Samstag, 31. März 2012

Kollektiver Kirchenaustritt zum „Hasenfest“?

Jetzt bekommt die Formulierung „Hasenfest“ aus der Werbung des Thalia-Buchhandels 2011 doch noch einen ernsteren Hintergrund. Aufgrund kirchlicher Intervention haben die Werbeleute im vergangenen Jahr den Begriff aus ihren Prospekten verbannt. Dezidiert antikirchlich wollten sie ihre Werbung nun doch nicht verstanden wissen. Man sei eher etwas arglos gewesen und wollte den Begriff augenzwinkernd verwenden. (Letztlich könnte es ja auch geschäftsschädigend sein, wenn die kirchlich gebundenen Kunden von der Diskussion ums Hasenfest irritiert würden.)
Dabei beschrieben die Thalia-Werber in Wirklichkeit nur das, was für viele Menschen in Deutschland seit Jahren Realität ist: Ostern ist zu einem fröhlichen Frühjahrsfest mutiert, wäre es nicht ehrlich, es in „Hasenfest“ umzubenennen? Der Karikaturist Thomas Plaßmann hat mich vor einiger Zeit schon herzlich lachen lassen, als er eine Frau und ein Kind vor einem Plakat mit „Frohe Ostern“ zeichnete. Die Frau sagt: „Ich glaub', da ist irgend so ein Hase geboren.“ (Es lässt mich hoffen, dass unsere Firmbewerber schmunzeln oder sogar lachen, wenn ich ihnen diese Karikatur zeige.)
Offensichtlich sind vielen Menschen – auch eingeschriebenen und "steuerzahlenden" Katholiken - die Grundlagen abhanden gekommen. Als Seelsorger beobachten wir schon länger besorgt, dass die Gottesdienste an Gründonnerstag und Karfreitag bei weitem nicht so gut besucht sind wie an Ostern und dass trotz gut besuchter Ostergottesdienste sicherlich 70 – 75 % aller Katholiken in Voerde Ostern ohne Gottesdienst zu feiern wissen.
Das stellt schon die Frage, was ihr Herz und ihre Seele mehr bewegt: das verheißene ewige Leben, der Sieg des Lebens über den Tod oder die Freude der Kinder und Enkel beim Eiersuchen oder beim beherzten Biß in den Schokohasen.
Diese schmerzliche Realität anzuerkennen stände der Kirche gut an. Und es reicht nicht aus, den Anhängern des Hasenfestes und den Frühlingsfestfeierern ihre Festfreude madig zu machen. Wir müssen als Christen auch die Botschaft entgegen setzten, warum wir der Meinung sind, dass es gute Gründe gibt, des Todes und der Auferstehung eines Menschen der Antike (für Christen natürlich viel mehr) noch heute zu gedenken. Ich persönlich kann mir ein Leben ohne diese Hoffnung nicht vorstellen.
Überzeugend finde ich – nicht nur als Christ, sondern auch als denkender Mensch - die Argumente der Kirchenaustrittswerber nicht. Es sind die immer wieder aufgekochten Einseitigkeiten der Diskussionen der vergangenen Jahre. Die Bibel (oder die „Anti-Bekenntnisschriften“) der organisierten Glaubensgegner dürfte gerade mal drei bis vier Seiten umfassen, deren magere Inhalte dann in zahlreichen Websites, Büchern und Magazinen rund um den Dunstkreis der Giordano – Bruno – Stiftung immer wieder aufgekocht und bunt dekoriert in spaßigen Variaten in die Presse und in die Medien gedrückt werden.
Giordano Bruno würde sich vermutlich ob der Oberflächlichkeit der Protagonisten der nach ihm benannten Stiftung beständig im Grabe umdrehen. Da hatte sein Denken und vermutlich auch sein Glaube ein ganz anderes Format. Anders als Denker wie Giordano Bruno geht es den heutigen Kirchengegenern nicht darum, kirchliches und gläubiges Denken zu beeinflussen und für eine Reform desselben zu streiten, sondern sie bekämpfen gleich den religiösen Glauben und die Kirche(n) im Paket. Im Namen der angeblichen „Aufklärung“ wird der Glaube lächerlich gemacht, die „Sünden“ der Kirche unreflektiert und ohne den historischen Kontext präsentiert und die humane, revolutionäre, menschenfreundliche Seite der Kirchengeschichte und ihrer vielen „Heiligen“ negiert. Ich würde gerne einmal hören, wie diese Leute über Persönlichkeiten wie Edith Stein, Franziskus von Assisi und Mutter Theresa denken. Vermutlich würden entsprechende Wortmeldungen von Karl-Heinz-Deschner oder Michael Schmidt-Salomon den Menschen die Augen öffnen, die aus einer gewissen Kirchendistanz oder Kritik heraus mit dem kämpferischen Atheismus sympathisieren.
Ich bin der festen Überzeugung, dass unserer Gesellschaft durch die Kritiker und Ablehner des religiösen Glaubens kein Gefallen getan wird. Die Gesellschaft wird davon nicht profitieren, denn im Windschatten der Glaubenslosigkeit verbreitet sich auch zutiefst inhumanes Gedankengut (Peter Singers „Praktische Ethik“, Wirtschaftsliberalität und „Raubtierkapitalismus“, Abtreibung als „Menschenrecht“, PID, Spätabtreibung und Behindertenfeindlichkeit...)
Was uns durchaus fehlt sind profilierte Kirchenkritiker, die als denkende und gläubige Menschen den Kirchenleuten auf Augenhöhe begegnen. Es würde der Kirche sicher gut tun, von klugen Köpfen auf ihre Widersprüchlichkeiten und Einseitigkeiten hingewiesen zu werden. Auseinandersetzung in der Sache hilft auch den gläubigen Menschen. Wir brauchen Leute, die die Kirche und ihre Geschichte, die den Glauben und die Theologie kennen und den Mut zeigen, ihre kritischen und berechtigten Anfragen entschlossen vorzutragen. So wie es Giordano Bruno getan hat. Leute, die dann trotzdem mit Freude Ostern feiern und den anderen ihr Hasenfest gönnen können.
Wer weiß, vielleicht reicht es denen eines Tages dann nicht mehr, zu feiern, weil irgendein Hase geboren wurde, sondern sie möchten feiern, weil sie erfahren haben, dass durch Gottes Wirken die Liebe und das Leben stärker sind als der Tod. So unwahrscheinlich ist das nicht, denn diese Botschaft "zündet" seit fast 2000 Jahren aus eigener Kraft.
Frohe und gesegnete Ostern! Christus ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden!

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