkeit und Verteidiger des wahren Friedens."
Für alle „Follower“ Hochhuts sicher sehr erstaunliche Worte. Am 17. Februar 1945 trat in der Kirche S. Maria degli Angeli e dei Martiri, der hochgelehrte Rabbi Zolli nach 40 Jahren rabbinischen Studiums in die katholische Kirche über - „in unveränderter Liebe zum Volk Israel in all dem Leid, das über es gekommen ist". Als neuen Namen nahm er in der Taufe aus Dankbarkeit den Taufnamen des Papstes an: Eugenio. Im Jahre 1956 verstarb Israel Eugenio Zolli, er wurde auf dem Campo Verano in Rom beigesetzt. 
Staunenswert, dass dieser Mann, der Papst Pius XII. näher war als viele, die ihn heute verurteilen (oder gar als künftigen Seligen verherrlichen), dem Papst des 2. Weltkrieges ein so positive Zeugnis ausstellt. Sollte das nicht nachdenklich machen?
„Der Stellvertreter“, so hat Rolf Hochhuth sein Drama überschrieben. Der Titel lässt mich innehalten. Müsste man ihn nicht ganz anders verstehen? Kann es sein, dass es bei dem erbitterten Streit um die historischen Rollen von Persönlichkeiten wie Paul von Hindenburg oder Eugenio Pacelli um etwas anderes geht? Kann es sein, dass man das Wort „Stellvertreter“ eigentlich mit „Sündenbock“ übersetzen müsste?
Eins ist sicher. Beide haben in gewisser Weise „versagt“, sie haben Fehler gemacht, sie haben zu wenig getan bzw. sie hätten mehr tun und anders handeln können. Fakt ist aber auch – sie haben es nicht getan und die Geschichte ist so gelaufen, wie sie gelaufen ist. Trotzdem haben sie ja auch etwas (Gutes) getan, etwas gewollt, etwas bewegt. Vielleicht sogar viel mehr, als ihre Kritiker ihnen zugestehen. 
Doch es gibt doch eine viel entscheidendere Fragestellung, nämlich die: „Was ist eigentlich mit mir?“ Daniel Jonah Goldhagen hat vor einigen Jahren in einem Buch die Deutschen insgesamt als „Hitlers willige Vollstrecker“ geoutet. Er stellt darin schwierige Fragen: „Warum fand Hitler für sein Ziel – die Vernichtung der Juden – so viel Unterstützer und warum traf er auf so wenig Widerstand? Wie konnten die Deutschen so beispiellose Verbrechen verüben bzw. zulassen?“ Ob seine Antwort wirklich überzeugt vermag ich nicht zu sagen. Aber mich persönlich lässt die Frage nicht in Ruhe, wie ich in dieser Zeit reagiert hätte und ob ich energisch genug Widerstand geleistet hätte. Ich schaue auch in meine Familiengeschichte und wüsste zu gerne, ob mein Opa als Wehrmachtssoldat im Süden Russlands „sauber“ geblieben oder zum Verbrecher geworden ist. Er ist nicht nach Hause zurück gekommen. 
Beruhigende Antworten – das habe ich in dieser nun fast 30jährigen Auseinandersetzung erfahren müssen – werde ich nicht bekommen. Aber ich halte dies inzwischen für eine „heilsame“ Unruhe. Und die wäre auch für uns alle hilfreich, damit wir aufmerksam und wachsam bleiben. Ganz im Sinne von Hans Dieter Hüsch, der bei seinen öffentlichen Vorträgen gerne dafür sorgte, dass einem das Lachen im Halse stecken blieb, auch mit seinem Text „Das Phänomen“, dessen Vortrag ich einige Male erleben durfte. Danke dafür, Hans Dieter Hüsch!
Sein Text endet wie folgt:
„Und wenn ihr heute Dreirad fahrt
Ihr Sterblichen noch klein und zart
Es ist doch eure schönste Zeit
voll Phantasie und Kindlichkeit

Lasst keinen kommen der da sagt
Dass ihm dein Spielfreund nicht behagt
Dann stellt euch vor das Türkenkind
dass ihm kein Leids und Tränen sind

Dann nehmt euch alle an die Hand
Und nehmt auch den der nicht erkannt
Dass früh schon in uns allen brennt
Das was man den Faschismus nennt“

Brennt es auch in mir? Brennt es im Miteinander in meiner Stadt? Brennt es auch in den Diskussionforen und Blogs?

„Nur wenn wir eins sind überall
Dann gibt es keinen neuen Fall
Von Auschwitz bis nach Buchenwald
Und wer’s nicht spürt der merkt es bald

Nur wenn wir in uns alle sehn -
Besiegen wir das Phänomen
Nur wenn wir alle in uns sind -
Fliegt keine Asche mehr im Wind“

Samstag, 30. März 2013

Selbst die Bienen künden von der Auferstehung Christi!

In dieser Nacht, der Nacht, in der Jesus Christus von den Toten auferweckt wurde besingt der Priester (oder Diakon) die Osterkerze und das Licht der Auferstehung, das von ihr ausgeht mit folgenden Worten: 
„In dieser gesegneten Nacht, heiliger Vater,
nimm an das Abendopfer unseres Lobes,
nimm diese Kerze entgegen als unsere festliche Gabe!
Aus dem köstlichen Wachs der Bienen bereitet,
wird sie dir dargebracht von deiner heiligen Kirche
durch die Hand ihrer Diener.
So ist nun das Lob dieser kostbaren Kerze erklungen,
die entzündet wurde am lodernden Feuer zum Ruhme des Höchsten.
Wenn auch ihr Licht sich in die Runde verteilt hat,
so verlor es doch nichts von der Kraft seines Glanzes.
Denn die Flamme wird genährt vom schmelzenden Wachs,
das der Fleiß der Bienen für diese Kerze bereitet hat.“
Als Hobbyimker bin ich vielleicht etwas zu sensibel, aber es hat mich immer gestört, dass hier (zumindest weitgehend) die Unwahrheit besungen wird. Ich meine das natürlich nicht in dem Sinne, als wolle ich die Realität der Auferstehung Jesu und das leere Grab leugnen, sondern mit Blick auf ein „keines“ Detail. 
Die Osterkerzen sind heute nicht mehr aus Bienenwachs, sondern zu mindestens 90 Prozent aus künstlichem Wachs, also aus Paraffin oder Ceresin bzw. aus den pflanzlichen Wachsen Stearin und Raps. Das hängt sicher auch damit zusammen, dass der Gesang des Exsultet viel älter ist als die moderne Kerzenherstellung. Aber sollte man nun – um der höheren Wahrhaftigkeit willen – das Exsultet ändern? Natürlich nicht! Aber es lohnt es sich, einmal bei diesen alten Worten (teilweise aus dem 4./5. Jahrhundert) zu verweilen. 
Fast alle Katholiken sehen in der Osternachtsmesse die zentrale Feier unseres Glaubens. Trotz des späten Beginns ist die Kirche immer voll und der feierliche Einzug des neuen Osterlichtes in die dunkle Kirche und die Erfahrung, wie sich das Osterlicht in der Kirche ausbreitet gehört zu den bedeutsamsten und stimmungsvollsten Momenten des Kirchenjahres. Sie berühren das Herz und bereiten der Botschaft von der Auferstehung den Weg. 
Während des ganzen Jahres hat die Osterkerze in Liturgie und Kirchenraum eine herausgehobene Stellung. Bei einer Taufe spendet sie ihr Licht der Taufkerze des Täuflings als Symbol, dass das Licht Christi diesem Kind stets leuchten möge. Bei einer Trauerfeier steht die Kerze am Sarg und symbolisiert das „ewige Licht“, das dem Verstorbenen leuchten möge. Es lohnt sich also, einige Gedanken auf diese Kerze, dieses zentrale Glaubenssymbol zu „verschwenden“. 
Wenn im Exsultet die Rede vom Bienenwachs ist, dann geht es auch nicht nur um das Material, aus dem die Kerze letztlich hergestellt wird, sondern um die besondere Symbolik, die die Gläubigen des alten und neuen Testamentes und in der Frühzeit der Kirche mit dem Wachs, dem Bienenvolk und dem Honig verbunden haben. 
Der Brauch, an Ostern eine besondere Kerze anzuzünden, ist sehr alt. Der Gebrauch einer Osterkerze als Symbol für Christus ist erstmals im Jahre 384 in einem Brief des hl. Hieronymus bezeugt. In dem reinen "Leib" der Kerze aus teurem, gebleichtem Bienenwachs sah man ein Sinnbild für die menschliche Natur Christi oder für seinen verklärten Leib nach der Auferstehung, während man die Flamme als Zeichen seiner göttlichen Natur auffasste. Die Verwandlung von (scheinbar totem) Wachs in ein lebendiges Licht ist ein Gleichnis für die Hoffnung auf die Auferstehung. 
Die Kerzen wurden aus flüssigem Wachs gezogen. Spätestens Mitte des zweiten Jahrhunderts nach Chr. waren Wachskerzen so weit entwickelt, dass sie auch in geschlossenen Räumen verwendet werden konnten, ohne durch Rußen und unangenehmen Geruch lästig zu werden. (Beim Abendmahl haben wahrscheinlich noch Öllichte den Abendmahlssaal erhellt.)
Das Material, aus dem die Kerze besteht, wird im Osterlob besonders gewürdigt. Wachs galt als sehr kostbar, weil es mit mühevoller Arbeit verbunden und weil es der fleißigen und „jungfräulichen“ Biene zu verdanken war. Zum Bienenwachs gab es jahrhundertelang keine Alternative. Fast jedes Kloster hatte eine Imkerei, nicht (nur) wegen des köstlichen Honigs (der ja über Jahrhunderte auch das einzige Süßungsmittel war), sondern mehr noch, damit genügend Wachs für die in der Liturgie verwendeten Kerzen produziert werden konnte. Bis heute prägt das Wissen der Ordensleute die Imkerei. Sehr bekannt ist der inzwischen verstorben Bruder Adam (Kehrle) aus der englischen Benediktiner-Abtei Buckfast. Im 19. Jahrhundert standen auch in zahlreichen Pfarrgärten Bienenvölker und zahlreiche Fachbücher dieser Zeit stammen aus der Feder von Priestern und Ordensmännern. 
Kein Wunder, dass auch die Bienen selbst religiöse Bedeutung bekamen. Das Bienenvolk galt als Symbol für den lebendigen Organismus der Kirche selbst. In älteren Varianten des Exsultet wird diese Symbolik noch weit ausführlicher entfaltet. Auf den bemalten Exsultet – Rollen, aus denen gesungen wurde sind uns interessante Bilder von Bienen und Bienenstöcken überliefert. Der Bienenstock ist für die Dichter des feierlichen Lobgesangs auf Christus (im Bild der Osterkerze) ein Symbol für die Kirche überhaupt. Leider fliegen heute nicht alle so fleißig und zuverlässig in die Kirche wie die Bienen in einen Bienenstock. Durch ihren sprichwörtlichen Fleiß ist die Biene in vielen Kulturen ein Bild für ein funktionierendes, geordnetes Gemeinwesen. Im Bienenstock wie in der Gemeinde, hat jede(r) eine Aufgabe, die ihn oder sie erfüllt, und so wie Christus die Kirche lenkt und leitet und am Leben erhält, so tut dies bei den Bienen die Königin. Die „Jungfräulichkeit“ der Bienen wurde ebenfalls hoch geschätzt und als Bild der jungfräulichen Gottesmutter gedeutet, allerdings hatte man bis dahin noch nicht erkannt, dass auch im Bienenvolk Männchen, die Drohnen leben. Der Patron der Imker, der Hl. Ambrosius von Mailand schreibt dazu: „Seht zu, dass eure Arbeit der eines Bienenstocks ähnelt, denn eure Reinheit und eure Keuschheit sollen mit den arbeitsamen, bescheidenen und enthaltsamen Bienen verglichen werden. Die Biene ernährt sich von Tau, kennt keine sinnlichen Laster und bringt kostbaren Honig hervor. Der Tau einer Jungfrau ist das Wort Gottes selbst; er sinkt wie der Tau der Bienen wohltätig und rein vom Himmel herab.“
Die Hochschätzung des Bienenwachses hat sich in der Kirche ebenfalls erhalten, denn den Kirchenkerzen wird noch immer ein gewisser, symbolischer Anteil an Bienenwachs beigemischt. Die Hochschätzung der Biene hat dazu geführt, dass sie als eines der wenigen Tiere in den offiziellen kirchlichen Gebeten namentlich erwähnt wird. 
Die Osterkerze steht mit der Exodus-Erzählung in Verbindung, die ebenfalls im Exsultet besungen wird. „Dies ist die Nacht, in der die leuchtende Säule das Dunkel der Sünde vertrieben hat.“ Wie das Volk Israel damals durch die Wüste und durch das Rote Meer hindurchgezogen ist, indem es der Feuersäule folgte, so ziehen jetzt die Christen in der Osternacht in die Kirche ein und folgen der brennenden Flamme der Kerze. Im brennenden Dornbusch hatte sich Gott einige Zeit zuvor dem Mose in der Wüste geoffenbart. Früher war es Brauch, den Funken zur Entzündung des Osterfeuers aus einem Stein zu schlagen. So war schon dieser Funke ein Hinweis auf Christus, der aus dem Dunkel seines Felsengrabes als Auferstandener hervorgetreten ist. Christus sagt: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, wandelt nicht im Dunklen, sondern er wird das Licht des Lebens haben.“ Diese Worte und Berichte der Bibel werden in der Osternacht lebendig. 
Aber kommen wir zur Osterkerze aus reinem Bienenwachs zurück. Als Kind habe ich einige Male einen Imker beim Kerzenziehen beobachten können und war fasziniert von dieser Arbeit. Noch heute habe ich den herrlichen Duft in der Nase. So eine Kerze war – unabhängig vom Preis – etwas sehr Kostbares. Sie ist das Endprodukt eines längeren Arbeitsprozesses, großer Erfahrung und hoher Wertschätzung für den Werkstoff „Bienenwachs“. 
Nach dem Tod meines Vaters habe ich sein Hobby, die Imkerei „geerbt“. Am Ende der „Saison“ fallen immer Wachs- und Wabenreste an, die ich über Jahre eingeschmolzen und gesammelt habe. Ich hatte immer den Traum, daraus einmal eine Osterkerze entstehen zu lassen. In Deutschland gibt es heute – meines Wissens – nur einen Handwerker, der in der Lage ist, eine große Osterkerze aus reinem Bienenwachs zu ziehen. Das ist Bruder Clemens aus der niederbayrischen Benediktinerabtei Schweiklberg. Aber das ist vom Niederrhein aus gesehen weit weg und bei ihm kann man nicht einfach eine Kerze bestellen, weil er nur begrenzte Kapazitäten hat. Durch einen glücklichen Umstand konnte mein Traum wahr werden, denn ich lernte in der Abtei Mariendonk am Niederrhein die Benediktinerin Sr. Clara Vasseur kennen. Sie zeichnet für manche künstlerische Projekte der Abtei verantwortlich, arbeitet unter anderem an Paramenten und gestaltet Kerzen. Wir kamen miteinander ins Gespräch und es zeigte sich, dass sie eine Expertin für die Geschichte der Osterkerze ist und mit Bruder Clemens eng zusammenarbeitet. So konnte ich meinen Bienenwachs bei ihr abgeben. Sie schickte das Wachs mehrerer Imker nach Schweiklberg, wo Bruder Clemens es klärt und bleicht und dann daraus die Kerzen zieht. In der Abtei Mariendonk wurde die Kerze mit den klassischen österlichen Symbolen und einem besonderen Kreuz aus der Tradition der iroschottischen Mönche geschmückt. Die Symbolkraft der Osterkerze wird verstärkt durch den Brauch, das Kreuz Christi darauf anzubringen und dazu das Alpha und das Omega, den ersten und den letzten Buchstaben des griechischen Alphabetes; in Erinnerung an das Jesuswort: „Ich bin ... der Anfang und das Ende“. Schließlich schreibt man auf die Kerze auch die jeweilige Jahreszahl, um deutlich zu machen, dass wir Christen in dieser Welt leben, dass wir nicht auf eine (glorreiche) Vergangenheit starren und auch nicht nur auf eine bessere Zukunft hoffen, sondern die Dinge jetzt und heute in die Hand nehmen, dass wir anpacken und unsere Welt aus christlichem Geist gestalten.
Die fertige reine Bienenwachskerze ist etwa ein Meter lang und 7 kg schwer. In der Osternacht wird sie dem ewigen, göttlichen Licht, Christus dienen. Da Bienenwachs als Rohstoff etwa 10 € / kg kostet und auch der Arbeitsaufwand nicht gering ist, ist verständlich, warum das kostbare Bienenwachs immer weniger in Kirchenkerzen zum Einsatz kommt. Aber angesichts der herausragenden Bedeutung der österlichen Kerze wäre durchaus zu überlegen, ob nicht zumindest diese eine Kerze in unseren Gemeinden ganz nach den beeindruckenden Worten des Exsultet gestaltet werden könnte. 
Die Schlussverse des Osterlobes nehmen noch einmal den lieblichen Duft der Kerze in den Blick und deuten ihn auf Gott hin. „Darum bitten wir dich, o Herr. Geweiht zum Ruhm deines Namens, leuchte die Kerze fort, um in dieser Nacht das Dunkel zu vertreiben. Nimm sie an als lieblich duftendes Opfer, vermähle ihr Licht mit den Lichtern am Himmel.“ Das große Loblied des Exsultet endet mit dem Wunsch, die Osterkerze möge leuchten, „bis der Morgenstern erscheint, jener wahre Morgenstern, der in Ewigkeit nicht untergeht: dein Sohn, unser Herr Jesus Christus, der von den Toten erstand, der den Menschen erstrahlt im österlichen Licht...“.
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern von Herzen ein frohes und gesegnetes Osterfest. 

Freitag, 15. März 2013

Franziskus, Papst der Armen!


ANNUNTIO VOBIS – GAUDIUM MAGNUM – HABEMUS PAPAM. Ich hatte noch den Klang der Worte von 2005 im Ohr und im Geist, als ich sie vor zwei Tagen erneut hörte, aus dem Mund des – von seiner Parkinson-Erkrankung gezeichneten – französischen Kardinalprotodiakons Jean-Louis Tauran. Es berührte sehr, ihn dort zu sehen und aus seinem Mund zu hören, dass Jorge Mario Bergoglio als Papst den Namen Franziskus führen sollte. 
Natürlich war ich überrascht, wie alle, denn sein Name war zwar kurz nach der Ankündigung des Amtsverzichts durch Benedikt XVI. genannt worden, dann aber hinter Namen wie Scola, Scherer, Quellet wieder verschwunden. Mit 76 Jahren erschien er vielen Beobachtern schlicht „zu alt“. Selbst Andreas Englisch lag mit seinen – im Brustton der Überzeugung vorgetragenen - Prognosen voll daneben, befand sich aber dabei in „guter Gesellschaft“. Niemand konnte für sich in Anspruch nehmen, nach dem Konklave von 2005 auf den Erzbischof der argentinischen Hauptstadt gesetzt zu haben.
Nun hieß es für die Medien schnell Informationen herbei zu schaffen und neben manchem Wissenswerten gab es auch reichlich Spekulationen und Fehlinformationen. Je länger ich das aufgeregte Mediengetue und die Diskussionen um den Papst und seine Agenda beobachte, desto mehr drängt es mich zu schweigen und für ihn und seinen Vorgänger zu beten. Warten wir ab, welche Akzente er setzt und wie er sein Amt ausfüllt. 
Ob er mir gefällt oder nicht; ob ich ihn nun sympathisch finde oder nicht, ob er traditionstreu genug ist oder es in der Vergangenheit war, all das spielt keine Rolle. Er ist Petrus und auf diesem Felsen wird Gott seine Kirche bauen, durch den Papst und mit seinen Stärken und trotz seiner Schwächen. Franziskus ist jetzt unser Papst und ihm schulden wir Gefolgschaft, Gehorsam und Gebet. 
Ich habe mich gefreut, heute in der der morgendlichen Messe erstmals seinen Namen zu hören (im Grunde ja erstmals in der zweitausendjährigen Geschichte des Papsttums). 
Ich freue mich über die Schlichtheit und Einfachheit seiner ersten Auftritte. Es irritiert mich aber, dass seine „Bescheidenheit“ so viel gelobt wird und dass diese Tatsache allüberall hervorgehoben wird. Jorge Maria Bergoglio lebt, (man wird wohl sagen müssen, lebte) so wie viele Menschen heute auch, er zahlt seine Rechnungen selbst (sogar noch als Papst), kocht offensichtlich auch mal aus Dosen, wohnt in einem recht einfachen Hotel in Rom, wohnt in einem kleinen Appartement in Buonos Aires und nicht in einem Palais, reist mit öffentlichen Verkehrsmitteln, geht einfach so spazieren. Irritierend ist, dass manche hierzulande meinen, ein Bischof müsse im Luxus leben, wie einer der oberen zehntausend. Aber das ist außerhalb der "Ersten Welt" den meisten Bischöfen gar nicht möglich. Diese Bescheidenheit, als gläubiger Christ "einfach" zu leben, im Einklang mit der Schöpfung und den eigenen Überfluss mit den Anderen und den Armen zu teilen, das muss doch der biblische Normalzustand sein. Nur dann macht Bescheidenheit Sinn, wenn sie die Lebensweise Jesu Christi reflektiert. Es hat mich schmunzeln lassen, dass Erzbischof Zollitsch in seiner Stellungnahme zur Wahl des neuen Papstes nicht umhin kam, beinahe entschuldigend vom „Termindruck“ zu sprechen, der ihn als Bischof quasi in die Limousine zwänge. Der Karikaturist Thomas Plassmann reagierte darauf mit einer – wie immer – treffenden Karikatur. 
Kardinal Meisner führt (im domradio-Interview) den Gedanken in die Tiefe: „Er ist kein Hungerkünstler der Liebe, sondern ein Mann der Fülle Gottes. Da braucht man keine äußere Fülle, da kann man sehr bescheiden leben. Das sieht ihm also ähnlich, dass er sich Franziskus nennt.“
Der „SPIEGEL“ und manche andere Medien brauchten nur wenige Stunden um vom „Begeisterungsmodus“ in den „Kritikmodus“ zu wechseln. Hauptpunkte der Kritik: „Auch dieser Papst ist katholisch!“ und seine Rolle in der Zeit der Militärdikatur (1976-1983) in Argentinien. Im Grunde lässt sich das auf die Frage zuspitzen: „Hat der Provinzial der Jesuiten, damals Jorge Mario Bergoglio, genug getan, um seine Mitbrüder aus dem Gefängnis zu befreien?“ Die waren fünf Monate lang unter schlimmen Umständen in Haft. Einer von ihnen, Pater Franz Jalics SJ hat heute dazu Stellung genommen und gesagt: „Ich kann keine Stellung zur Rolle von P. Bergoglio in diesen Vorgängen nehmen. Nach unserer Befreiung habe ich Argentinien verlassen. Erst Jahre später hatten wir die Gelegenheit mit P. Bergoglio, der inzwischen zum Erzbischof von Buenos Aires ernannt worden war, die Geschehnisse zu besprechen. Danach haben wir gemeinsam öffentlich Messe gefeiert und wir haben uns feierlich umarmt. Ich bin mit den Geschehnissen versöhnt und betrachte sie meinerseits als abgeschlossen. Ich wünsche Papst Franziskus Gottes reichen Segen für sein Amt.“ Wer vermag zu beurteilen, ob ein Mensch unter dem Druck einer unmenschlichen Diktatur immer „genug“ gegen die Machthaber getan hat? Und es stellt sich auch die Frage, ob ein Bischof, der ein durchaus offenes Wort gegenüber den Mächtigen der hohen Politik und der Wirtschaft wagt, nicht mit Spekulationen über „seine Vergangenheit“ diskreditiert werden sollte. So kann eine laute Stimme für die Armen auch zum Schweigen gebracht werden, manchem Mächtigen mag es nutzen. Aber, das Wort vom „Kardinal der Armen“ ist sicher nicht vom Himmel gefallen und auch keiner gezielten Imagekampagne zu verdanken.
Zu Beginn des Konklaves fragte mich die Rheinische Post, was ich vom neuen Papst erwarte. Ich habe geantwortet: „Zunächst einmal, dass er ein Mensch ist, der die Theologie und das theologische Denken im Blut hat, wie es bei Benedikt XVI. der Fall war. ... 
Ich wünsche mir, dass es ihm gelingt, den Menschen zu vermitteln, dass die kirchliche Lehre und Haltung dem Wohl der Menschen dienen soll und nicht im Einhalten überkommener, verstaubter Überzeugungen besteht. 
Dass er den Glauben an Gott in den Mittelpunkt seiner Verkündigung stellt und dafür sorgt, dass alles in der Kirche eindeutig auf Jesus ausgerichtet wird.
Ich wünsche mir, dass er die innerkirchlichen Polarisierungen zwischen Traditionalisten und Liberalen überwinden hilft und die lebendige Mitte der Kirche stärkt. 
Dass er sich aus seiner globalen Verantwortung heraus deutlich für Frieden, Gerechtigkeit und gegen Armut und Gewalt engagiert und dabei im Dialog mit anderen Religionen, insbesondere mit dem Islam neue Impulse setzt.
Vielleicht wäre es ein schönes Zeichen, wenn der neue Papst aus dem wirtschaftlich ärmeren Süden, z.B. aus Lateinamerika kommt. 
Dass er die innerkirchlichen Konfliktthemen engagiert anpackt und auf der Basis des Evangeliums einer Lösung oder Befriedung zuführt. 
Dass er in den Katholiken in aller Welt die Freude am Glauben wieder zu wecken vermag. 
Dass er Demut und Bescheidenheit vermittelt und dazu das manchmal höfische Gepräge im Vatikanstaat entschieden reformiert. 
Vor allem mit Blick auf den Missbrauchsskandal wäre mir wichtig, dass er es versteht Fehler und Defizite, Sünden der Kirche nicht fromm zu bemänteln, sondern offen zu legen und zu verbessern.“ 
Wenn ich das heute wieder lese, habe ich das Vertrauen, dass ich mit meinen Hoffnungen nicht ganz daneben gelegen habe. Doch, noch ist Franziskus für uns alle ein Fremder. Wie er denken könnte, erschließt sich vielleicht einem Zitat, das bei Facebook die Runde machte und das ich beachtlich finde: 
„Wenn wir rausgehen auf die Straße, dann können Unfälle passieren. Aber wenn sich die Kirche nicht öffnet, nicht rausgeht, und sich nur um sich selbst schert, wird sie alt. Wenn ich die Wahl habe zwischen einer Kirche, die sich beim Rausgehen auf die Straße Verletzungen zuzieht und einer Kirche, die erkrankt, weil sie sich nur mit sich selbst beschäftigt, dann habe ich keine Zweifel: Ich würde die erste Option wählen.“
Das klingt nicht nach einfachen Lösungen vordergründig „wichtiger“ Fragen im reichen Westen, sondern nach einer Hinführung auf das Eigentliche der Kirche: Gebet, Gottesdienst, Verkündigung und Hilfe für die Armen und Unterdrückten. 
Anrührend war, was Kardinal Meisner noch zu sagen hatte: „Der arme Mann, jeder Augenschlag und jede Handbewegung wird jetzt registriert, der kann doch jetzt gar nicht die Seele baumeln lassen und mal in den Himmel gucken, ohne dass er dabei fotografiert wird. Das ist schon eine Last, dass man so eine öffentliche Person wird. Auch innerhalb der Kirche. Da muss er sich sicherlich erst noch dran gewöhnen. Ich habe im Konklave mit ihm im Gästehaus auf dem gleichen Flur gewohnt. Das war ganz normal und jetzt, wo er Papst geworden ist, stehen zwei Schweizer Gardisten vor der Türe.“
Ich hoffe sehr, dass es ihm gelingt, mit seiner eigenen Persönlichkeit ein Stück Entweltlichung in der Kirche möglich zu machen, dass er dem Vatikan so prägt, wie er auch seinen ersten Auftritt geprägt hat: Den Menschen zugewandt, einladend zum Gebet für sich und andere, ein Segen für die Stadt und die Welt, engagiert für Brüderlichkeit, gemeinsam mit den Bischöfen der ganzen Welt und allen Menschen guten Willens auf dem Weg, dem kommenden Christus entgegen. 
Nachdem die Kardinäle Papst Franziskus die Treue versprochen haben, hat er zu jedem ein persönliches Wort gesprochen. Zu Kardinal Meisner auf deutsch: „Herr Kardinal, beten Sie für mich, ich brauche das Gebet sehr.“ Kardinal Meisner hat ihm dann gesagt: „Sie können sich auf mich verlassen, ich werde Ihnen die gleiche Zuneigung und Solidarität entgegenbringen, wie Ihrem Vorgänger.“ Damit ist eigentlich alles gesagt!

Beten wir für den Hl. Vater, Papst Franziskus.
Für den Nachfolger des Apostels Petrus, unseren Papst Franziskus: 
Erfülle ihn mit Weisheit und Mut. Hilf ihm, die Wahrheit des Evangeliums zu bezeugen und den Glauben im Volk Gottes lebendig zu halten. 

Für das Kollegium der Bischöfe, in dem Papst Franziskus seinen Petrusdienst versieht: 
Stärke die Verbundenheit unter den Nachfolgern der Apostel, 
damit sie die Zeichen der Zeit im Licht des Evangeliums deuten 
und gute Entscheidungen treffen für den Weg der Kirche in die Zukunft. 

Für Christinnen und Christen in aller Welt, 
die vom neuen Papst Wegweisung und Orientierung erhoffen: 
Stärke unseren Glauben an deine Nähe. Festige unsere Hoffnung auf deine Treue. 
Erneuere in uns den Geist der Liebe. 

Für die Schwestern und Brüder im Erzbistum Buenos Aires, 
die ihren Bischof verloren, aber der Weltkirche einen Hirten geschenkt haben, 
und für die Kirche in ganz Lateinamerika: 
Um Mut und Zuversicht, die Armut und Ungerechtigkeit durch Solidarität im Glauben zu überwinden. 

Für die Schwestern und Brüder in den getrennten Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften: 
Heile die Wunden, die durch menschliche Schuld gerissen wurden, 
und hilf Papst Franziskus, der Einheit aller Christen zu dienen. 

Für alle, die unter der Friedlosigkeit unserer Tage leiden. 
Sie vertrauen darauf, dass unser Papst vor aller Welt seine Stimme erhebt: 
Ermutige sie durch das Wort und tatkräftige Beispiel vieler Menschen. 

Herr, wir glauben und bekennen voll Zuversicht, 
dass du deiner Kirche Dauer verheißen hast, solange die Welt besteht. 
Darum haben wir keine Sorge und Angst um den Bestand und die Wohlfahrt deiner Kirche. 
Wir wissen nicht, was ihr zum Heile ist. 
Wir legen die Zukunft ganz in deine Hände und fürchten nichts, 
so drohend bisweilen die Dinge auch scheinen mögen. 
Nur um das eine bitten wir dich innig: Gib deinem Diener und Stellvertreter, dem Heiligen Vater Papst Franziskus, wahre Weisheit, Mut und Kraft. Gib ihm den Trost deiner Gnade in diesem Leben und im künftigen die Krone der Unsterblichkeit. Amen.